Will man sich als Bundesratskandidatin empfehlen, gibt es bessere Einstände, als einen Podiums-Zuhörer «Depp» zu schimpfen. Trotzdem geht die Urnerin Heidi Z’graggen mit guten Chancen ins Rennen um den Bundesratssitz der CVP.
Allein ihr Name ist Programm: Heidi Z'graggen, die unbekannte Bundesratskandidatin der CVP aus dem Kanton Uri. Z'graggen! Kaum jemand hat derart schnell so viel Berühmtheit erlangt wie die 52-jährige Justizdirektorin, nachdem sie – die bis dahin, ja, Namenlose – von ihrer Fraktion Mitte November neben der Walliserin Viola Amherd auf das Zweierticket gesetzt wurde.
Doch noch bevor Z'graggen die Chance gepackt hatte, sich zu profilieren, machte sie sich auch gleich unbeliebt: «Dä isch en Depp», sagte sie anlässlich eines Podiums über einen Zuhörer, der das Wort ergriffen hatte. Dieser Satz verfolgt sie wie ein Schatten, wobei vor allem ihre Rechtfertigung zu reden gab: Ein akustisches Missverständnis sei es gewesen – allerdings ist ihr Satz auf einer Aufzeichnung deutlich zu hören.
Doch schwerer als dieser Lapsus wiegt die Tatsache, dass Z'graggen in Bern über keine Hausmacht verfügt. Schnell auch wurde sie, die mit dem SVP-Mann Bruno Dobler in einer Partnerschaft lebt, als Kandidatin der Volkspartei abgestempelt (die Fraktion der SVP wird sie dann auch grossmehrheitlich unterstützen). Nicht nur wegen ihrer Liebschaft, sondern auch wegen ihrer geäusserten Skepsis bezüglich der Migration und ihrer distanzierten Haltung zur EU.
Doch bedient Z'graggen mit ihrer Liebe zur Natur und ihrem Engagement für den Landschaftsschutz – sie ist Präsidentin der einflussreichen Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) – durchaus auch linkes Klientel. Sie spricht sich für die Frauenquote aus, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt ihr am Herzen. Selbst hat Z'graggen keine Kinder.
Sie absolvierte das Lehrerseminar und studierte später Politikwissenschaften in Bern. Seit 2004 ist sie Regierungsrätin, unter anderem war sie zuständig für das Tourismusprojekt und die Skigebietsentwicklung in Andermatt des Investors Samih Sawiris. Sie gilt als seine «Wegbegleiterin».
Im Jahr 2010 kandidierte Z'graggen erfolglos für den Ständerat. Nun versucht sie es gleich nach ganz oben: Als Frau, und weil sie findet, Uri sollte nach 170 Jahren auch einmal im Bundesrat vertreten sein.
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