Rückhalt für chancenlosen SP-Mann «Jositsch hat es nicht verdient, derart abgestraft zu werden»

gbi

26.11.2023

Ständerat Daniel Jositsch verlässt das Bundeshaus in Bern nach der Fraktionssitzung vom Samstag kommentarlos.
Ständerat Daniel Jositsch verlässt das Bundeshaus in Bern nach der Fraktionssitzung vom Samstag kommentarlos.
Bild: Keystone/Peter Schneider

Es hat wieder nicht gereicht: Daniel Jositsch blieb im Wettstreit um die beiden Plätze auf dem SP-Bundesratsticket chancenlos. Jetzt erhält der Zürcher Ständerat Rückendeckung aus seinem Heimatkanton.

gbi

26.11.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Basler Regierungspräsident Beat Jans oder der Bündner Nationalrat Jon Pult sollen Ende Jahr Nachfolger von Bundesrat Alain Berset werden. Die Partei nominierte sie am Samstag.
  • Bei der Ausmarchung in der SP-Bundesratsfraktion schnitt einer besonders schlecht ab: Daniel Jositsch.
  • Jetzt erhält der Zürcher Ständerat Rückendeckung.

Sechs Kandidat*innen gingen ins Rennen, am Ende konnten sich Beat Jans und Jon Pult durchsetzen: Sie wurden am Samstag von der SP-Fraktion aufs Kandidaten-Ticket gesetzt. 

18 Wahlgänge waren nötig, bis dieses Resultat feststand. Da die Partei die Ergebnisse der einzelnen Runden öffentlich machte, lässt sich auch nachvollziehen, wie sich jede und jeder geschlagen hat.

Was auffällt, ist der geringe Rückhalt für Daniel Jositsch: Der Zürcher Ständerat schnitt von allen Kandidat*innen am schlechtesten ab. Im ersten Wahlgang kam er auf nur vier von 49 Stimmen. 

Jositsch selber verliess das Bundeshaus am Samstag kommentarlos. Doch nun äussern sich andere Stimmen aus seinem Heimatkanton.

Zürcher SP-Präsidentin ist enttäuscht

«Jositsch hat es nicht verdient, von der Fraktion derart abgestraft zu werden», sagt jetzt Priska Seiler Graf, Nationalrätin und Co-Präsidentin der SP des Kantons Zürich.

In der «NZZ am Sonntag» erinnert sie daran, der 58-Jährige habe in den letzten Jahren enorm viel für die Partei geleistet und sei im Volk überaus beliebt. Bei den Ständeratswahlen im Oktober holte er über 230’000 Stimmen – das schweizweit beste Ergebnis. «Ich bin enttäuscht, dass Daniel Jositsch keine Chance hatte», so Seiler-Graf.

Auch seine ehemalige Lebenspartnerin Chantal Galladé übt Kritik. Die Nomination in der Fraktion zeige: «Starke Figuren und eigenständige Positionen werden in der SP nicht toleriert.» Galladé selbst ist mittlerweile von der SP zur GLP gewechselt. «Durch die Nicht-Nomination Jositschs hat die SP ihren letzten sozialliberalen Exponenten abgesägt», findet sie.

Für Beobachter*innen ist klar: Jositsch hat in der Partei viel Geschirr zerschlagen, als er sich vor einem Jahr um den Sitz der zurücktretenden Bundesrätin Simonetta Sommaruga bewarb. Dass die Parteispitze explizit nur Frauen zulassen wollte, empfand er als «diskriminierend».

Jositsch hat sich selbst ein Bein gestellt

Mit der neuerlichen Niederlage im parteiinternen Wettstreit ist Jositschs Traum vom Bundesrat wohl endgültig geplatzt. «Die letzte Chance wäre es gewesen, wenn er sich im letzten Jahr zurückgehalten hätte», urteilt Michael Hermann, Politgeograf und Leiter der Forschungsstelle Sotomo, im Gespräch mit blue News. Würde er von anderen Parteien als wilder Kandidat gewählt, wäre das ein Affront gegenüber der SP.

«Jositsch hat viele Mitglieder der SP-Fraktion vor den Kopf gestossen», sagt auch der Politik-Analyst Mark Balsiger zu blue News. «Hätte er vor Jahresfrist nicht kandidiert, würde Jositsch jetzt durchmarschieren.» Denn bei Vertreter*innen anderer Parteien sei er beliebt und geschätzt.

Doch sei das Kandidatenticket auch mit dem Basler Regierungspräsidenten Beat Jans und dem Bündner Nationalrat Jon Pult stark besetzt, gibt Hermann zu Bedenken: «Das ist eine gute Auswahl. An der Kompetenz der beiden Kandidaten können die anderen Parteien nichts aussetzen.»

Damit wollen die Bundesratskandidaten Beat Jans und Jon Pult punkten

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Die SP schickt den Baselstädter Regierungspräsidenten Beat Jans und den Bündner Nationalrat Jon Pult in die Bundesratswahlen am 13. Dezember. Die Fraktion schlägt sie als Nachfolger von Bundesrat Alain Berset vor, wie die Partei am Samstag mitteilte.

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