Presseschau zum Sommaruga-Rückzug «Sie hört mitten in der Energiekrise auf»

twei

2.11.2022

Simonetta Sommaruga tritt nach zwölf Jahren als Bundesrätin Ende Jahr zurück. (Archivbild)
Simonetta Sommaruga tritt nach zwölf Jahren als Bundesrätin Ende Jahr zurück. (Archivbild)
Bild: Keystone/Peter Schneider

Simonetta Sommaruga macht Schluss: Ende des Jahres zieht sich die Bundesrätin von ihrem Posten zurück. Kommentatoren würdigen den Schritt der Politikerin, ziehen aber teils gemischte Politbilanzen.

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2.11.2022

Mit dieser Entscheidung hat Simonetta Sommaruga am Mittwoch viele Politbeobachter überrascht: Am Nachmittag verkündete die Bundesrätin vor versammelten Medien, dass sie ihren Posten zum Ende des Jahres an den Nagel hängt.

Ihr Rückzug hat weniger politische Gründe, stattdessen will sich die 62-Jährige um ihren Mann kümmern. Der 78-jährige Schriftsteller Lukas Hartmann hatte vor einer Woche einen Schlaganfall erlitten.

Zwar habe sich ihr Ehemann mittlerweile gut erholt und werde medizinisch betreut, aber Sommaruga habe dieser Schicksalsschlag nachdenklich gestimmt. «Es ist ein Einschnitt, nach dem ich nicht einfach gleich weitermachen kann wie bisher», machte die Politikerin klar. Nach zwölf Jahren in der Regierung zieht sie deshalb Ende des Jahres einen Schlussstrich: «Es war mir eine Ehre, dem Land zu dienen.»

Sommaruga ändert «Prioritäten»

In der Schweizer Presse schlug der angekündigte Rücktritt hohe Wellen. Der «Tagesanzeiger» schrieb: «Simonetta Sommaruga hat für sich realisiert, dass sie nach dem Schlaganfall ihres Mannes die Prioritäten anders setzen will.» Deshalb stehe Sommaruga nun zu den Konsequenzen.

«Sie, die Unnahbare, ruft uns damit das in Erinnerung, was sie uns während ihrer Amtszeit zeitweilig fast vergessen liess: dass auch Bundesrätinnen und -räte letztlich Menschen sind.» Trotz der politisch schwierigen Zeit, in der sich Sommaruga nun zurückziehe, einem «heiklen Zeitpunkt», gebühre ihr Respekt für die Entscheidung.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat am Mittwoch ihren Rücktritt aus dem Bundesrat auf Ende Jahr bekannt gegeben.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat am Mittwoch ihren Rücktritt aus dem Bundesrat auf Ende Jahr bekannt gegeben.
Bild: Keystone/Peter Schneider

«Sie hört mitten in der Energiekrise auf»

«Watson» mutmasst, Sommaruga wäre wohl noch gerne im Amt geblieben. Ausserdem zog man eine erste politische Zwischenbilanz des Wirkens der Bundesrätin: «Sie hört mitten in einer Energiekrise auf, und auch sonst hinterlässt sie einige Baustellen im Departement Uvek.»

Doch der Schlaganfall Hartmanns habe «alle Pläne über den Haufen geworfen». Auf der Pressekonferenz habe man gemerkt, «wie sehr der Schicksalsschlag ihr zugesetzt hat». Neben der persönlichen Ebene blickt man bei «Watson» über den Tellerrand hinaus: «Für die SP hat der Rücktritt einen angenehmen Nebeneffekt: Sie muss kaum um den Sitz im Bundesrat bangen.»

«Blick»-Politchefin Sermîn Faki bilanzierte derweil über die «zwei geteilte» Amtszeit von Simonetta Sommaruga im Bundesrat: «Nach dem Wechsel ins Uvek ist die Bilanz etwas durchzogen.» Lobenswerten Vorstössen etwa im Bereich Klimaschutz und neue Energien stünden Fehlschläge gegenüber. Die Journalistin befand: «Die grösste Niederlage ist sicher das CO2-Gesetz, das sie verloren hat.»

Schaffen es die Grünen in die Landesregierung?

Die «NZZ» konzentrierte sich auf die Auswirkungen des Rücktritts auf Parteienebene. «Sie legten sich in Nullkommanichts fest: Eine Kampfkandidatur gegen die SP ist kein Thema», schrieb die Zeitung zum Standpunkt der Grünen.

Erstaunlich sei auch Folgendes: »Die Grünen verzichten sogar darauf, noch eine Zeitlang zu pokern, die SP zappeln zu lassen, um ihr das eine oder andere Zugeständnis abzuringen.» Trotzdem bezifferte die «NZZ» die Wahrscheinlichkeit, dass den Grünen der Einzug in die Landesregierung gelingt, «noch nie so gut wie jetzt nach Sommarugas Rücktritt».