«Politischer Krieg» Parlament plant Lockerung des Mieterschutzes

sda/tafu

10.2.2020

Der Mieterschutz soll im Parlament gelockert werden. Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot und der steigenden Mieten kommt das einer «Kriegserklärung» gleich, so der Mieterverband. (Themenbild)
Der Mieterschutz soll im Parlament gelockert werden. Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot und der steigenden Mieten kommt das einer «Kriegserklärung» gleich, so der Mieterverband. (Themenbild)
Bild: Keystone

Im Parlament soll über den Mieterschutz entschieden werden – allerdings zu Gunsten der Hauseigentümer, so scheint es. Der Mieterverband spricht von einer «Kriegserklärung».

Die Wohnungsinitiative ist gescheitert, die Diskussion über hohe Mieten geht weiter. Die aktuellen Pläne des Parlaments sind allerdings nicht zu Gunsten der Mieterinnen und Mieter: In den Räten sind die Hauseigentümer in der Überzahl.

Entschieden ist noch nichts. Derzeit ist zwischen National- und Ständerat ein Seilziehen über das richtige Vorgehen im Gang. Die grosse Kammer hat mehrere Vorstösse angenommen, die den Mieterschutz lockern wollen. So verlangt Olivier Feller (FDP/VD), Generalsekretär des Westschweizer Hauseigentümerverbands, eine neue Methode zur Berechnung der zulässigen Rendite.

Neu soll eine Eigenkapitalrendite von bis zu zwei Prozent über dem Referenzzinssatz zulässig sein. Heute darf die Differenz höchstens 0,5 Prozent betragen. Der Nationalrat hat Fellers Initiative zugestimmt, nun ist der Ständerat am Zug. Dessen vorberatende Kommission hat Fellers Vorstoss jedoch schon einmal abgelehnt.

Beschwerderecht einschränken

In der Realität überschreiten viele Vermieterinnen und Vermieter die maximale Eigenkapitalrendite weit. In Kantonen, wo der Mietzins der Vormieter offengelegt werden muss, werden die neuen Mietzinse daher regelmässig und mit Erfolg angefochten. Die Rechtskommissionen beider Räte wollen nun das Beschwerderecht gegen missbräuchliche Mietzinse beschränken.

Sie haben einer Initiative von Hauseigentümer-Präsident Hans Egloff (SVP/ZH) zugestimmt. Diese verlangt, dass Mietzinse nur dann als missbräuchlich angefochten werden können, wenn Wohnungsmangel herrscht und sich der Mieter wegen einer Notlage zum Vertragsschluss gezwungen sah. Die Nationalratskommission arbeitet nun eine Gesetzesänderung dazu aus.

Ebenfalls angenommen ist eine parlamentarische Initiative von Egloff mit der Forderung, die Kriterien für die Orts- und Quartierüblichkeit von Mietzinsen im Gesetz festzulegen.

Uneinigkeit über Vorgehen

Umstritten sind hingegen zwei Initiativen von Nationalrat Philippe Nantermod (FDP/VS). Mit diesen soll die Anfechtbarkeit von missbräuchlichem Anfangsmietzins und übersetztem Mietertrag auf Märkte mit Wohnungsmangel eingeschränkt werden. Auch hier ist der Ständerat am Zug, nachdem sich der Nationalrat für die Initiativen ausgesprochen hatte.

Die vorberatende Kommission der kleinen Kammer hat bisher die meisten Vorstösse zur Lockerung des Mietrechts abgelehnt, allerdings nicht unbedingt aus inhaltlichen Gründen. Statt punktueller Anpassungen wollte sie das Mietrecht umfassend überarbeiten. Ihre Motion mit diesem Anliegen scheiterte jedoch letzten Sommer im Nationalrat.

«Kriegserklärung»

In welche Richtung die Reise geht, zeigt jedoch das Schicksal mieterfreundlicher Vorstösse. Der ehemalige Neuenburger SP-Ständerat Didier Berberat wollte den Missbrauchsschutz stärken. Seine Initiative zog er aber zu Gunsten der Kommissionsmotion für eine umfassende Mietrechtsrevision zurück. Diese ist inzwischen gescheitert. Eine Motion von Carlo Sommaruga (SP/GE), die die Anfechtung missbräuchlicher Anfangsmietzinse erleichtern sollte, wurde vom Nationalrat abgelehnt.

Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot und der steigenden Mieten in den Städten sorgt das Vorgehen des Parlaments für Zündstoff. Der Mieterinnen- und Mieterverband sprach bereits von einer «Kriegserklärung gegen die Mieterinnen und Mieter», auch im Nationalrat war von einem «politischen Krieg» die Rede.

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