Du willst mitreden? An diesen fünf Polit-Themen kommst du 2022 nicht vorbei

Von Anna Kappeler

1.1.2022

Über den Wolken: zwei F-35 von Lockheed Martin unterwegs. Die Schweiz will 36 dieser Flugzeuge kaufen. Doch mit einer Volksinitiative soll das verhindert werden.
Über den Wolken: zwei F-35 von Lockheed Martin unterwegs. Die Schweiz will 36 dieser Flugzeuge kaufen. Doch mit einer Volksinitiative soll das verhindert werden.
Bild: KEYSTONE

Einfache Lösungen gibt es in der Politik selten. Diese Übersicht hilft dir, im neuen Jahr den Durchblick bei den fünf wichtigsten Streitthemen zu behalten.

Von Anna Kappeler

1.1.2022

Corona: Bevor's besser wird, wird's schlimmer

Ja, leider: Auch im neuen Jahr gibt es kein Entrinnen vor der Pandemie. Die Omikron-Variante dürfte bald auch in der Schweiz dominant sein, warnt die wissenschaftliche Covid-Taskforce. Voraussichtlich trotz Booster. Dies deshalb, weil Omikron besonders ansteckend ist. 

Das Beste von 2021

Zum Jahresende bringt blue News die Lieblingsstücke des ablaufenden Jahres noch einmal. Dieser Text erschien zum ersten Mal am 28. April 2021.

Isabella Eckerle, Virologin am Universitätsspital Genf, sagte dem SRF: «Ich vermute, dass sich früher oder später wirklich praktisch jeder mit diesem Virus anstecken wird – vielleicht mit Ausnahme der Geboosterten.»

Immerhin: Es gibt Licht am Ende des Tunnels. Der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri sagte den CH-Media-Zeitungen: «Ich gehe davon aus, dass wir im Frühling die Hauptlast der Pandemie überstanden haben, weil die Grundimmunität genügend hoch sein wird.»

Im Dezember hat sich das Parlament zudem mit den vierten Verlängerungen im Covid-Gesetz beschäftigt. Noch ist nicht bekannt, ob die Covid-Gesetz-Gegner zum dritten Mal das Referendum dagegen ergreifen. Die SVP verzichtet darauf, die private «Mass-voll»-Bewegung will ein Referendum prüfen.

Beziehung zu Europa: «Es ist kompliziert»

Ob sich die seit Langem vertrackten Beziehungen Schweiz–EU 2022 bessern, bleibt abzuwarten. Seit der Bundesrat vor nun sieben Monaten das Rahmenabkommen ohne Plan B beerdigt hat, ist die Beziehung, gelinde gesagt, kompliziert. Klar ist nur, dass unklar ist, wie es weitergeht.

Laut EU ist die Schweiz am Zug mit Vorschlägen, Brüssel erwartet von Bern am nächsten Treffen eine Roadmap. Nach der coronabedingten Absage des WEF im Januar steht dafür aber noch nicht einmal ein neuer Termin.

Der Bundesrat will Anfang Jahr einen Europabericht präsentieren. Laut Medienberichten will er institutionelle Fragen für jedes Abkommen separat regeln. Nur: Diesen Ansatz lehnte die EU bisher ab.

Derweil werden die grossen Parteien aktiv. Einige präsentieren Pläne, andere wollen Unterschriften für eine Europa-Initiative sammeln (hier liest du mehr zu den Vorschlägen der Parteien).

Immerhin: Der politische Dialog mit der EU findet wieder statt. Auch die Tatsache, dass der Bundesrat Staatssekretär Mario Gattiker damit betraut hat, an möglichen Anpassungen des Schweizer Rechts zu arbeiten, gibt Hoffnung auf ein Vorwärtskommen.

Was sind die Ziele im EU-Dossier? «Wenn ich Harry Potter wäre, könnte ich eine Antwort darauf geben», sagte Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis.
Was sind die Ziele im EU-Dossier? «Wenn ich Harry Potter wäre, könnte ich eine Antwort darauf geben», sagte Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis.
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Zu den Zielen im EU-Dossier überlassen wir das letzte Wort Aussenminister Ignazio Cassis: «Wenn ich Harry Potter wäre, könnte ich eine Antwort darauf geben», sagte der frisch gewählte Bundespräsident Mitte Dezember.

Krampf um die Kampfjets

Kein Aufatmen für Verteidigungsministerin Viola Amherd bei den Kampfjets, auch im neuen Jahr nicht: Zwar hat das Stimmvolk im September 2020 den 6-Milliarden-Franken-Kredit für neue Kampfflugzeuge bewilligt. Doch das Resultat war haarscharf, nur gerade 50,1 Prozent sagten Ja dazu (hier geht’s zur Abstimmungsreportage).

Amherd konnte somit plangemäss im vergangenen Juni den vom Bundesrat ausgewählten Typ präsentieren. Für 5 Milliarden sollen 36 Flugzeuge des US-Tarnkappenbombers F-35 gekauft werden, sagte sie damals. Dies als Ersatz für den alternden F/A-18. Doch nun droht die Stopp-F35-Initiative, den Kampfjet doch noch zu bodigen. Ergriffen hat diese die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) mit Unterstützung der SP und der Grünen. Nötig sind 100'000 Unterschriften innert 18 Monaten, damit die Initiative zustande kommt. 

