Pentagon-Bericht «Wenn die Aliens Bock haben, werden sie sich schon zu erkennen geben»

Von Philipp Dahm

2.7.2021

Alles UFO, oder was? Ein Garten in Jacobsdorf bei Frankfurt an der Oder am 25. Juni 2021.
Alles UFO, oder was? Ein Garten in Jacobsdorf bei Frankfurt an der Oder am 25. Juni 2021.
AP

Rechtzeitig vor dem heutigen Welt-UFO-Tag hat das Pentagon dem US-Kongress seinen Bericht über Unidentified Aerial Phenomena vorgelegt. Der Report wirft beinahe mehr Fragen auf, als er beantwortet.

Von Philipp Dahm

2.7.2021

Gibt es Ausserirdische, die unser Wirken auf der Erde beobachten? Das in diesem Zusammenhang wichtigste zuerst: Die Antwort darauf wissen wir nicht. 

Zumindest gilt das für die Abgeordneten des amerikanischen Repräsentantenhauses, denen das Pentagon am 25. Juni Auskunft über den aktuellen Wissensstand in Sachen Unidentified Aerial Phenomena (UAP) gegeben hat, wie die unbekannten Flug-Objekte heute heissen.

Denn der Bericht des US-Geheimdienstes an die Volksvertreter kommt zu keinem echten Ergebnis: «Die geringe Zahl hochwertiger Meldungen über nicht identifizierte Luft-Phänomene bremst unsere Fähigkeit, eine sichere Schlussfolgerung über die Natur oder Absichten von UAP zu ziehen.»



Sprich: Auch am heutigen Welt-UFO-Tag werden die Rätsel, die uns die Sichtungen von US-Militärpiloten und anderen glaubwürdigen Zeugen aufgeben, nicht gelöst. «Diese Beobachtungen können das Ergebnis von Sensor-Fehlern, Manipulation oder Fehl-Interpretationen der Beobachter sein und bedürfen weiterer, rigoroser Analysen», so der Bericht.

144 Fälle

Konstatiert werden muss: Es wäre auch zu einfach gewesen. Aber was können diese UAP denn eigentlich alles sein? Der Report unterscheidet fünf Kategorien: Luft-Erscheinungen, natürliche Störungen der Atmosphäre, Programme der US-Regierung oder -Industrie, Systeme von Feinden und eine Sektion für alles «andere».

In die Kategorie Luft-Erscheinungen fallen zum Beispiel Wetterballone. Natürliche Störungen der Atmosphäre sind etwa Eis-Kristalle oder thermale Fluktuationen. Dass einige der UAPs auf Programme der Armee oder Regierung zurückgehen, ist möglich, konnte aber in keinem Fall sicher bestätigt werden. Unter «andere» fällt das Gros der Sichtungen.

Keine Erklärung: Ein UAP auf einer Aufnahme der US Navy, deren Echtheit vom Pentagon bestätigt worden ist.
Keine Erklärung: Ein UAP auf einer Aufnahme der US Navy, deren Echtheit vom Pentagon bestätigt worden ist.
EPA

Insgesamt werden 144 Fälle aufgeführt, die zwischen November 2004 und März 2021 verzeichnet worden sind. 80 davon sind von mehreren Sensoren erfasst worden, wobei die Daten jedoch fehlerhaft und die Sensoren eingeschränkt sein können.

Schlaffe Ballone

Bei 18 Vorfällen scheint eine fortschrittliche Technologie vorzuliegen. In elf Szenen wäre es fast zu einer Kollision mit einem UAP gekommen – und nur einer von 144 Fällen konnte geklärt werden: Es handelte sich in diesem Fall um einen erschlafften Ballon, weiss das «New York Magazine».

Der mit Spannung erwartete Bericht beantwortet also keine der offenen Fragen. Es heisst vielmehr, dass die Sichtungen genauer und standardisierter erfasst werden müssten. Eine Erklärung für Vorkommnisse wie jenem im Jahr 2004, als mehrere Navy-Piloten von einer Begegnung mit einem UAP berichten, gibt es nicht. 



Auch ein Zitat des Ex-Präsidenten Barack Obama hat Mitte Mai Spekulationen angeheizt. Als der neue US-Präsident kürzlich auf das Thema angesprochen wurde, wich er der Frage aus wie eine F-35 einer Luft-Luft-Rakete. Apropos: Der Tarnkappen-Jet, der bald auch den Schweizer Luftraum sichern soll, wird ebenfalls in Zusammenhang mit dem UFO-Bericht gebracht.

