100 Tage «Mr. Corona» Kuster warnt: «Mit Symptomen bleibt man zu Hause»

tafi

17.7.2020

Stefan Kuster ist seit 1. April Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit und fiel in seinen ersten 100 Amtstagen vor allem durch Besonnenheit auf.
Stefan Kuster ist seit 1. April Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit und fiel in seinen ersten 100 Amtstagen vor allem durch Besonnenheit auf.
KEYSTONE/Ennio Leanza

Seit 100 Tagen ist Stefan Kuster Chef der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim BAG. Der Nachfolger von Daniel Koch zeigt sich als besonnener Krisenmanager – und findet doch deutliche Worte.

Man kann einen neuen Job auch in ruhigeren Zeiten antreten, als es Stefan Kuster tat. Der 43-jährige Arzt und Infektionsspezialist übernahm am 1. April die Leitung der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Seit 100 Tagen ist Kuster nun als Nachfolger von Daniel Koch der neue Mr. Corona der Schweiz – und fand sich mit sachlicher Argumentation, einem besonnenen Ton und immer wieder positiven Botschaften schnell in seine neue Rolle ein.

Dass die mediale Aufmerksamkeit in den ersten Wochen in Bern voll auf Daniel Koch lag, Kuster trat erst Ende Mai erstmals in seiner neuen Funktion vor die Medien, war hilfreich. Denn was ihn beim BAG erwartete, habe er nicht ahnen können, als er sich für die Stelle bewarb. «Statistisch gesehen kann eine solche Pandemie alle paar Jahrzehnte auftreten. Dass es so schnell kam, hätte ich nicht gedacht», verriet er bei SRF. 

Erklärungen statt Vorwürfe

Zuvor hatte Kuster am Unispital Zürich als leitender Arzt in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene gearbeitet. Freimütig räumt er ein: «Als Spezialist für Infektionskrankheiten würde ich lügen, wenn ich sagen würde, das übe nicht einen besonderen Reiz auf mich aus.»

Nun ist Kuster der «Mann für die zweite Welle», wie ihn die «Neue Zürcher Zeitung» bezeichnet – und hofft, dass genau diese nicht kommen wird. Kuster wird deswegen nicht müde, vor nachlassender Disziplin bei der Umsetzung von Coronaschutzmassnahmen zu warnen.

«Wir haben natürlich die Herausforderung des Präventionsparadoxes: Wenn man etwas gut macht, ist es nicht mehr da – speziell bei diesen Erkrankungen. Und wenn es nicht mehr da ist, nimmt man es nicht mehr wahr», erklärte Kuster. Dass junge Menschen trotz Symptomen feiern gehen, gebe ihm durchaus zu denken. Doch statt Vorwürfe zu erheben, liefert Kuster erstmal Erklärungen: «Wir sind es nicht gewohnt, bei leichten respiratorischen Symptomen gleich zu Hause zu bleiben.»

«Mit Symptomen nicht ausser Haus»

Eine Verhaltensänderung sei allerdings unbedingt nötig, fordert der Infektionsspezialist. Vor allem im Hinblick auf die anstehende Grippesaison im Herbst und Winter sei es wichtig, dass es «gesellschaftlich akzeptiert und gewollt ist, dass man sich mit Symptomen nicht ausser Haus bewegt». 

Dass es bei Entscheidungsfindungen über die wirksamsten Massnahmen immer wieder zu Dissonanzen und kontrovers geführten Diskussionen zwischen Behörden und der wissenschaftlichen Covid-Task-Force kommt, stört Kuster dabei nicht. Im Gegenteil: «Es braucht die verschiedenen Positionen. Und es braucht auch diesen Austausch und manchmal dieses Seilziehen, um die richtige, gesellschaftlich am besten verankerte Lösung zu finden.»

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