Überlastete Pflegekräfte Spital Wetzikon führt die 38-Stunden-Woche ein

24.1.2022

Behandlung eines Covid-Patienten in einem Schweizer Spital: Mit der Pandemie ist die Belastung des Pflegepersonals weiter gestiegen. (Archiv)
Behandlung eines Covid-Patienten in einem Schweizer Spital: Mit der Pandemie ist die Belastung des Pflegepersonals weiter gestiegen. (Archiv)
Bild: Keystone

Die Corona-Pandemie strapaziert vor allem auch das Pflegepersonal, das in Scharen den Job aufgibt. Das Spital Wetzikon setzt der dramatischen Entwicklung jetzt ein Arbeitszeit-Modell entgegen. 

Die Corona-Pandemie hat die Krise in der Pflege noch einmal verschärft. Wegen der Dauerbelastung haben schätzungsweise bis zu 15 Prozent des Personals im Notfall und auf Intensivstationen ihren Job verlassen, berichtet die «Neue Zürcher Zeitung».

Prekär ist die Situation demnach auch im Spital Wetzikon. Hier haben in den beiden vergangenen Jahren sogar 17 Prozent der Belegschaft die IPS und fast 35 Prozent den Notfall verlassen. Zwar hätten sich darunter auch reguläre Pensionierungen befunden, doch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien gegangen, weil sie mit der Arbeitsbelastung nicht mehr klargekommen seien, so die NZZ. 

Bislang habe man den Mangel an Arbeitskräften nur durch temporär Beschäftigte auffangen können, wobei diese das Spital aber bedeutend teurer kommen würden. Das führe zur absurden Situation, «dass das Spital höhere Personalkosten hat, obwohl viele Stellen nicht besetzt sind».

Gleicher Lohn bei 10 Prozent weniger Arbeitszeit

Auf die Problematik reagiert das Spital nun mit einer Kürzung der Arbeitszeit im Pflegebereich. Es reduziert die Arbeitszeit von Pflegefachpersonen, die regelmässig im Drei-Schicht-System tätig sind. Betroffen von der Arbeitszeitverkürzung sind etwa 350 Angestellte.



Ab Juni 2022 wird die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichbleibendem Grundlohn um 10 Prozent auf 37,8 Stunden (bei einem 100-Prozent-Pensum) gesenkt, teilt das GZO Spital Wetzikon mit. Für die betroffenen Personen bedeutet das aufs ganze Jahr umgeschlagen, dass sie 24 Tage weniger zur Arbeit gehen müssen, rechnet die NZZ vor.

Es geht auch darum, Pflegefachkräfte zurückzuholen

Die Abstimmung über die Pflegeinitiative im November 2021 habe deutlich gemacht, wie gross die Belastung durch die Arbeit im Schichtbetrieb für Pflegende sei, heisst es in der Mitteilung des Spitals weiter. Der CEO der Einrichtung Matthias P. Spielmann führt auf Anfrage der NZZ dazu aus, die Arbeit in der Nacht sei nicht mehr attraktiv, und die Wochenenden seien unbeliebt. «Das alte Modell ist langsam ein Auslaufmodell. Dennoch müssen wir einen Betrieb rund um die Uhr sicherstellen», sagt er.

Die Verkürzung der Arbeitszeit im GZO Spital Wetzikon ist vorerst bis Ende 2023 befristet. Dies im Hinblick auf die Umsetzung der angenommenen Pflegeinitiative. Der Bundesrat hat angekündigt, diese in zwei Etappen umsetzen zu wollen.

Ob das Experiment zuletzt aber tatsächlich aufgeht, darüber ist sich auch Spielmann nicht sicher: «Das hängt auch davon ab, ob wir es schaffen, Pflegefachkräfte in den Beruf zurückzuholen», sagte er der NZZ.

Spitäler kämpfen mit Corona-Verlusten

Die Spitäler kämpfen zurzeit zudem an einer weiteren Front mit den Negativfolgen der Pandemie.  Weil der Bund sich bislang nicht an den Einnahmeausfällen beteiligen will, hat nun auch der Kanton Zürich entschieden, eine Standesinitiative zu den Covid-Ausfällen einzureichen.

Die Zürcher Spitäler sitzen aktuell auf einem Finanzloch von rund 150 Millionen Franken, weil sie während des ersten Lockdowns im Frühling 2020 rund 2000 Betten freihalten mussten und gleichzeitig coronabedingte Mehrausgaben hatten, etwa für Schutzmaterial.

uri mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA