Fragen und Antworten Müssen sich Genesene nur einmal impfen lassen?

Von Gil Bieler

7.5.2021

Für immer breitere Bevölkerungsgruppen zugänglich: Eine Frau lässt sich in Montreux gegen das Coronavirus impfen. 
Für immer breitere Bevölkerungsgruppen zugänglich: Eine Frau lässt sich in Montreux gegen das Coronavirus impfen. 
Bild: Keystone/Laurent Gillieron<

Kanton um Kanton öffnet die Corona-Impfung für die breite Masse – und damit auch für Genesene. Doch für diese Gruppe hat das BAG kürzlich die Empfehlungen angepasst. Ein Überblick, was gilt.

Von Gil Bieler

Mit der Corona-Impfung geht es jetzt vielerorts schnell: Am Mittwochabend gab der Kanton Bern die ersten Impftermine für alle über 18 frei – und trotz technischer Probleme, die das Web-Portal lahmlegten, war in kurzer Zeit alles ausgebucht.

Am heutigen Freitag liess auch der Kanton Zürich erstmals alle Impfgruppen zu, sogar 16-Jährige können sich anmelden. Auch hier war nach wenigen Stunden bereits nichts mehr frei, wie die kantonale Gesundheitsdirektion auf Twitter bekannt gab.

Die Liste der Kantone, die die Corona-Impfung für die breite Bevölkerung zugänglich machen, wird immer länger. Im Zuge dessen kommen jetzt auch viele von einer Covid-Erkrankung genesene Personen an die Reihe. Schliesslich zeigen die Daten des Bundesamts für Gesundheit (BAG), dass sich das Infektionsgeschehen in der zweiten Welle stärker auf die Altersgruppen zwischen 60 und 10 Jahren konzentriert. 

Die laborbestätigten positiven Corona-Tests nach Altersgruppen aufgeschlüsselt.
Die laborbestätigten positiven Corona-Tests nach Altersgruppen aufgeschlüsselt.
Quelle: BAG

Was Genesene beim Impfen beachten müssen, ist aber nicht jedem klar. Das BAG und die Eidgenössische Kommission für Impffragen haben erst Mitte April die Empfehlungen angepasst, was aber wegen der zeitgleich angekündigten Lockerungsschritte etwas unterging. Hier die wichtigsten Punkte in der Übersicht.

Doppelt oder einfach impfen?

Bis anhin wurden Genesene ganz normal geimpft, also mit zwei Dosen. Neu wird für Genesene nur noch eine Impfdosis empfohlen. Der Grund: Das Immunsystem baut schon durch die Infektion einen Schutz auf, wie Studien gezeigt haben. Genesene würden daher schon nach einer Impfdosis eine ähnlich robuste Immunantwort entwickeln wie Personen ohne Erkrankung nach zwei Impfdosen.

Das hat Vorteile für das Tempo der Impfkampagne: «Mit den nicht benötigten zweiten Impfdosen erhalten andere Menschen früheren Zugang zur Impfung», erklärt BAG-Mediensprecherin Masha Foursova auf Anfrage von «blue News».

Kann ich selbst entscheiden?

Ja, heisst es beim BAG: Alle Genesenen dürfen selber wählen, ob sie sich eine Dosis oder zwei Dosen spritzen lassen wollen. Zu beachten ist, dass die Impfempfehlung per 14. April angepasst wurde. All jenen, die sich schon davor angemeldet hatten, wurden daher noch zwei Impftermine zugeteilt. Sie können nun selber entscheiden, ob sie die zweite Impfung erhalten wollen oder nicht.

Wie lange muss ich nach einer Erkrankung warten?

Empfohlen wird neu, dass sich Genesene erst nach sechs statt wie bisher drei Monaten impfen lassen. Der Grund: Studien hätten gezeigt, dass eine symptomatische Erkrankung in der Regel für mindestens sechs Monate vor einer erneuten Infektion schütze.

Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Empfehlung: «Im Allgemeinen kann eine Person geimpft werden, sobald sie keine Symptome mehr zeigt», teilt BAG-Sprecherin Masha Foursova mit.

Wie kann ich eine Erkrankung belegen?

Genesene müssen bei der Erstimpfung ihre Erkrankung nachweisen. Anerkannt werden nur PCR- und Antigentests, die zum Zeitpunkt der Erkrankung gemacht wurden.

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Wieso wird nicht einfach vor der Impfung getestet?

Da viele Corona-Infektionen symptomlos und damit unentdeckt bleiben, stellt sich diese Frage durchaus. Die Science-Taskforce schätzt in seinem neuesten Lagebericht, dass mittlerweile rund 20 Prozent der Bevölkerung Antikörper gegen das Virus gebildet haben.

Um dies vor dem Piks zu erkennen, würde sich ein Antikörpertest anbieten. Doch ist ein solcher in der Impfempfehlung nicht vorgesehen. Begründung: Um gegen Covid-19 geschützt zu sein, müssten genug Gedächtniszellen vorhanden sein. Ein Antikörpertest sei jedoch nur eine Momentaufnahme und sage nichts über die einen anhaltenden Schutz aus.

Was gilt für Risikogruppen?

Besonders gefährdete Personen sollen sich bereits drei Monate nach einer Erkrankung impfen lassen. Hierunter fallen Personen, die an Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Lungen- und Atemwegsbeschwerden, Adipositas oder anderen Erkrankungen leiden.

Für Personen mit einer geschwächten Immunabwehr (immunsuprimiert) gilt die Empfehlung von nur einer Impfdosis nicht; sie sollten sich doppelt impfen lassen, «da allgemein unklar ist, wie gut die Immunantwort und damit der Schutz sowohl nach einer Infektion als auch nach einer Impfung ausfällt».

Wie wird die Impfung bestätigt?

In aller Regel erhält man eine Impfbestätigung in ausgedruckter Form. Zusätzlich kann man sich die Impfung auch im Impfbüchlein eintragen lassen. Das angekündigte einheitliche Covid-Zertifikat, das auch zu Auslandreisen berechtigen soll, will der Bund bis Ende Juni bereitstellen – das gab das BAG am Freitag bekannt.

Und zuletzt: Muss ich mich impfen lassen?

Es bleibt dabei: Die Corona-Impfung ist freiwillig. Zu bedenken ist einzig, dass ohne Covid-Zertifikat Nachteile im Alltag entstehen könnten. Droht zum Beispiel nach einer Normalisierung der Lage erneut eine Überlastung des Gesundheitssystems, will der Bundesrat Massnahmen ergreifen, die nur noch für Personen ohne gültiges Covid-Zertifikat gelten. Sprich: Wer kein Covid-Zertifikat vorweisen kann, muss unter Umständen wieder eine Maske tragen.

Doch ist ein Covid-Zertifikat nicht gleichbedeutend mit einem Impfpass, sondern hält auch einen negativen Test und eine Genesung fest. Als «genesen» gilt man aktuell bis zu drei Monate nach Erkrankung – eine Verlängerung auf sechs Monate ist in Konsultation bei den Kantonen.