Cyclocross Mit dem Velo durch den Schlamm – «Bluewin» bei der Radquer-WM

Von Nicolai Morawitz, Christian Thumshirn und Philipp Dahm

31.1.2020

Am Sonntag wird in Dübendorf vor 20'000 Zuschauern der Weltmeister im Cyclocross ermittelt – nach 25 Jahren macht der Radquer-Zirkus wieder Halt in der Schweiz. Da darf «Bluewin» nicht fehlen.

Als mir mein Kollege etwas von einem Termin zuruft und ich ihm sage, ich stünde zur Verfügung, habe ich bloss irgendetwas wie «Cycle Crossing» verstanden. Zunächst habe ich gar keine Ahnung, was das sein könnte: vielleicht ein Kreuzworträtsel-Club, ein Sammelbecken für radikale Algebra-Anhänger oder ein supermoderner, urbaner Verkehrstrend, der mit der Sicherheit von Fussgängern zu tun hat.

Aber: Mit der «Bluewin»-Videocrew zu arbeiten, macht immer Spass – was kümmern mich also Details wie das Thema, um das es gehen soll? Und so falle ich aus allen Wolken, als ich endlich merke, dass nicht nur von Radquer die Rede ist, sondern auch noch von einer Weltmeisterschaft, die am 2. Februar auf dem Flugplatz in Dübendorf ausgetragen werden soll.

Warum soll ausgerechnet meine Wenigkeit über Cyclocross alias Querfeldeinrennen berichten? Ausdauersport ist nun wirklich nicht meine Sache. Ehrgeizige Menschen sind mir zudem tendenziell suspekt. Und mein Velo besetze ich schon aus Prinzip nicht, wenn es bergauf geht. Doch dann setzt Erkenntnis ein: Ich bin genau das richtige Opfer für die Kollegen, das auch noch «blind» zusagt, um sehenden Auges in den Abgrund zu radeln.

Das kann ja heiter werden.

«Bluewin» mit Biss – ob das aber beim Cyclocross ausreicht?
«Bluewin» mit Biss – ob das aber beim Cyclocross ausreicht?
Bild: Bluewin

Aber es heisst ja auch: Kinder und Betrunkene sagen die Wahrheit! Wer ein Thema mit unbedarftem Blick angeht, geht die Sache unverbraucht an und hat bestenfalls genau jene Fragen auf Lager, die sich eigentlich jeder stellt. Ausserdem steht mir ja noch ein Schweizer Profi zur Seite: Radquer-Veteran Marcel Wildhaber soll dem Bürohengst die Sporen geben. Was soll da noch schiefgehen?

Gut, ein Reifen platzt vielleicht ... – und klar, ich könnte mit dem Kopf im Sand stecken bleiben, bräsig in die Seitenabsperrung brettern oder mich sonst wie derart verrenken, das am Ende nur ein Spitalbesuch mein Velo-Experiment wieder geradebiegen würde. Doch der Termin steht, also Augen zu und durch!

Dübendorf International

Bei unserer Ankunft in Dübendorf herrscht emsiger Betrieb: Zivilschützer bringen letzte Absperrungen an, ein Grüppchen von Polizisten und Ordnern bespricht sich, Bierbuden werden herbeigekarrt. Das Bier soll am Sonntag rund 20'000 Kehlen kühlen, die den Athleten beim Abrackern zujubeln werden.

Die WM-Nationalteams haben jeweils einen kleinen, abgesteckten Platz in einem grossen, offenen Hangar: Amerikaner neben Niederländern, Belgier Rücken an Rücken mit den Tschechen, und natürlich hat sich auch der hiesige Verband Swiss Cycling hier aufgestellt.

Marcel Wildhaber, der mir Radquer-Nachhilfe geben soll, ist in der Branche ein alter Hase, nein, besser: ein alter Fuchs. Der 34-Jährige war schon 13-mal an einer WM und macht das Turnier nun zum letzten Mal mit, weil er ruhiger treten will. 

Schwyzer Coolness

Der Vater zweier kleiner Kinder scheint der ideale Botschafter dieses Sports: ein Schwyzer mit stahlblauen Augen und und humorvollem Blick, der einerseits Gelassenheit ausstrahlt, aber andererseits nicht den Anschein erweckt, als habe er jemals im Leben etwas aufgegeben, weil es zu schwer oder zu unbequem gewesen wäre.

Die Radquer-Clique wirkt wie eine grosse Familie. Wildhaber bestätigt den Eindruck. Fahrer und Teams treffen sich bei den Weltcup-Rennen oder Turnieren immer wieder, erzählt er: Man kenne einander im «Lenker-Lager», ein Hauch internationalen Flairs weht durch Dübendorf.

Wie freundlich und offen dieser Menschenschlag ist, merken wir vor der Haustür vom Team USA: Dessen Chef Ken Whelpdale spricht uns beim Drehen nonchalant an, plaudert dann mit uns. Ich versuche, mein gerade erst von Marcel erworbenes Wissen anzubringen: Belgier und Niederländer seien ja die ganz grossen Favoriten. Ken kontert mit dem Verweis auf die amerikanischen Junior-Damen, bei denen die Lage ganz anders aussehe.

Wie viel kann ein Redaktor ertragen? – Philipp Dahm hat es ausprobiert.
Wie viel kann ein Redaktor ertragen? – Philipp Dahm hat es ausprobiert.
Bild: Bluewin

Platte Erleuchtung

Mir bleibt die Erkenntnis: Wenn man keine Ahnung hat, besser die Klappe halten.

Zumal ich meinen Atem dringend brauche, als Swiss Cycling ein Wettkampf-Velo aufbietet und mir Stützräder anlegt: Mein zugegeben geringes Theoriewissen wird auf dem WM-Kurs in definitiv dreckige Praxis umgesetzt.

Hat Wilhabers Coaching bei einem Sonntagslenker wie mir etwas ausrichten können? Wird der Volketswiler Bürohengst ob der Hürden im Dübendorfer Parcours scheuen und vom Drahtesel abgeworfen? Ist am Ende nicht nur der Humor Probanden platt, sondern vielleicht auch sein Reifen?

Wenn wir alles verrieten, wäre die Luft raus – wir legen dem Leser deshalb das Video ans Herz, das unseren Ausflug dokumentiert.

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