Kanton Aargau spricht Verwarnung aus«Mangelhafte Aufsicht» – Autist (18) stirbt in Psychiatrie
alu
5.7.2024
Ein Jugendlicher mit Autismus erlag vor drei Jahren in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden in Windisch AG an Verletzungen, die er sich selbst zugefügt hatte. Der Kanton hat nun eine Verwarnung ausgesprochen.
alu
05.07.2024, 00:00
05.07.2024, 06:38
Andreas Lunghi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein 18-jähriger Autist erlag im Januar 2021 an den Folgen von Selbstverletzung, die er sich mittels Stürze auf den Kopf in einer Aargauer Psychiatrie zuzog.
Die Abteilung Gesundheit des Kantons Aargau spricht nach einem Aufsichtsverfahren gegen die Psychiatrische Dienste Aargau AG eine Verwarnung aus.
Die Beeinträchtigungen des Patienten hätten eine 1:1-Betreuung erfordert – diese Massnahme wurde von der PDAG nicht umgesetzt.
Der 18-Jährige liess sich im Dezember 2020 immer wieder auf den Kopf fallen. Nach mehreren Stürzen fanden ihn Mitarbeitende am 30. Dezember bewusstlos am Boden. Der autistische Jugendliche wurde daraufhin per Rettungshelikopter ins Universitätsspital Zürich geflogen, wo er am 2. Januar 2021 seinen schweren Verletzungen erlag.
Laut der «Aargauer Zeitung» leitete die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach darauf Ermittlungen gegen einen Arzt und eine Ärztin ein und im April 2021 eröffnete das Gesundheitsdepartement des Kantons Aargau ein Aufsichtsverfahren.
Das Verfahren gegen die Psychiatrischen Dienste Aargau AG (PDAG) ist nun abgeschlossen, wie der Kanton am Donnerstagmorgen mitteilte.
Mangelhafte Aufsicht und nicht ergriffene Massnahmen
Das Gesundheitsdepartement spricht gegen die PDAD «wegen mangelhafter Aufsicht beziehungsweise unterlassener Anordnung von weitergehenden notwendigen Massnahmen sowie ungenügender Kontrolle der Medikation/Therapie eine Verwarnung aus».
Gemäss einem Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich hätten die Beeinträchtigungen des Patienten eine 1:1-Betreuung erfordert. Wäre dies nicht möglich gewesen, hätten zwingend andere Massnahmen in Erwägung gezogen werden sollen oder der Patient hätte in eine andere Klinik verlegt werden sollen, wo eine 1:1-Betreuung möglich gewesen wäre, fährt die Abteilung Gesundheit in der Mitteilung fort.
Am Unfalltag gab es laut dem Gutachten keine medizinischen Gründe, weshalb keine Massnahmen hätten ergriffen werden können. Die PDAG habe «an diesem Tag das Selbstgefährdungspotenzial falsch eingeschätzt oder zumindest nicht die notwendigen Schutzmassnahmen ergriffen, um die Selbstverletzungen zu verhindern oder ausreichend zu minimieren».
PDAG muss neues Schutzmassnahmenkonzept erstellen
Die PDAG muss nun innert einer Frist von neun Monaten ein Konzept erstellen, «welches das Vorgehen und die anzuwendenden Schutzmassnahmen bei Patientinnen und Patienten aufzeigt, von denen ein akutes, erhebliches Selbstverletzungsrisiko ausgeht».
Andere erhobene Punkte der Aufsichtsanzeige gegen die PDAG wurden von der Abteilung Gesundheit fallen gelassen. Gemäss der Mitteilung liegen keine Nachweise vor, dass die Behandlung des Patienten bis zum Unfalltag mangelhaft gewesen wäre.
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