Deutsch-Französisches Miteinander Kanton Bern will Zweisprachigkeit stärken

SDA

28.6.2019 - 18:35

Zweisprachigkeit gehört im Schilderwald von Biel zum Alltag.
Zweisprachigkeit gehört im Schilderwald von Biel zum Alltag.
Bild: Keystone/Alessandro della Valle

Zweisprachigkeit ist Trumpf: Die Berner Regierung plant, den Kanton Bern zu einer starken Brücke zwischen deutscher und französischer Sprache werden zu lassen. Mehrere Massnahmen sind angedacht.

Die Berner Regierung will der Zweisprachigkeit des Kantons Bern mehr Gewicht geben. Auch beabsichtigt sie, die Rolle des Kantons Bern als Brücke zwischen deutscher und französischer Schweiz zu stärken. Mit einer ganzen Reihe von Massnahmen will die Kantonsregierung dieses Ziel erreichen.

Wie der Berner Regierungsrat am Freitag mitteilte, soll es künftig mehr Sprachaustausche in der Schule und mehr zweisprachige Ausbildungsgänge geben. Den Anteil Französischsprachiger in der Kantonsverwaltung will die Berner Regierung erhöhen.

Bei den Ausbildungsgängen soll die kantonale Erziehungsdirektion beispielsweise prüfen, ob für junge Leute nach der Berufslehre ein fakultatives, einjähriges Betriebspraktikum in der anderen Amtssprache eingeführt werden kann. Im Wallis sei das möglich, schreibt die Berner Regierung.

Um ihre Absichten zu konkretisieren, stellt die Regierung für 2020 einen Betrag von 100'000 Franken bereit, der bis 2022 auf 300'000 Franken erhöht wird. Mit diesen zusätzlichen Mitteln sollen in den sieben Direktionen der Verwaltung und in der Staatskanzlei laufende Anstrengungen zur Förderung der Zweisprachigkeit verstärkt werden.

Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion soll einen Massnahmenkatalog erarbeiten, um in Spitälern, die dazu verpflichtet sind, die Zweisprachigkeit zu verbessern. Bei diesen Spitälern handelt es sich um das Spitalzentrum Biel und das Universitätsspital Insel Bern, wie Regierungsrat Pierre Alain Schnegg auf Anfrage sagte.

Die Staatskanzlei hat den Auftrag erhalten, ein Gesetz über die Amtssprachen auszuarbeiten.

Der Kanton Bern ist zweisprachig geprägt. (Symbolbild)
Der Kanton Bern ist zweisprachig geprägt. (Symbolbild)
Bild: Keystone/Martin Ruetschi

Reaktion auf Expertenbericht

Die Berner Regierung reagiert mit diesem Massnahmenkatalog auf die Arbeit einer Expertenkommission, die unter der Leitung des früheren Bieler Stadtpräsidenten und heutigen Ständerats Hans Stöckli stand. Diese Expertenkommission forderte im November 2018 in einem Bericht, der Kanton Bern solle seine Zweisprachigkeit künftig mehr als Chance und als Potenzial begreifen, nicht als Bürde und Last.

Die Berner Regierung hatte diese Kommission eingesetzt. Damit löste sie ein Versprechen ein, das sie vor den Abstimmungen von 2013 zur Zukunft des Juras abgegeben hatte. Damals versprach die Berner Regierung, das seit 2004 bestehende Sonderstatut für den Berner Jura auszubauen.

Im Zusammenhang mit diesem Ausbau wollte die Berner Regierung den Stand der Zweisprachigkeit im Kanton Bern und deren Entwicklungsmöglichkeit von einer Kommission untersuchen lassen.

46 Empfehlungen arbeitete die Expertenkommission Stöckli aus. Die Berner Regierung hat nun 25 strategische Massnahmen formuliert. Die Berner Regierung stellt sich hinter den Befund der Expertenkommission, die Zweisprachigkeit des Kantons Bern sei für die Bevölkerung eine Chance, die es zu ergreifen gelte, und für den Kanton Bern ein Trumpf, den er ausspielen müsse.

Die Förderung der Zweisprachigkeit gehört auch zu den Legislaturzielen 2019-22 der Berner Regierung.

Der Kanton Bern zählte 2016 bei etwas mehr als einer Million Einwohner rund 110'500 Französischsprachige. Das sind elf Prozent der Bevölkerung. In den beiden anderen zweisprachigen Kantonen der Schweiz, Freiburg und Wallis, liegt der Anteil Deutschsprachiger bei etwa 27 und 26 Prozent.

«Bernbilingue»: Gut, aber mit Lücken

Der Verein Bernbilingue, der sich für die Zweisprachigkeit im Kanton Bern einsetzt, lobt die Beschlüsse der Kantonsregierung in einer Mitteilung als «klug». In den letzten Jahren hätten viele im Kanton Bern geglaubt, die Zweisprachigkeit «passiere einfach».

Schülervergleiche hätten aber gezeigt, dass Berner Schüler bei den sprachlichen Kenntnissen nur durchschnittliche Fähigkeiten aufwiesen.

«Bernbilingue» macht zudem gewisse «Lücken» in der Zweisprachigkeitsstrategie der Regierung aus. So vermisst der Verein die Einbindung des bernischen Grossen Rats. Für «Bernbilingue» sollte die Regierung dem Parlament einmal pro Jahr einen Bericht über die Entwicklung der Zweisprachigkeit vorlegen.

Hans Stöckli sagte auf Anfrage, die Berner Regierung habe ein «insgesamt ausgewogenes Paket» geschnürt. Die wichtigsten Forderungen der Expertenkommission seien übernommen worden. Für die Förderung der Zweisprachigkeit brauche es aber mehr Geld, als der Regierungsrat einsetzen wolle.

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