Schwere Vorwürfe an die PolizeiKlimaaktivist Max Voegtli: «Ich wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt»
tchs
17.4.2024
Schmerzgriffe und Demütigungen? Klimaaktivist Max Voegtli wurde am Montag nach der Störung des Sechseläuten-Umzugs verhaftet und sass 48 Stunden im Gefängnis. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei.
tchs
17.04.2024, 20:26
Christopher Schmitt
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Nachdem Max Voegtli am Montag den Sechseläuten-Umzug störte, wurde der Klimaaktivist verhaftet.
Insgesamt 48 Stunden sass er in Haft, nach seiner Entlassung äusserte er sich in einem Interview.
Voegtli prangert die Methoden der Polizei an, wirft ihr Schmerzgriffe und Demütigungsversuche vor.
Auch der Zürcher Staatsanwalt wird von Voegtli scharf kritisiert.
Die Klimaproteste beim Sechselläuten am Montag endeten für Max Voegtli in Haft. 48 Stunden lang hatte der junge Mann im Gefängnis gesessen, nun prangerte der Klimaaktivist das Vorgehen der Polizei an und kritisierte den Zürcher Staatsanwalt scharf.
«Ich wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt. Dabei will ich das Klima schützen und eine Katastrophe verhindern», erklärte er im «Blick»-Interview. Ihm gehe es gut, erklärt der Klimaaktivist, allerdings müsse er «das Ganze erst noch verdauen».
Um gegen fossile Energien zu protestieren, hatte sich Voegtli beim Sechselläuten mit Öl überkippt. Er habe jedoch in der Hauptwache sein Gesicht und seine Haare waschen können. Ausserdem habe er «Knast-Klamotten» erhalten, eine Trainingshose sowie einen Pullover.
«Ich hatte den Eindruck, der Polizist wollte mich demütigen»
Das Verhalten der Polizei sei nicht verhältnismässig gewesen, weder bei der Verhaftung noch im Gefängnis, erklärte Voegtli im Gespräch mit dem «Blick». «Ich wurde mit Schmerzgriffen verhaftet. Dabei habe ich mich nicht gewehrt. Auch war ich nicht gewalttätig.»
Später im Gefängnis habe ein Polizist verlangt, dass Voegtli sich nackt ausziehen solle. «Ich habe mich dagegen gewehrt und gesagt, dass ich das Recht habe, nicht komplett nackt vor ihm zu stehen», berichtete der Klimaaktivist. «Ich hatte den Eindruck, der Polizist wollte mich demütigen und mich mit einer Machtgeste erniedrigen.»
Dann habe er sein T-Shirt zurückbekommen und sein Unterleib sei kontrolliert worden. «Dabei hat mich der Polizist beleidigt und irgendetwas mit ‹Idiot› gesagt.» An den genauen Wortlaut könne sich Voegtli nicht erinnern, den Namen des Polizisten erfuhr er auf Nachfrage nicht. Allerdings wolle Voegtli mit seiner Anwältin prüfen, ob mit einer Anzeige oder einer Dienstaufsichtsbeschwerde juristisch gegen den Beamten vorgegangen werden soll.
Kein vegetarisches Essen im Gefängnis
Schliesslich sei er in einer Zweier-Zelle gelandet. Im Gefängnis habe es kein veganes, aber vegetarisches Essen gegeben. Voegtli habe einfach auf Butter, Milch und Yoghurt verzichtet.
Seine 48-stündige Haft empfinde der Klimaaktivist als «völlig unverhältnismässig», schliesslich wohne er in der Schweiz und die Polizei habe seine Adresse. Flucht- und Verdunklungsgefahr gebe es nicht, zu seinen Gerichtsterminen sei er jedes Mal persönlich erschienen.
«Ich schätze, dass mich der Staatsanwalt einschüchtern wollte.» Dieser habe ihm mit der Beantragung von U-Haft gedroht, sollte er mit seinen Protesten erneut etwas stören. Den Zürcher Staatsanwalt frage er: «Auf welcher Seite der Geschichte möchten Sie stehen? Wie verhalten Sie sich gegenüber der Klimakrise? Spätere Generationen werden Ihr Handeln beurteilen!»
«Staatsanwälte müssen ihre Einstellung ändern»
Der grünen Stadträtin Karin Rykart, der die Stadtpolizei Zürich untersteht, machte Voegtli keinen Vorwurf, genau wie der Polizei als Ganzes – «aber einzelnen Polizisten. Ich kann bezeugen, dass die Polizei nicht korrekt und anständig vorgeht.» Er forderte im Interview eine bessere Schulung der Polizisten sowie professionelleres Verhalten. «Und die Polizeichefs und Staatsanwälte müssen ihre Einstellung ändern und den verfassungsrechtlich geschützten Protest als solchen behandeln.»
Ob er nach seinem Gefängnis-Aufenthalt weiter fürs Klima protestieren wird, ist für ihn keine Frage: «Natürlich.»