Tierwohl und HygieneHof- und Weidetötung: Ist ausreichende Kontrolle möglich?
tafu
5.8.2020
Seit Anfang Juli ist die Hof- und Weidetötung grundsätzlich erlaubt. Doch es gilt noch einige Hürden zu nehmen, um zugunsten des Schlachtviehs tatsächlich eine angst- und stressfreie Tötung zu ermöglichen.
Seit dem 1. Juli 2020 ist in der Schweiz die sogenannte Hof- und Weidetötung zur Gewinnung von Fleisch möglich – theoretisch. Denn bisher habe noch kein Betrieb eine Bewilligung erhalten, wie das SRF berichtet. Schweizweit haben bereits 120 Betriebe konkrete Pläne für eine Hof- beziehungsweise Weidetötung. Lediglich einige Pilotbetriebe, die bereits zuvor eine Sonderbewilligung erhalten hatten, töten bereits auf diese für die Tiere angst- und stressfreie Weise.
Die fehlenden Bewilligungen seien durch fehlende, schweizweit einheitliche Vorschriften für die Betriebe zu erklären, so das SRF weiter. «Wir mussten zuerst wissen, was überhaupt in der Verordnung drinsteht», erklärt der Kantonstierarzt des Kantons Graubünden, Giochen Bearth. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe, die derzeit die Vorschriften für die Hof- und Weidetötung ausarbeitet.
Anforderungen sind hoch
«Man darf nicht zugunsten des Tierwohls auf den Transport in den Schlachtbetrieb verzichten, aber dann beispielsweise bei der Betäubung Konzessionen machen», so Bearth. Zwar habe man durch die Pilotbetriebe bereits einige Erfahrungen gesammelt, doch es habe sich auch gezeigt, dass diese Art der Tötung durchaus anspruchsvoll sei, wie Bearth darlegt. «Das Gesetz schreibt vor, dass das Tier innerhalb von 45 Minuten nach der Tötung ausgeweidet sein muss – und das ist nicht ganz ohne.»
Teilweise brauche es bauliche Massnahmen, um das Sickern von Blut in den Boden zu verhindern. Alle Arbeitsschritte müssten von Profis ausgeführt werden und es bräuchte einen Schlachtbetrieb in der Nähe. Der Zersetzungsprozess, der direkt nach dem Tod des Tieres eintrete, könne die Fleischqualität beeinflussen, Bakterien könnten aus dem Magen-Darm-Trakt ins Fleisch übergehen.
Bedenken von Kantonstierärzten
Auch verschiedene Kantonstierärztinnen und -tierärzte äusserten bereits Bedenken. Zwar sei die Methode für das Tierwohl sinnvoll, doch müsse gewährleistet sein, dass ein Betrieb sauber arbeite. Tue er das nicht, werde es aus hygienischer Sicht heikel und auch das Wohl des Tieres sei nicht mehr gewährleistet. Das bestätigt auch Giochen Bearth: «Wir müssen den Schlachtprozess aus hygienischer und tierschützerischer Sicht identisch beurteilen – unabhängig davon, ob das Tier auf dem Hof, auf der Weide oder im Schlachtbetrieb getötet wird.»
Ein weiteres Problem könnten dabei ausserdem fehlende Ressourcen darstellen. Laut Gesetz muss bei der Hoftötung das Betäuben und Entbluten des Viehs mindestens einmal jährlich von einem amtlichen Tierarzt überwacht werden. Ob dies tatsächlich umsetzbar ist, wird sich noch zeigen müssen.