Trinkwasser-Qualität Hat Parmelin ETH-Forschern einen Maulkorb verpasst?

uri

11.11.2019

Bundesrat Guy Parmelin störte sich angeblich an einem Faktenblatt der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz EAWAG der ETH Zürich.
Bundesrat Guy Parmelin störte sich angeblich an einem Faktenblatt der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz EAWAG der ETH Zürich.
Bild: Keystone/Archiv

Mit Blick auf die Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiativen hat Bundesrat Guy Parmelin angeblich beim Wasserforschungsinstitut der ETH interveniert. Ein kritischer Bericht blieb daraufhin unter dem Teppich.

Die Experten des EAWAG, des Wasserforschungsinstituts der ETH, werden in ihrem Bericht deutlich: «Es besteht Handlungsbedarf!», steht laut «Blick» am Anfang eines vierseitigen Faktenblatts, das sich dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und den Auswirkungen auf die Wasserqualität in der Schweiz widmet. «Negative Effekte auf Fortpflanzung, Entwicklung und Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen müssen befürchtet werden», konstatieren die Forscher demnach in dem Papier.

Laut den Wissenschaftlern wird in der Schweiz für die Wasserqualität auch nicht genug unternommen. Der Aktionsplan Pflanzenschutz sei nicht verbindlich, und «selbst die gesetzten Ziele» würden «die gesetzlichen Anforderungen noch nicht» erfüllen. Wie «Blick» weiter schreibt, legt das Papier zudem «den Schluss nahe, dass es vor allem die Landwirtschaft ist, die der Wasserqualität schadet».

Respekt vor wissenschaftlicher Unabhängigkeit

Vor den hängigen Volksinitiativen, die den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft eindämmen, beziehungsweise komplett verbieten wollen, sind die Erkenntnisse des ETH-Wasserforschungsinstituts EAWAG scheinbar nicht überall erwünscht. Wie «Blick» berichtet, habe SVP-Bundesrat und Wirtschaftsminister Guy Parmelin beim ETH-Rat wegen des Faktenblatts interveniert. Am 10. Oktober habe er sich unter anderem mit der Interimspräsidentin des ETH-Rats Beth Krasna und EAWAG-Direktorin Janet Hering zu einer Aussprache getroffen.

Gestört habe sich Parmelin demnach nicht nur am Faktenblatt, sondern auch an einem Ende September erschienenen Gastkommentar von Bernhard Wehrli, Professor für aquatische Chemie an der ETH Zürich und der EAWAG, in der NZZ. Wehrli hatte hier Kritik an der bisherigen Pestizidstrategie des Bundesrats geäussert und einen griffigen Gegenvorschlag zu Trinkwasser- und Pestizid-Initiative gefordert.

Laut einem Memo, dass die EAWAG-Direktion Hering nach dem Treffen verschickte und das «Blick» vorlag, habe Parmelin beim Treffen zwar die wissenschaftliche Unabhängigkeit der EAWAG respektiert, aber auch erklärt, «dass Angestellte der Eidgenossenschaft (inklusive Angestellte im ETH-Bereich) vom Bundesrat getroffene Entscheide nicht öffentlich kritisieren sollen».

Faktenblatt nicht veröffentlicht

Nach Parmelins Intervention sei das EAWAG-Faktenblatt dann nicht – wie sonst üblich –, im Internet veröffentlicht worden, sondern in der Versenkung verschwunden. ETH-Wissenschaftler zeigten sich hernach gegenüber «Blick» «empört über Parmelins Zensur». Öffentlich habe aber niemand Kritik äussern wollen.

Auch EAWAG-Direktorin Hering habe Parmelins Vorgehen nur intern kritisiert und den Vorgang ansonsten heruntergespielt. Auf eine offizielle Anfrage habe sie erklärt, beim Faktenblatt habe es sich lediglich um ein «Hintergrundpapier für das Parlament» gehandelt.

Das Wirtschaftsdepartement (WBF) wies den Vorwurf der Einmischung zurück. Bundesrat Parmelin habe im «im vertraulichen Gespräch» lediglich angeregt, «dass die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen der EAWAG, der ETH und dem Departement verbessert werden sollen».

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