Schweizer Modeunternehmen Wird zu wenig verkauft, müssen Mitarbeiter ohne Geld nach Hause

Von Jennifer Furer

6.3.2020

Die Stundenlöhner in Zebra-Modeboutiquen müssen sich einiges gefallen lassen.
Die Stundenlöhner in Zebra-Modeboutiquen müssen sich einiges gefallen lassen.
Bild: PR

Das Schweizer Modeunternehmen Zebra Fashion schickt Stundenlöhner bei mangelndem Umsatz früher nach Hause – ohne diese zu bezahlen. Laut einem Arbeitsrechtsexperten ist dies nicht legal.

«Liebe Zebragirls, ich möchte euch darauf hinweisen, dass die Stundenlöhner nur gebraucht werden dürfen, wenn der Umsatz stimmt. Sollte das nicht der Fall sein, müssen die Stundenlöhner später kommen oder früher nach Hause geschickt werden … Stimmt der Umsatz nicht, entfallen die geplanten Stunden, auch wenn eine Abmachung da war.»

Diese Weisung erreichte die Mitarbeiterinnen von Filialen des Schweizer Modeunternehmens Zebra Fashion kürzlich – das Unternehmen verfügt über Standorte etwa in Zürich-Oerlikon, Uster und Olten. Doch die Bestimmung ist alles andere als arbeitsrechtlich unproblematisch.

Wie Thomas Geiser, Experte für Arbeitsrecht und emeritierter Professor der Hochschule St. Gallen, zu «Bluewin» sagt, ist eine solche Vorgehensweise nur legal, wenn der Stundenlohn den Mitarbeitern für die Zeit, die mit ihnen geplant wurde, bezahlt wird.

«Sinn dieser Massnahme ist es ja, Geld zu sparen»

Mehrere Mitarbeiter bestätigen «Bluewin» aber, dass dies nicht getan werde. «Sinn dieser Massnahme ist es ja, Geld zu sparen», sagt eine Angestellte – sie will aus Angst vor einem Jobverlust anonym bleiben.

Sie sagt weiter, dass die Stundenlöhner in ihrem Vertrag unterschreiben müssten, zu einem solch flexiblen Arbeitseinsatz bereit zu sein. Auch Mitarbeiter, die nicht im Stundenlohn angestellt wurden, müssten unterschreiben, dass sie Stundenlöhner bei fehlendem Umsatz nach Hause schicken würden.

Arbeitsrechtler Geiser sagt dazu: «Wenn Zebra die Stunden nicht zahlen will, verstösst dies klar gegen das Vertragsrecht. Insofern ist es klarerweise illegal.»

Und: Solche Geschäftspraktiken würden von «unseriösen Unternehmen» immer wieder versucht. «Häufig bleibe dies ohne Folgen, weil sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht wehren, sprich den entsprechenden Lohn nicht einfordern und bei Weigerung der Arbeitgeberin, ihn zu bezahlen, den Lohn nicht einklagen», so Geiser. In so einem Fall könne man das Unternehmen auf den entsprechenden Betrag betreiben.

E-Mail-Anfrage bleibt unbeantwortet

Leena Schmitter, Sprecherin der Gewerkschaft Unia, kritisiert die Vorgehensweise von Zebra scharf: «Das unternehmerische Risiko darf nicht auf die Angestellten überwälzt werden.»

Auch am Modell der Stundenlohnarbeit lässt Schmitter kein gutes Haar. «Die Unia kritisiert seit Jahren diese extreme Flexibilität, die von den Mitarbeitenden verlangt wird. Nullstundenverträge gehören abgeschafft.» Betroffene Zebra-Mitarbeitende sollen sich bei der Gewerkschaft melden.

Immer öfter würden Arbeitgeber ihre Angestellten im Stundenlohn anstellen. Das Problem dabei sei, dass die Mitarbeitenden keine wöchentliche oder monatliche Mindestarbeitszeit hätten, und deshalb sei Ende Monat nicht immer gleichviel auf dem Konto.

«Dieses unregelmässige Einkommen hat Folgen, denn die Angestellten können nicht mit einem fixen Einkommen für die Lebenserhaltung rechnen. Das Leben ist schlecht planbar, und es wird zum Balanceakt, Privat- und Berufsleben zu vereinen», so Schmitter.

Von der Kritik und einem möglichen arbeitsrechtlichen Verstoss will die Führungsetage von Zebra nichts wissen. Eine E-Mail-Anfrage von «Bluewin» mit Fragen zur Weisung betreffend Stundenlöhner bleibt unbeantwortet.

Telefonisch lässt der Gründer von Zebra verlauten, dass man keine Stellung zu «Gerüchten» beziehen wolle. Auf das Nachhaken der Journalistin hin hängt der Mann das Telefon auf.

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