Warum ist das US-Militär plötzlich so redselig?

Dabei geht es um die Frage, warum das US-Militär plötzlich so offen mit dem Thema umgeht. Böse Zungen spekulieren nämlich, dass so eine gewisse Angst in der Bevölkerung geschürt werden soll, um von teuren Investitionen abzulenken.

«Vielleicht braucht das Pentagon einfach einen schrillen Grund, mehr Geld zu fordern, nachdem 1,6 Billionen im desaströsen F-35-Programm und 2,26 Billionen in Afghanistan verschwendet wurden?», fragt das «New York Magazine» laut.

Erd-Kultur: das Alien Festival im argentinischen Capilla del Monte.
Erd-Kultur: das Alien Festival im argentinischen Capilla del Monte.
Archivbild: KEYSTONE

Auf einen interessanten Punkt in der UFO-Frage verweist zuletzt ein kanadisch-amerikanischer Historiker: Rudyard Lynch erinnert auf seinem sehr kurzweiligen YouTube-Channel daran, dass die Suche nach Ausserirdischen ein Phänomen ist, das vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg aufgekommen ist.

Mögliche Wurzeln des UFO-Booms

Die seither beschriebenen Aliens haben in der Regel keine Haare, einen massiven Kopf, sind lang und haben grosse Finger. «Das Komische ist: Wenn die Berechnungen stimmen, ist das, wie Menschen in einigen Millionen Jahren aussehen werden», sagt Lynch mit Blick auf die Tatsache, dass moderne Arbeit unsere Physiognomie verändert.

Freaks im September 2019 vor der US-Basis Area 51 in Nevada, USA.
Freaks im September 2019 vor der US-Basis Area 51 in Nevada, USA.
EPA

Seitdem der Mensch die Bäume verlassen hat, werden Kopf, aber auch Augen und Gliedmassen grösser, während das Fell verschwindet. Gleichzeitig bestehe die Angst, dass sich die Menschen zu rationalen und gleichzeitig amoralischen Wesen entwickeln: Herbert George Wells habe seinen «War of the Worlds» geschrieben, weil er beschreiben wollte, wie sich die Tasmanen gefühlt hätten, als die britischen Kolonialisten einfielen.

Das habe den UFO-Boom befeuert: «Die 50er Jahre waren eine absolut schreckliche Zeit», macht der Historiker deutlich, «weil jeder Angst davor hatte, in einem nuklearen Krieg ausradiert zu werden oder in der Art von ‹1984› vom Kommunismus beherrscht zu werden.»

«Wenn die Aliens Bock haben ... »

Der Anstieg der UAP-Sichtungen in jener Zeit sei «erstens Furcht vor dem Tod vom Himmel, was den Atombomben ziemlich ähnlich ist, zweitens die Angst vor dem Horror, zu dem der Mensch fähig ist. Das ist durch die Weltkriege angeheizt worden, die die Vorstellung des 19. Jahrhunderts begraben haben, wonach Gott die Menschheit durch Technik zu immer grösserem moralischen Fortschritt bewegt.»

Eine letzte Kategorie seien jene Ausserirdischen, die auf unserer Wahrnehmung widerlicher Tiere beruht – wie Gigers Alien. Während der Amerikaner die Sache also höchst nüchtern betrachtet, ist anderswo der Glaube, dass wir gar nicht allein in diesem Universum sein können, nach wie vor unerschüttert.

Was der deutsche TV-Wissenschaftler und Physiker Harald Lesch zum Thema sagt.

Der gemeine Erdenbürger bleibt jedoch nach all diesen Ausführungen so klug als wie zuvor – nicht zuletzt hat der honore «Spiegel» dem kaum greifbaren Thema gerade eine Titelgeschichte gewidmet. Die beste Synthese zur Sache hat in diesem Zusammenhang die geniale deutsche Sendung «Fest & flauschig» geliefert.

«Wenn die Aliens Bock haben», sagte da sinngemäss Jan Böhmermanns Podcast-Partner Olli Schulz, den die UFO-Spekulationen offensichtlich nerven, «werden sie sich schon zu erkennen geben.»