Unabhängiger Bericht Heftige Kritik: Pestizidzulassung in der Schweiz ist undurchschaubar

tafi

22.11.2019

Das Zulassungsverfahren für Pestizide in der Schweiz  braucht dringend eine Reform. (Symbolbild)
Das Zulassungsverfahren für Pestizide in der Schweiz  braucht dringend eine Reform. (Symbolbild)
Keystoen/Gaetan Bally

Ein unabhängiger Bericht kritisiert die Zulassung für Pflanzenschutzmittel  in der Schweiz als mangelhaft und intransparent. Die Bundesämter sind aufgeschreckt.

Dass Pestizide bei Mensch, Tier und Umwelt grosse Schäden anrichten können, ist nicht erst seit gestern bekannt. Erst vor kurzem haben Kantonschemiker warnend auf überhöhte Rückstände im Trinkwasser hingewiesen. Die Behörden des Bundes müssen immer wieder Produkte vom Markt nehmen, weil Wirkstoffe doch nicht so harmlos sind, wie bei der Zulassung angenommen.



Seit 2005 sei der Einsatz von 148 Wirkstoffen verboten worden, berichtet der «Tages-Anzeiger» im Zusammenhang mit einem gestern veröffentlichten Bericht, der dem Zulassungsverfahren in der Schweiz grosse Defizite bescheinigt. Politisch interessant dabei: Der Bericht stammt aus unabhängiger Feder. Er wurde von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG verfasst. In Auftrag gegeben hatten die Evaluation verschiedene Bundesämter, darunter das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und das Bundesamt für Umwelt (Bafu).

Zahlreiche Schwachstellen

Als neutrale Instanz hat die KPMG in ihrem Bericht zahlreiche Schwachstellen ausgemacht und nimmt laut «Tages-Anzeiger» insbesondere das BLW in die Kritik. Die Rolle des Landwirtschaftamtes sei sehr umstritten, weil es einerseits Ansprechpartner für Firmen sei, die ein Pestizid auf den Markt bringen wollen.



Andererseits entscheide es auch über dessen Zulassung: Dadurch sei die formelle Unabhängigkeit nicht gewährleistet. Bemängelt werde zudem, dass die «Ansprüche bezüglich Transparenz innerhalb der Behörden und gegenüber der Öffentlichkeit nicht erfüllt» seien, zitiert der «Tages-Anzeiger» aus dem Bericht.

Bericht empfiehlt Änderungen

Die KPMG empfehle unter anderem, das Bundesamt für Umwelt aktiv in den Zulassungsprozess einzubeziehen, um die Auswirkungen von Pestiziden zu beurteilen. Zudem solle der Bund die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, Pestizide bei neuen Risikoerkenntnissen schneller vom Markt nehmen zu können.



Der Bund wolle, schreibt der «Tages-Anzeiger», den Bericht prüfen und bis Frühjahr 2020 ein Konzept zur Umsetzung der Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Das Parlament findet, dass es höchste Zeit für eine Reform des Zulassungsprozesses sei. So lässt sich GLP-Fraktionschefin Tiana Moser mit Verweis auf Untersuchungen zu erhöhten Belastungen in Grund- und Trinkwasser zitieren: «Der Schutz der Bevölkerung und Umwelt muss im Zulassungsverfahren künftig die zentrale Rolle spielen.» 

CVP-Nationalrat Markus Ritter, der auch Präsident des Bauernverbandes ist, fordert strengere Regeln für Pestizide. Er hofft, dass Zulassungsentscheide in Zukunft auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhen und die Verfahren transparent sind.

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