Folgen der Corona-Krise Jeder Zehnte verdient weniger, fast jeder Zweite leidet psychisch

iw, sda

6.10.2021 - 10:17

Arzt Mit einer Long-Covid-Patientin. (Symbolbild)
Arzt Mit einer Long-Covid-Patientin. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Die Corona-Krise hinterlässt bei den Menschen in der Schweiz deutliche psychische Spuren – und auch im Portemonnaie. Dass viele finanziell trotzdem gar nicht so schlecht dastehen, hat mit Verzicht zu tun. 

Keystone-SDA, iw, sda

Jeder Zehnte in der Schweiz verdient wegen Covid-19 weniger, fast jedem Zweiten schlägt die Pandemie aufs Gemüt. Dass trotz geringerem Einkommen mehr Leute über die Runden kommen, liegt daran, dass sie wegen der Pandemie Konsum und Freizeitaktivitäten einschränken.

11,3 Prozent der Bevölkerung sind wegen der Pandemie von Einkommenseinbussen betroffen. Das zeigen die neuesten, auf Befragungen in der ersten Jahreshälfte 2021 beruhenden Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) vom Mittwoch. In den Bereichen Gastronomie und Beherbergung verdient sogar jeder und jede Dritte (35,5 Prozent) wegen den Folgen der Pandemie weniger.

Auch wer sowieso schon eine magere Lohntüte hat, wird finanziell von der Pandemie überdurchschnittlich stark gebeutelt: Jeder Fünfte (19,5 Prozent) beklagt Einbussen, ebenso wie ein Sechstel (16,7 Prozent) der ausländischen Wohnbevölkerung. In der öffentlichen Verwaltung und im Bereich Erziehung und Unterricht müssen wegen Covid-19 nur 4,2 respektive 8,2 Prozent den Gürtel enger schnallen.

Dennoch nahm der Anteil Personen, die leicht oder sehr leicht über die Runden kommen, zwischen 2019 und 2021 von 48,4 auf 57,9 Prozent zu. Das lässt sich gemäss BFS unter anderem mit einem häufigeren Verzicht auf Freizeitaktivitäten wie Restaurantbesuche, Sport oder kulturelle Aktivitäten erklären.

Hälfte der Jugendlichen schlägt Pandemie auf die Stimmung

Die Gesundheitskrise hat auch negative Folgen auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung in der Schweiz: 40,2 Prozent gaben an, dass sich die Covid-19-Pandemie negativ auf ihre Stimmungslage ausgewirkt hat.

Die Pandemie bereitet der Schweizer Bevölkerung nachweislich Sorgen: Mehr als jeder Zehnte leidet in Folge der Gesundheitskrise unter Geldmangel, fast jedem Zweiten schlägt die Situation aufs Gemüt (Symbolbild).
Die Pandemie bereitet der Schweizer Bevölkerung nachweislich Sorgen: Mehr als jeder Zehnte leidet in Folge der Gesundheitskrise unter Geldmangel, fast jedem Zweiten schlägt die Situation aufs Gemüt (Symbolbild).
Keystone

Der Anteil war besonders hoch bei Personen zwischen 16 und 24 Jahren (55,1 Prozent), Personen mit einer tertiären Ausbildung (44,8 Prozent) und den Gutverdienenden (45,1 Prozent). Gelassener sieht man die Situation in dünn besiedelten Gebieten, wo die Pandemie «nur» 36,4 Prozent der Bevölkerung aufs Gemüt schlägt.

Noch gefasster stehen Pensionierte der Gesundheitskrise gegenüber: Nur jede und jeder Vierte lässt sich vom Thema die Stimmung verderben.

Gebildete und Gutbezahlte arbeiten daheim

Fast die Hälfte aller Beschäftigten hatten seit Beginn der Pandemie immer oder zumindest zeitweise die Möglichkeit, Zuhause zu arbeiten. Besonders häufig arbeiteten Personen mit tertiärem Abschluss und solche mit (gemäss eigener Einschätzung) hohen Einkommen im Home Office, nämlich 67,7 respektive 72,3 Prozent.

Wie schon bei den Einkommenseinbussen sind auch bezüglich Home Office Ausländer (39,9 Prozent), Geringverdiener (31,7 Prozent) und Personen ohne nachobligatorische Ausbildung (16,6 Prozent) am stärksten benachteiligt.

Arbeitsplatz scheint wieder sicherer

Bei vielen Befragten hat sich die Sorge um den Arbeitsplatz gegenüber dem Beginn der Pandemie verringert. Während des partiellen Lockdowns schätzten 53,3 Prozent das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, als sehr gering ein. In der ersten Hälfte dieses Jahres stieg der Anteil dieser «Sorglosen» auf 60,5 Prozent. Vor Covid-19 waren es allerdings noch bedeutend mehr, nämlich 64,6 Prozent.

Auch hier galt: Je höher Bildung und Einkommen, desto geringer die Sorge um den Arbeitsplatz.

Zufrieden mit Gesundheit und Freundeskreis

Seit Beginn der Gesundheitskrise nahm der Anteil Personen, die sich ständig oder häufig glücklich fühlen, signifikant ab und betrug in der ersten Jahreshälfte 2021 noch 73,9 Prozent; vor dem partiellen Lockdown waren es fast 80 Prozent. Sehr zufrieden mit ihrem momentanen Leben waren vor der Krise 40,7 Prozent; mittlerweile sind es nur noch 36,6 Prozent. Konstant blieb nur die Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen und der eigenen Gesundheit.

Entgegen der vielen Trollkommentare in den sozialen Medien ist die Mehrheit der Bevölkerung recht zufrieden mit der Regierung und ihren Massnahmen, ist doch das Vertrauen in das politische System gestiegen: Vor dem partiellen Lockdown hatten 47,5 Prozent der Bevölkerung hohes Vertrauen ins System, während des Lockdown waren es schon 54 Prozent. Im ersten Halbjahr 2021 ist diese Rate gemäss BFS zwar etwas zurückgegangen, aber sie ist immer noch höher als vor der Pandemie.