Nachlass-RegelungNeue Regeln für das Vererben von KMU-Betrieben sind vom Tisch
SDA, gbi
12.3.2024 - 10:45
Brauchen KMU-Betreiber*innen gesetzliche Erleichterungen, um ihr Geschäft zu vererben? Nein, findet der Ständerat. Er hat das Projekt am Dienstag definitiv versenkt.
Keystone-SDA, SDA, gbi
12.03.2024, 10:45
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Der Ständerat hat sich am Dienstag gegen neue Regeln für das Vererben von KMU-Betrieben gestellt.
Die kleine Parlamentskammer trat gar nicht erst auf die Vorlage ein. Damit ist das Geschäft definitiv vom Tisch.
Eine Minderheit hatte sich von den Änderungen mehr Klarheit bei Streitfällen erhofft.
Eine Mehrheit im Ständerat sah dagegen keinen Handlungsbedarf.
Der Ständerat will nichts wissen von neuen Regeln für das Vererben von KMU-Betrieben. Er hat entsprechende Änderungen des Zivilgesetzbuches zur Erleichterung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge zum zweiten Mal abgelehnt.
Die kleine Kammer folgte am Dienstag mit 25 zu 17 Stimmen und mit einer Enthaltung der vorberatenden Rechtskommission (RK-S) und trat nicht auf die Vorlage ein. Sie bestätigte damit ihren Entscheid vom Sommer 2023. Obwohl der Nationalrat in der Folge auf das Geschäft eingetreten war, ist dieses nun definitiv vom Tisch.
Das Ziel dieser Vorlage war es, die sogenannte Integralzuweisung eines Unternehmens an eine Erbin oder einen Erben zu ermöglichen, wenn der Nachlass vor dem Todesfall nicht geregelt wurde. Die Reform sollte zur höheren Stabilität insbesondere von KMU beitragen und Arbeitsplätze sichern.
Wirken der letzten Reform abwarten
Kommissionssprecher Daniel Fässler (Mitte/AI) wies im Namen einer Mehrheit darauf hin, dass kein Regulierungsbedarf bestehe. In den allermeisten Fällen gehe die Vererbung eines Unternehmens einvernehmlich vonstatten.
Ausserdem war die Mehrheit der Meinung, dass es in der Verantwortung der Unternehmerin oder des Unternehmers liegt, ihre oder seine Nachfolge selbst zu regeln. Sie bezweifelte, dass die Vorlage in strittigen Fällen tatsächlich Rechtssicherheit schaffen würde. Schliesslich würde die vorgeschlagene Regelung zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Erbinnen und Erben führen.
Fässler verwies auf die am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Revision des Erbrechts. Demnach können Erblasser*innen über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Dies führt auch zu einer grösseren Flexibilität bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge und erleichtert dadurch die Übertragung eines Unternehmens auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. «Wir müssen zuerst schauen, wie sich diese Revision auswirkt.»
3400 potenzielle Fälle
Eine Minderheit argumentierte dagegen erfolglos, dass es nicht im Interesse der Wirtschaft sei, wenn ein Unternehmen liquidiert werden müsse, weil die Unternehmensnachfolge bei mehreren potenziellen Erbinnen oder Erben nicht geregelt worden sei. Bei der vorgeschlagenen Regelung handle es sich lediglich um ein Auffangnetz in solchen Fällen.
Ausserdem war die Minderheit der Meinung, dass unter der aktuellen Gesetzgebung der Minderheitenschutz zu stark gewichtet werde. So könne eine einzelne Erbin oder ein einzelner Erbe zum Zeitpunkt des Erbgangs die Liquidation eines Unternehmens erzwingen, was zu Wissens- und Kontinuitätsverlust führe und Arbeitsplätze gefährde.
Jährlich stehen bis zu 16'000 Unternehmen vor der Frage einer Nachfolgeregelung. Schätzungsweise 3400 sind laut dem Bundesrat wegen der erbrechtlichen Regelung potenziell von Finanzierungsproblemen betroffen.
Keine Detailberatung im Plenum
Die Minderheit brachte auch staatspolitische Gründe vor, auf die Vorlage einzutreten. Die Vorlage basiere auf einem Parlamentsentscheid, die Vernehmlassung dazu habe vorwiegend positive Reaktionen hervorgebracht. «Es ist nicht fair, die Diskussion vor der Detailberatung abzublocken», sagte Justizminister Beat Jans.
Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS) hielt entgegen, dass sich die Ständeratskommission im Vorfeld der Debatte sehr wohl mit den Details auseinandergesetzt habe. Im Anschluss daran sei sie aber zum Schluss gekommen, keine befriedigenden Lösungen gefunden zu haben.
«Gewisse Erbfälle enden vor Gericht, das lässt sich mit der Vorlage nicht ändern», so Rieder. Nein zur Vorlage sagten schliesslich die Mehrheit der Mitte- und der FDP-Gruppe im Ständerat sowie die SVP-Ständeratsmitglieder.