Chaos am Flughafen Zürich Passagiere bedrohen, beleidigen und bespucken Personal

amo

14.7.2022

Das Bodenpersonal auf dem Flughafen Zürich muss zurzeit einiges über sich ergehen lassen. Polizeieinsätze wegen aggressiver Passagiere sind inzwischen an der Tagesordnung. 

amo

14.7.2022

Zurück zur Normalität: Nach der Corona-Pandemie wollen viele Touristen ihre Ferien wieder im Ausland verbringen. Wer mit dem Flugzeug in die Ferne reist, braucht Geduld. Viele Flughäfen in Europa haben mitten in der Hauptreisezeit mit Problemen zu kämpfen.

Ihren Frust lassen Passagiere offenbar häufig am Bodenpersonal aus. Am Flughafen Zürich muss die Polizei inzwischen täglich einschreiten. Das bestätigt Swissport dem «Tages-Anzeiger». Zum Vergleich: Vor der Pandemie sei es im Schnitt zu einem Polizeieinsatz pro Monat gekommen.

Die Polizei muss am Flughafen Zürich vermehrt einschreiten, wenn Passagiere das Bodenpersonal bedrohen. (Archivbild)
Die Polizei muss am Flughafen Zürich vermehrt einschreiten, wenn Passagiere das Bodenpersonal bedrohen. (Archivbild)
KEYSTONE/Ennio Leanza

Passagiere verfolgen einzelne Mitarbeiter

Dabei handle es sich nicht um Bagatellen. Passagiere brüllen das Personal an, beleidigen es und sprechen Drohungen aus, sagt eine Swissport-Sprecherin im «Tages-Anzeiger». Auch zu Spuckattacken auf das Schalterpersonal sei es schon gekommen. Wieder andere hätten gar versucht, über die Abschrankungen in die Schalter zu klettern. Ebenfalls vorgekommen sei, dass Passagiere das Bodenpersonal nach deren Schicht durch die Abflughallen verfolgt hätten. 

Seit letztem Jahr werden Passagiere an den Schaltern mit Stickern darauf hingewiesen, dass das Bedrohen, Beschimpfen sowie Tätlichkeiten gegenüber dem Bodenpersonal strafbar sind. 

Eine Swissport-Angestellte sieht den Grund für solche Ausraster in den immer höheren Ansprüchen der Fluggäste. Vielen würden das Fliegen als eine Art Menschenrecht sehen. Gleichzeitig seien viele Passagiere immer unselbstständiger als früher. Bei einem Problem, wie beispielsweise zu schwerem Gepäck, würden viele nicht von sich aus nach einer Lösung suchen. Man müsse ihnen fast noch beim Umpacken helfen, so die Swissport-Angestellte. 

Frust und Ärger wegen Flugchaos und Pandemie

Dazu komme, dass die Nerven bei vielen Passagieren wegen des aktuellen Flugchaos blank liegen würden. Warteschlangen, Gepäckberge, Personalmangel und Kundenandrang, verspätete und gestrichene Flüge sind an der Tagesordnung. Im Schnitt hob am Flughafen Zürich seit Anfang Juni fast jeder zweite Flug verspätet ab, wie eine Auswertung der Nachrichtenagentur AWP zeigt. Seit Anfang Juni wurden über alle Airlines hinweg 632 von insgesamt 25'030 An- und Abflügen annulliert. 

Bereits während der Corona-Pandemie seien Passagiere vermehrt ausgerastet. Wer nicht alle nötigen Tests oder Impfungen vorweisen konnte, durfte nicht mitfliegen. Den Frust der abgewiesenen Passagiere bekam das Bodenpersonal, das die Dokumente prüfen musste, ebenfalls zu spüren.

Menschen warten am Flughafen Zürich auf ihren Abflug in die Ferien, aufgenommen am Freitag, 8. Juli 2022. 
Menschen warten am Flughafen Zürich auf ihren Abflug in die Ferien, aufgenommen am Freitag, 8. Juli 2022. 
KEYSTONE/Ennio Leanza

Die Stimmung beim Personal am Flughafen Zürich sei seit der Corona-Pandemie sprichwörtlich am Boden, schrieben Gewerkschaften im Juni. Als erste Reaktion auf die Arbeitsbedingungen haben die Angestellten des Bodenabfertigers Swissport ihren Gesamtarbeitsvertrag (GAV) auf Ende 2022 gekündigt. Kampfmassnahmen für bessere Bedingungen werden nicht ausgeschlossen. 

Ein Gepäcksortierer von Swissport am Flughafen Zürich am Dienstag, 12. Juli 2022. 
Ein Gepäcksortierer von Swissport am Flughafen Zürich am Dienstag, 12. Juli 2022. 
KEYSTONE/Alexandra Wey