Proteste über die iranische Hauptstadt Teheran hinaus: Am Sonntagabend starben im Südwesten des Landes zwei Demonstrationen. Sie wurden erschossen. (Archivbild)
Studenten protestieren an der Universität Teheran.
Proteste über die iranische Hauptstadt Teheran hinaus: Am Samstag kam es auch in Arak zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. (Archivbild)
Zahl der Toten bei Protesten im Iran steigt
Proteste über die iranische Hauptstadt Teheran hinaus: Am Sonntagabend starben im Südwesten des Landes zwei Demonstrationen. Sie wurden erschossen. (Archivbild)
Studenten protestieren an der Universität Teheran.
Proteste über die iranische Hauptstadt Teheran hinaus: Am Samstag kam es auch in Arak zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. (Archivbild)
Im Iran werden die regimekritischen Proteste immer heftiger. Bis Montag sind nach Angaben des Staatsfernsehens mindestens zehn Demonstranten ums Leben gekommen. Ausserdem wurde ein Polizist getötet.
Die Demonstranten starben bei Protesten im Zentral-, West und Südwestiran. Zwei weitere Menschen - ein alter Mann und ein Kleinkind - kamen bei einem Unfall während der Proteste im westiranischen Dorud um.
Laut dem Staatsfernsehen griffen in mehreren Städten angeblich bewaffnete Demonstranten staatliche Einrichtungen an. Angriffe auf Polizeiwachen sowie Militärkasernen seien jedoch von Polizei und Sicherheitskräften vereitelt worden, berichtete das Staatsfernsehen, ohne genaue Details anzugeben.
Laut dem staatlichen Fernsehen wurden am Montag ein Polizist getötet. Demnach kam es bei einer Kundgebung in der zentraliranischen Stadt Nadschafabad zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Ein "Unruhestifter" habe daraufhin mit seinem Jagdgewehr auf die Sicherheitskräfte gezielt und einen Polizisten erschossen sowie drei weitere verletzt.
Präsident Hassan Ruhani hatte sich am Sonntag erstmals zu den seit Donnerstag anhaltenden Demonstrationen geäussert und war auf die Kritiker zugegangen. Er bezeichnete in einer Rede Proteste als ihr legitimes Recht, warnte aber zugleich vor Ausschreitungen, die die Sicherheit des Landes gefährden könnten.
Proteste als Chance
Am Montag fand im Parlament in der Hauptstadt Teheran eine Krisensitzung statt, an der Präsident Hassan Ruhani und Mitglieder der Sicherheitskommission teilnahmen. Ruhani sagte in der Sitzung, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen.
"Auch sind die Probleme der Menschen nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern sie fordern auch mehr Freiheiten", sagte der Präsident. Er kritisierte damit indirekt die Hardliner, die die Umsetzung seiner politischen und kulturellen Reformen blockieren.
"Aber die Regierung hat nicht alles unter ihrer Kontrolle", sagte Ruhani, der als Präsident bei vielen strategischen Belangen nicht immer das letzte Wort hat und sich dem erzkonservativen Klerus beugen muss. Seiner Meinung nach sollten die Proteste daher nicht als Gefahr, sondern als Chance angesehen werden.
Zunehmend systemkritisch
Seit Donnerstag ist es in mindestens neun Städten im Iran zu heftigen Protesten gekommen. Die Kundgebungen richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Aussenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch. Am Samstag griffen die Proteste auch auf die Hauptstadt Teheran über.
Ein iranischer Abgeordneter sprach von zwei Demonstranten, die in der Nacht zum Montag in der Stadt Iseh im Südwestiran getötet worden seien. Es habe auch Verletzte und Festnahmen gegeben, sagte Hodschatollah Chademi der Nachrichtenagentur Ilna. Bei einigen der Festgenommenen seien auch Waffen, Munition und Sprengstoff entdeckt worden.
Wie zuvor sein Innenminister rief auch Ruhani am Sonntagabend die Regimekritiker dazu auf, Proteste über legale Kanäle zu beantragen. Dann würde es nach seinen Worten auch nicht zu gewalttätigen Ausschreitungen und Polizeieinsätzen kommen.
Weitere Proteste
Auch in der Nacht zum Montag protestierten laut iranischen Medien und Berichten in sozialen Netzwerke in Teheran und weiteren Städten wieder Tausende gegen das islamische Regime. Nach Augenzeugenberichten griff die Polizei in verschiedenen Teilen Teherans mit Wasserwerfern und Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen.
Ruhanis Vorschlag, Demonstrationen zu beantragen, wurden in den sozialen Netzwerken als Rhetorik zurückgewiesen. Das Innenministerium würde nach Meinung vieler Iraner niemals Anträge auf Protestversammlungen genehmigen, die nur ansatzweise Kritik am Establishment üben würden.
In der Tat erlaubt das Innenministerium nur vom System genehmigte Proteste, die sich meistens gegen die politischen Feinde USA oder Israel richten.
Verifizierung schwierig
Am Montagmorgen funktionierte das Internet im Iran zunächst wieder normal. Da die iranischen Medien über die Proteste selbst kaum berichten, werden viele Berichte und Videos über soziale Netzwerke und unseriöse Nachrichtenportale verbreitet.
Eine neutrale Verifizierung der Ereignisse ist daher fast unmöglich. Laut Berichten in diesen Netzwerken wurden landesweit zwischen 100 und 800 Demonstranten festgenommen.
Kritik an Trump
Ruhani äusserte sich in seiner Rede auch kritisch zu den Tweets von US-Präsident Donald Trump über die Demonstrationen. Jemand, "der von Kopf bis Fuss" gegen den Iran sei, sollte nun nicht den Besorgten vorheucheln, sagte Ruhani.
Trump twitterte am Sonntagmorgen (Ortszeit), die Menschen im Iran hätten endlich begriffen, "wie ihr Geld und ihr Wohlstand zugunsten von Terrorismus gestohlen und vergeudet wird. Wie es aussieht, werden sie es nicht länger hinnehmen". In einer Stellungnahme betonte die US-Regierung in der Silvesternacht das Recht des iranischen Volkes auf friedliche Meinungsäusserung.
Die regierungskritischen Proteste sind die grössten seit der gewaltsam unterdrückten Bewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2009.
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