Böses Wahl-Omen in Mexiko Zwei Tote an einem Tag: Kartelle nehmen Lokal-Politiker ins Visier

Philipp Dahm

28.2.2024

Nachdem zwei Lokalpolitiker an einem Tag ermordet wurden, schützen schwer bewaffnete Polizisten das Rathaus von Maratavio in Mexiko.
Nachdem zwei Lokalpolitiker an einem Tag ermordet wurden, schützen schwer bewaffnete Polizisten das Rathaus von Maratavio in Mexiko.
AP

Erst wird ein Arzt, der Bürgermeister werden will, vor dem Spital ermordet. Dann wird der Kandidat der Konservativen noch am selben Tag erschossen. Das Beispiel aus Maravation verheisst nichts Gutes für die kommenden Wahlen in Mexiko.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Noch bevor in Maravatio in Zentralmexiko am 1. März der Wahlkampf beginnt, werden innert Stunden zwei Kandidaten für das Bürgermeister-Amt erschossen.
  • Am 2. Juni werden bei den Wahlen neben dem Präsidentenamt auch viele lokale Posten vergeben, die für die Kartelle mit Blick auf Schutzgeld-Erpressungen besonders interessant sind.
  • Es wird damit gerechnet, dass sich das Organisierte Verbrechen 2024 «so stark wie noch nie» in die Wahlen einmischt.
  • Bei den Wahlen 2021 wurden mindestens 89 Politiker*innen getötet.

Zwei Kandidaten für den Posten des Bürgermeisters von Maravatío werden am gleichen Tag erschossen – dabei hat der Wahlkampf noch nicht einmal angefangen.

Ein weiteres Bild vom Rathaus in Maratavio vom 27. Februar.
Ein weiteres Bild vom Rathaus in Maratavio vom 27. Februar.
AP

Mexiko wählt am 2. Juni eine neue Präsidentin, doch auch andere politische Jobs sind zu vergeben. Die Ermordung der beiden Kandidaten in Maravatío lässt befürchten, dass der Urnengang 2024 der blutigste überhaupt werden könnte. Schon die Wahlen 2021 waren von extremer Gewalt geprägt: Mindestens 89 Politiker*innen wurden getötet.

Die Stadt Maravatío liegt in Zentral-Mexiko, hat gut 80'000 Einwohner und ist ländlich geprägt: Erdbeeren, Mais, Bohnen, Kartoffeln, Weizen und Tomaten werden in der Region angebaut. Doch von Idylle keine Spur: Vermummte und schwer bewaffnete Polizisten haben sich am 27. Februar vor dem Rathaus platziert. 

Eine Stadt unter Schock: Politiker vor Spital getötet

Die Stadt steht unter Schock, nachdem am Vortag zwei Politiker ermordet worden sind, die sich am 2. Juni zum Bürgermeister wählen lassen wollten. Das erste Opfer ist Miguel Ángel Zavala von der Partei Morena. Der Gynäkologe erreicht den Eingang des Spitals San Ángel im Zentrum von Maravatío, als offenbar zwei Bewaffnete am helllichten Tag sein Auto stoppen und mehrfach auf ihn schiessen.

Kolleg*innen versuchen noch vor Ort, sein Leben zu retten, doch Zavala erliegt seinen Verletzungen. «Er war einer der besten» Ärzte der Stadt, sagt Carmen Luna, eine Patientin des Verstorbenen, der Nachrichtenagentur AP. «Er hat sich um mich gekümmert und war sehr gut. Er war sehr freundlich.»

Maravatíos amtierender Bürgermeister Jaime Hinojosa Campa sagt, ihm sei nicht bekannt, dass es Drohungen gegen Zavala gegeben habe. Alles deute darauf hin, dass das organisierte Verbrechen hinter der Tat stehe. Die Behörden wollen nun die Sicherheitsvorkehrungen der verbliebenen Kandidaten erhöhen: «Was gestern passiert ist, macht uns allen Angst», gesteht Campa.

Zweiter Lokalpolitiker werden Stunden später erschossen

Für Armando Pérez Luna kommen derlei Massnahmen zu spät. Kurz vor Mitternacht desselben Tages erwischt es den Kandidaten der Partido Acción Nacional (PAN): Pérez Luna wird erschossen in seinem Auto gefunden. Er will seine Frau abholen, als ihm ein Täter auf einem Motorrad das Leben nimmt.

Die Morena-Partei nennt den Mord an Zavala eine «feige und verwerfliche Tat». Erst im November war in Maravatio ihr Anführer Dagoberto García Rivera, tot aufgefunden worden, nachdem er seit dem Oktober vermisst worden war. Der PAN-Vorsitzende Marko Cortés schreibt, die Taten zeigten «das extrem gravierende Level von Gewalt und das Fehlen von Sicherheit, das vor den wichtigsten Wahlen in Mexikos Geschichte vorherrscht».

Ein Polizist in Maratavio am 27. Februar.
Ein Polizist in Maratavio am 27. Februar.
AP

Maravatío liegt im Bundesstaat Michoacán, in dem das Kartelle Jalisco New Generation der lokalen Gang Viagras das Gebiet streitig macht. Die Kriminellen verdienen viel Geld mit Schutzgeld-Erpressungen, schreibt AP: Gemeinde-Wahlen seien deshalb für sie interessanter als etwa der nationale Urnengang.

Kartelle 2024 «so stark wie noch nie» involviert

Die Beraterfirma Integralia Consultants warnt in einem Bericht, dass das «Organisierte Verbrechen sich so stark wie noch nie in die lokalen Wahlen 2024 einmischen wird». Laut AP sind alleine im Januar landesweit fünf Personen getötet worden, die für ein Amt kandidieren wollen. Andere wurden angegriffen.

In Ayahualtempa im Bundesstaat bewaffnen sich sogar 11- bis 15-Jährige, um sich in Gruppen gegen das Organisierte Verbrechen zu wehren.  Für die Polizei ist das kein Problem. Ein Bild vom 31. Januar.
In Ayahualtempa im Bundesstaat bewaffnen sich sogar 11- bis 15-Jährige, um sich in Gruppen gegen das Organisierte Verbrechen zu wehren.  Für die Polizei ist das kein Problem. Ein Bild vom 31. Januar.
EPA

In Maravatío selbst habe die Gewalt etwa 2019 Überhand genommen, sagt Catalina Padilla. «Vorher sind wir nachts rausgegangen», erinnert sich die Seniorin, «aber jetzt machst du es nicht, wenn es keinen Grund gibt.»

Trauernde zollen dem aufgebahrten Armando Pérez Luna am 27. Februar in Maravatio letzten Respekt.
Trauernde zollen dem aufgebahrten Armando Pérez Luna am 27. Februar in Maravatio letzten Respekt.
AP

Ihre These zu den Morden: «Es könnte sein, dass sie keinen von Morena wollen.» Das Attentat auf Pérez von der konservativen PAN soll kaschieren, dass die Täter nur eine Partei im Visier haben, spekuliert sie.