Transparenz beim Gehalt Krankenkasse streicht Boni und legt alle Löhne offen

tafi

12.5.2023

Die Krankenkasse Helsana setzt bei den Gehältern ihrer Angestellten auf Transparenz.
Die Krankenkasse Helsana setzt bei den Gehältern ihrer Angestellten auf Transparenz.
Bild: KEYSTONE

Wer bei Helsana arbeitet, weiss, was die Kollegen verdienen: Die Krankenkasse schafft Klarheit beim Salär. Zur neuen Lohntransparenz gehört auch, dass fast alle Boni gestrichen wurden.

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12.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die zweitgrösste Krankenversicherung der Schweiz zeigt ihren Angestellten, in welchen Funktionen sie welches Gehalt verdienen.
  • Die Transparenz sorgt laut Helsana-Personalchef für mehr Gerechtigkeit. Zudem sind Gehaltsverhandlungen sachlicher geworden.
  • Die Mitarbeitenden begrüssen das neue System, auch wenn es für einige Lohnkürzungen bedeutet.

Wissen, woran man ist: Bei Helsana sind die Löhne kein Tabuthema mehr. Man kann darüber reden, weil jeder weiss, was der andere verdient. Die zweitgrösste Krankenkasse der Schweiz legt die Gehälter offen und schafft gleichzeitig flexible Vergütungen fast vollständig ab, wie «20 Minuten» berichtet

Dass der Lohn ein gut gehütetes Geheimnis ist, gilt beim Krankenkassenriesen bereits seit Mitte April nicht mehr. Die meisten der etwa 3300 Mitarbeitenden würden die neue Lohntransparenz begrüssen, sagt Personalchef Beat Hunziker. «Das Feedback ist sehr positiv und die erforderlichen Vertragsofferten haben nur etwa zehn Mitarbeitende nicht unterschrieben», wird er bei «20 Minuten» zitiert.

Mitarbeitende wollten Klarheit

Helsana ist nicht das erste Schweizer Unternehmen, das die Löhne offenlegt. Unter anderem hat die Firma Familie Wiesner Gastronomie mit mehr als 1000 Angestellten schon vor mehr als einem Jahr die Gehälter transparent gemacht.

Bei Helsana sei der Schritt auf vielfachen Wunsch der Mitarbeitenden hin erfolgt, erklärt Beat Hunziker. «Sie wollten Klarheit, wo sie mit ihrem Salär stehen. Jetzt können wir diese Vergleichsmöglichkeit bieten.»

Im Intranet ist nun ein Lohnband mit einer Spanne von 30 Prozent für den Minimal- und Maximallohn für die mehr als 400 Arbeitsfunktionen einsehbar. Ein positive Folge der Lohntransparenz sei, dass Lohngespräche viel sachlicher geführt werden.

Kommt hinzu, dass Boni bei Helsana grösstenteils abgeschafft wurden. Nur noch bei «extrem gutem Geschäftsverlauf verteilt nach Leistung» gebe es eine flexible Vergütung. Laut Hunziker sei das «aber ein geringer Betrag».

Transparenz gegen Ungerechtigkeit

Mit dem neuen System habe es bei Helsana für die wenigsten Lohnkürzungen gegeben. «Die verstanden es auch, weil sie schon gut verdient haben. Dafür konnten wir einige Mitarbeitende in höhere Löhne hochziehen», so Hunziker. Neben der Lohntransparenz sei bei Helsana auch die interne Lohnfairness wichtig.

Lohntransparenz ist ein relativ einfaches, intuitiv verständliches Instrument, um Lohnunterschiede festzustellen und für mehr Lohngleichheit zu sorgen. Damit könne etwa die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen geschlossen werden, heisst es auch in einem aktuellen OECD-Bericht zu diesem Thema.

Laut «Women in Work Index» (PDF-Download) des Beratungsunternehmens PWC wies die Schweiz 2021 ein Lohngefälle von 18 Prozent auf. Sie gehört damit zu den wenigen Ländern, die einen grösseren geschlechterspezifischen Lohnunterschied aufweisen als noch vor der Coronapandemie.

Mit der jetzigen Entwicklung werde es laut Myriam Denk, Partnerin von PwC Schweiz, bis zur Lohngleichheit «mehr als ein halbes Jahrhundert dauern». Das hiesse also, dass eine heute 20-jährige Frau in ihrem Arbeitsleben nie Lohngleichheit erreichen würde.

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