Energieziele in Gefahr Darfst du jetzt noch gegen Windräder und Solarparks sein?

Von Andreas Fischer

13.12.2022

Weichen für nachhaltige Energieversorgung rasch stellen

Weichen für nachhaltige Energieversorgung rasch stellen

Grosse Anstrengungen von Politik und Gesellschaft sind laut dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) nötig, um die Energieversorgung der Schweiz zu sichern. Deshalb müssten die Weichen für eine sichere, nachhaltige Energieversorgung jetzt gestellt werden.

13.12.2022

Nur wenn sie jetzt Gas gibt und einen Effort leistet, hat die Schweiz eine sichere Energiezukunft – sagt die Strombranche. Was bedeutet das für die Bevölkerung? Und worauf musst du dich bis 2050 einstellen?

Von Andreas Fischer

13.12.2022

Das Risiko einer Energiemangellage ist «bittere Realität»: Zu diesem Schluss kommt die Studie «Energiezukunft 2050». Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) haben dafür in einer wissenschaftlichen Modellierung das Gesamtenergiesystem der Schweiz sektorübergreifend bis ins Jahr 2050 simuliert und dabei auch die Nachbarländer berücksichtigt.

Doch was bedeuten die vier Szenarien, die in der Studie vorgestellt werden? Welche Auswirkungen sind jetzt für die Bevölkerung zu erwarten? Und darst du jetzt überhaupt noch gegen Windkrafträder und Solaranlagen in den Bergen sein? blue News beantwortet die wichtigsten Fragen zu Versorgungssicherheit und Klimaneutralität der Schweiz bis 2050.

Was haben die Wissenschaftler*innen überhaupt berechnet?

In der Studie wird modelliert, wie die Energiezukunft der Schweiz 2050 aussehen könnte. Berücksichtigt wurde einerseits die inländische Akzeptanz für eine neue Energieinfrastruktur. Daraus ergibt sich entweder ein offensiver oder defensiver Ausbau derselben. Andererseits wurde das energiepolitische Verhältnis zu Europa betrachtet. Sprich: Isoliert sich die Schweiz oder integriert sie sich in die europäischen Energiemärkte?

Daraus ergeben sich die vier Szenarien «offensiv-integriert», «offensiv-isoliert», «defensiv-integriert» und «defensiv-isoliert». Die robusteste Energieversorgung bietet das Szenario «offensiv-integriert». Das bedeutet, dass sich nicht nur die Politik anstrengen muss, um die Rahmenbedingungen in der Schweiz zu verbessern und mit der EU zielführend zu verhandeln.

Auch die Bevölkerung ist gefordert, die anstehenden Veränderungen mitzutragen. Oder zugespitzt: Die Schweizerinnen und Schweizer müssen Windräder und Photovoltaik-Anlagen in den Bergen akzeptieren, damit sie nicht irgendwann des Winters im Dunkeln sitzen.

Mit dem Szenario «offensiv-integriert» sind jährliche Systemkosten mit rund 24 Milliarden Franken am tiefsten. Auch die Importabhängigkeit im Winter ist relativ gering: Die Schweiz müsste rund 7 Terawattstunden (TWh) Strom (entspricht 19 Prozent des Bedarfs) im Winterhalbjahr importieren. Auf der anderen Seite: Bei einem defensiven Ausbau und einer isolierten Schweiz steigen die Systemkosten auf 28 Milliarden Franken und die Stromimporte auf 9 TWh.

Wie entwickelt sich der Strombedarf in der Schweiz?

Der Elektrizitätsbedarf in der Schweiz wird zunehmen. Deutlich sogar. Werden heute 62 Terawattstunden pro Jahr verbraucht, sind es im Jahr 2050 je nach Szenario 80 bis 90 TWh.

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Aber heisst es nicht, ich solle weniger Energie verbrauchen?

Auch wenn mehr Elektrizität verbraucht wird: Aufgrund verbesserter Technologie und Effizienzmassnahmen wird der Basisstrombedarf leicht sinken. Der sogenannte Primärenergiebedarf wird sogar mehr als halbiert: von heute 259 TWh auf 115 TWh im Jahr 2050.

Grund dafür: Fossile Energieträger sollen in den Sektoren Verkehr und Wärmeerzeugung komplett ersetzt werden. Auch Atomkraftwerke werden in den Szenarien bis 2040 abgeschaltet. Diese Massnahmen führen insgesamt zu einem höheren Wirkungsgrad der eingesetzten Energie. Ein weiterer positiver Effekt: Die Schweiz reduziert ihre Importabhängigkeit bei der Energie deutlich: Von heute 79 Prozent auf je nach Szenario 30 bis 42 Prozent im Jahr 2050.

Wie sollen der Atomstrom und die fossilen Energieträger ersetzt werden?

Es ist jedenfalls eine ziemlich grosse Herausforderung: «Die Versäumnisse der letzten zehn Jahre wiegen schwer. Die Weichen für eine sichere, nachhaltige Energieversorgung müssen jetzt gestellt werden», mahnt VSE-Präsident Michael Wider.

Die Schweiz muss es schaffen, bis 2050 Produktionskapazitäten von mindestens 34 TWh zuzubauen. Das entspricht mehr als der Hälfte des aktuellen Jahresstrombedarfs. Eine wichtige Rolle sollen dabei Photovoltaikanlagen spielen, die dezentral auf den Dächern installiert sind, sowie mit grünem Wasserstoff betriebene Gaskraftwerke.

Für Letzteres soll die europäische Infrastruktur ab etwa 2040 stehen: Will die Schweiz davon profitieren, muss sie in die europäischen Energiemärkte eingebunden sein. Die inländische Elektrolyse spielt aus Kostengründen nämlich nur eine untergeordnete Rolle.

Vor allem für die Winterversorgung wesentlich sind auch alpine Solaranlagen sowie Windkrafträder, die in der kalten Jahreszeit etwa 5 TWh erzeugen. Zentral dafür ist die Akzeptanz der Bevölkerung.

Sonne, Wind und Wetter: Wie steht’s um die Versorgungssicherheit?

Um die Versorgungssicherheit angesichts wetterabhängiger Stromproduktion aufrechterhalten zu können, sind Back-up-Kraftwerke und Speichervorhaltungen nötig. Die Kosten dafür betragen laut VSE rund eine Milliarde Franken pro Jahr und sind in den eingangs erwähnten Systemkosten eingerechnet.

Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

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