Bei der GSoA gibt man sich zuversichtlich: Dass die Unterschriften zustande kommen, sei «weniger eine Frage des ‹ob›, sondern des ‹wann›», sagt deren Sekretär Jonas Heeb zu blue News. Die Hälfte der benötigten Unterschriften sei zusammen. Den Abstimmungstermin legt dann der Bundesrat fest.

Looping, Kampfeinsatz und ein mulmiges Gefühl: Der Kampfjet F-35 im Testflug

Looping, Kampfeinsatz und ein mulmiges Gefühl: Der Kampfjet F-35 im Testflug

Wie fühlt es sich an, einen Supercomputer zu fliegen? blue News hat den Test gemacht, und sich unter Anleitung von zwei F-35-Piloten in den Flugsimulator gewagt.

23.09.2021

Jüngste Turbulenzen verursachten die Beschaffungskosten. Ende November musste das Verteidigungsdepartement VBS an einer Medienkonferenz einräumen, dass die Kampfjets nun doch 1 Milliarde teurer werden. Der genaue Kredit sei nun erst – und nach der Bereinigung der Verträge mit der US-Regierung – bekannt. Beim im Juni genannten Preis sei die Teuerung der USA nicht enthalten gewesen. Neuer Kaufpreis: 6,035 Milliarden Franken, und somit etwas mehr als die vom Volk knapp bewilligten 6 Milliarden.

Ab Februar lässt die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats die Rechtmässigkeit und Zweckmässigkeit des Evaluationsverfahrens untersuchen.

Ebenfalls 2022 muss das Parlament den Verpflichtungskredit genehmigen. Dies geschieht im Rahmen der Armeebotschaft.

Die grosse Herausforderung Altersvorsorge

Bei der jahrzehntelangen Baustelle AHV hat das Parlament kurz vor Jahresende eine Einigung erzielt: In der Wintersession wurde die Revision der ersten Säule verabschiedet. Für Frauen wird das Rentenalter von 64 auf 65 Jahre erhöht. Zudem wird die Mehrwertsteuer angehoben.

So zumindest der Plan der Politik. Nur Minuten nach den Abstimmungen im Parlament haben die Gewerkschaften jedoch angekündigt, dass sie das Referendum gegen die Reform ergreifen werden. Das letzte Wort hat das Volk. Dies steht allein deshalb schon fest, weil für die Erhöhung der Mehrwertsteuer die Verfassung geändert werden muss. Die Abstimmung dürfte voraussichtlich im Herbst 2022 stattfinden.



Bereits in der Pipeline sind zwei weitere Initiativen zum Thema. Erstens diejenige der Jungfreisinnigen, wonach das Rentenalter auf 66 Jahre angehoben werden soll. Ebenso an die Urne kommt das Anliegen der Gewerkschaften für eine 13. AHV-Rente. Der Bundesrat lehnt beide Begehren ab.

Unter Druck steht auch die zweite Säule, die berufliche Vorsorge. Ebenfalls in der Wintersession hat sich der Nationalrat für eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent ausgesprochen. Ausgleichszahlungen sind angedacht, aber weniger als von der Linken gewünscht. 2022 ist der Ständerat am Zug. Bleibt er auf der Linie der grossen Kammer, dürfte auch hier die Linke das Referendum ergreifen. Das letzte Wort hätte abermals das Volk.

Zweiter Anlauf beim CO2-Gesetz

Ein Volksentscheid, der weit über das Jahr 2022 nachwirken wird, ist das Nein zum CO2-Gesetz vom Juni (hier geht es zu unserer Abstimmungsreportage).

Wir erinnern uns: Mit dem neuen Gesetz wollte die Schweiz die international vereinbarten Klimaziele bis 2030 erreichen. Damit einhergegangen wäre eine Verteuerung von Benzin und Heizöl sowie eine Flugticketabgabe. Seither ringt Bern um eine Lösung und mit der Frage, wie es mit der Schweizer Klimapolitik weitergeht.

Das Volksnein war eine Schlappe für Umweltministerin Simonetta Sommaruga (SP). Umso mehr Tempo macht sie nun. Kurz vor Weihnachten hat sie die Neuauflage des CO2-Gesetzes präsentiert, die der Bundesrat in die Vernehmlassung schickt.

Darin gewinnen, kurz gesagt, die Sieger der Volksabstimmung vom Juni. 

Überblick über die wichtigsten Änderungen

  • Keine Flugticketabgabe
  • Keine Erhöhung des Benzinpreises
  • Kein neuer Klimafonds
  • Kein Aufschlag der CO2-Abgabe auf Heizöl
  • Mehr Subventionen
  • Mehr CO2-Kompensationen im Ausland

Diese neue Version – die Vernehmlassung dazu endet im April – dürfte mehrheitsfähig sein. Die Verlierer sind die, die heute schon klimafreundlich leben.

Die vorgeschlagenen Massnahmen gelten für die Zeit von 2025 bis 2030.