Verträge überprüftFinanzkommission «bestürzt» über Fehler bei Impfstoff-Kauf
SDA/uri
8.6.2022 - 14:34
Bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen ist es zu Unregelmässigkeiten gekommen, zeigt eine Untersuchung des Bundes. Die zuständige Nationalratskommission zeigt sich erschüttert von den Ergebnissen.
Keystone-SDA, SDA/uri
08.06.2022, 14:34
08.06.2022, 15:54
SDA
Beim Kauf von Impfstoffen gegen Covid-19 sind in zwei Fällen Verträge und Zahlungen wohl nicht durch Kredite gedeckt gewesen. Zu diesem Schluss kommt der Bund. Die Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) ist alles andere als erfreut darüber.
Die Untersuchung war am Donnerstag angekündigt worden, nachdem im Ständerat Fragen zu den Nachtragskrediten für Impfstoffe aufgetaucht waren. Die Zuständigen im Departement des Innern (EDI) und im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nahmen über die Pfingsttage alle Kredite und Verträge unter die Lupe.
Die Überprüfung der Verträge ergab, dass sich die Vertragsabschlüsse mit Impfstoffherstellern in zwei Fällen nicht auf einen vom Parlament bewilligten Verpflichtungskredit abstützen konnten. Ein bereits bekannter Fall bezieht sich auf das Jahr 2020.
Ein zweiter Fall bezieht sich auf Anfang Mai 2021. Als damals der Vertrag unterzeichnet wurde, hatte das Parlament den Verpflichtungskredit noch nicht gesprochen. Ein Kreditvorbehalt galt bis Ende Mai 2021. Doch das Parlament bewilligte die nötigen Mittel erst am 7. Juni 2021. Eine Administrativuntersuchung soll nun klären, ob auch anders hätte vorgegangen werden können. Deren Ergebnisse werden voraussichtlich im August vorliegen.
«Parlament aussen vor gelassen»
Die zuständige Nationalratskommission reagierte harsch auf die ersten Erkenntnisse der Untersuchungen. «Die Finanzkommission ist bestürzt und bedauert es massiv, dass es zu Versäumnissen gekommen ist», sagte Vizepräsidentin Sarah Wyss (SP/BS) am Mittwoch nach einer frühmorgendlichen Sitzung.
Die Fehler führen unter anderem dazu, dass das Parlament den vom Bundesrat beantragten Nachtragskredit für das Jahr 2022 in Höhe von 172 Millionen nicht mehr ohne Konsequenzen kürzen kann. Hier fehle in den Verträgen mit den Impfstoffherstellern ein Vorbehalt für den Fall, dass der Kredit vom Parlament gestrichen oder gekürzt werden sollte.
«Hier liegt ein klares Versäumnis vor, indem das Parlament aussen vor gelassen wurde», sagte Wyss. Zwar sei dies wohl nicht mit Absicht geschehen. Trotzdem habe das Parlament dadurch weniger Handlungsspielraum.
Vertragsbruch verhindern
Dem Parlament bleibt nun nichts anderes übrig, als die 172 Millionen Franken für die Impfstoffbeschaffungen zu bewilligen. Bei einer Kürzung unter die 172 Millionen Franken würde die Eidgenossenschaft vertragsbrüchig und der Bundesrat müsste entscheiden, ob er die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen tragen oder dem Parlament eine Kreditüberschreitung beantragen will.
Die Finanzkommission des Nationalrats schlägt nun vor, den Nachtragskredit bei rund 234 Millionen Franken festzulegen – darin sind die erwähnten 172 Millionen Franken enthalten. Die grosse Kammer wird das Geschäft am Mittwochnachmittag beraten.
Angesichts des Überangebotes in der Schweiz hatte der Ständerat jüngst entschieden, für Impfstoffe gegen Covid-19 weniger Geld bereitzustellen als Bundesrat und Nationalrat. Er beschloss auch, den zusätzlichen Verpflichtungskredit fürs nächste Jahr von 780 Millionen Franken auf noch 300 Millionen Franken zu kürzen.
Womöglich neue Verträge für 2023
Diesen Kredit will die FK-N nun bei 672 Millionen Franken festlegen. Auch diese kleinere Kürzung würde dazu führen, dass die vertraglich bestellten Impfstoffliefermengen für das nächste Jahr angepasst werden müssten. Laut Wyss müssten in einem solchen Fall neue Verträge mit den Herstellern Moderna und Pfizer/Biontech ausgehandelt werden.
Das EDI schreibt, dass in einem solchen Fall keine Garantien gegeben werden könnten, ob in solchen Neuverhandlungen die Intentionen des Parlaments – beispielsweise betreffend die Richtwerte der zu sichernden Dosen – eingehalten würden. Weitere Konsequenz der Ausübung des Parlamentsvorbehalts wäre, dass eine bereits geleistete Reservationsgebühr im Umfang von rund 23 Millionen Franken verfallen würde.
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