Beratungsresistent «Zur Hölle damit»: Trump ist Rat von Mitarbeitern immer mehr leid

von Zeke Miller und Jill Colvin, AP

11.4.2018

Kritiker sagen seit langem, dass sich Trump für seinen besten eigenen Berater hält. Tatsächlich liegt er mit seinem Mitarbeiterstab zunehmend über Kreuz - und scheint dessen Taktiken zu durchschauen, ihn in eine bestimmte Richtung zu steuern.

Die Rede stand - und eine Gruppe ausgewählter Amerikaner mit bewegenden persönlichen Geschichten parat, die Botschaft der Ansprache zu untermauern. Alles fertig für Donald Trumps Auftritt vor Anhängern in West Virginia. Aber der US-Präsident war nicht in der Stimmung, dem Plan zu folgen. Er habe seinen Mitarbeitern gesagt, dass die von ihnen vorbereitete Rede langweilig sei, schilderte er vor dem Publikum eine Szene im Weissen Haus im Vorfeld der Veranstaltung. «Zur Hölle damit», sagte er, warf die Seiten mit dem Text demonstrativ in die Luft und duckte sich, als das Papier in Richtung Boden flatterte. Dann legte er los.

Trump war in seiner bisherigen Präsidentschaft noch nie dafür bekannt, dass er sich an ein Skript hält. Aber die Abkehr von dieser vorbereiteten Rede in der vergangenen Woche illustrierte in aller Deutlichkeit, dass er zunehmend mit seinem Mitarbeiterstab über Kreuz liegt - und dessen Taktiken durchschaut. Eine davon ist, den Präsidenten in die Richtung einer bestimmten konventionellen Entscheidung zu steuern, indem man diese als die einzige realistische Option darstellt. Aber nach mehr als einem Jahr im Amt ist Trump dahinter gekommen und macht klar, dass er sich nicht in die Enge treiben lässt.

Trump in Syrien-Frage das Gefühl überfahren zu werden

Das war jedenfalls die Botschaft, die er sichtlich irritiert bei einem Treffen mit seinem Sicherheitsteam hinter verschlossenen Türen übermittelte. Es ging um Syrien. Topberater, etwa Verteidigungsminister James Mattis und Generalstabschef Joseph Dunford, wollten Trump für eine anhaltende US-Militärpräsenz in dem Land gewinnen. Ihr Plan war es, dabei eine ähnliche Taktik anzuwenden wie im vergangenen Jahr - als es galt, den Präsidenten zu einem Verbleib von US-Soldaten in Afghanistan auf unbestimmte Zeit zu überreden.

So wollten sie ein düsteres Bild von den Folgen eines Abzuges malen, mit einem regionalen Chaos zum Nutzen Russlands und des Iran und dem möglichen Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat. Aber bevor sie bei dem Treffen am Dienstag vergangener Woche überhaupt dazu ausholen konnten, schnitt Trump ihnen das Wort ab und erklärte, er wolle einen sofortigen Abzug aus Syrien, wie informierte Kreise schildern.

Es entspann sich ein heftiger Wortwechsel, der eine neue Entfremdung zwischen dem Präsidenten und seinem Team bewirkte und mit einem Auftrag an das Militär endete, einen Abzug binnen sechs Monaten vorzubereiten. Im Fall Afghanistan war Trump dagegen seinen Beratern gefolgt. Bei den seinerzeitigen Diskussionen hatten seine Mitarbeiter alles daran gesetzt, den Eindruck zu vermitteln, dass sie Trumps Ansichten ohne vorgefasste Meinungen prüfen und abwägen würden. Aber in der Syrien-Frage habe der Präsident das Gefühl gehabt, überfahren zu werden und entsprechend reagiert, verlautete aus Trumps Umgebung.

Gerüst interner Abläufe ist zusammengebrochen

Diese Entwicklung hat wohl auch etwas mit personellen Änderungen in Trumps Entourage zu tun. So verlor der Präsident im Februar mit seinem Topmitarbeiter Rob Porter einen Mann, dem er voll vertraute - auch darin, dass ihm in wichtigen Fragen auch wirklich alle Optionen vorgelegt würden. Porter spielte bei der Koordination von Informations- und Entscheidungsprozessen im Weissen Haus eine wichtige Rolle. Er musste nach Vorwürfen häuslicher Gewalt im Februar zurücktreten.

Seitdem ist das von Porter kontrollierte Gerüst interner Abläufe weitgehend zusammengebrochen, wie manche sagen. Zugleich hat die Affäre um ihn die Position von Stabschef John Kelly geschwächt, als dessen rechte Hand Porter vor seinem Rücktritt galt. Von Kelly aber hatten sich viele einen mässigenden Einfluss auf Trump erhofft.

Einen Boss zu managen, der nicht gemanagt werden will, ist immer schwierig. Aber erst Recht bei einem Mann mit einem Ego vom Trumpschen Kaliber. Das hat manche seiner Mitarbeiter erfinderisch gemacht. Weil sie überzeugt sind, dass der Präsident dem, was er im Fernsehen sieht, stärker vertraut als seinen eigenen Beratern, rufen manche regelmässig prominente Kommentatoren und Moderatoren an, um ihnen Diskussionsansätze zu allen möglichen Themen zu liefern - in der Hoffnung, auf diesem Weg Trump beeinflussen zu können.

Hört Trump noch auf jemanden?

Andere haben verstärkt auf Verzögerungstaktiken gesetzt. So etwa Trumps erster Stabschef Reince Priebus, der dem Präsidenten oft sagte, dass Mitarbeiter noch etwas Zeit zum Ausarbeiten eines Vorschlages benötigten oder dass man doch noch bis zur nächsten Woche warten sollte. Das Kalkül: Trump könnte ja in der Zwischenzeit seine Meinung ändern oder die Sache auch ganz vergessen.

Aber auch solche Rechnungen gehen anscheinend nicht mehr auf, wenn sie es überhaupt jemals taten. Als Trump etwa Strafzölle auf Stahl-und Aluminiumimporte in Erwägung zog, hofften Anhänger eines freien Handels unter seinen Beratern, die Sache aussitzen zu können. Aber Trump war Ratschläge leid, sich mehr Zeit damit zu lassen, und ging hoch. Sein damaliger Topwirtschaftsberater Gary Cohn trat schliesslich zurück, als klar wurde, dass die Strafzölle unmittelbar bevorstanden.

Auch vor diesem Hintergrund wird nun gerätselt, wie Trump auf den jüngsten mutmasslichen Giftgasangriff in Syrien reagieren wird. Das ist die nächste grössere Entscheidung, die ansteht. Wie weit geht er, auf wen hört er - wenn er überhaupt auf jemanden hört?

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