Neue Omikron-Varianten Steigen die Fallzahlen im Sommer wieder stark an?

Von Gabriela Beck

6.5.2022

WHO: 13,3 bis 16,6 Millionen Corona-Tote bis Ende 2021

WHO: 13,3 bis 16,6 Millionen Corona-Tote bis Ende 2021

Die Corona-Pandemie hat nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation bis Ende 2021 weltweit zu 13,3 bis 16,6 Millionen direkten und indirekten Todesfällen geführt. Der Mittelwert ist fast das Dreifache der Zahl der Todesfälle, die bisher offiziell bekannt wurden.

05.05.2022

In Südafrika lassen die neuen Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 die Infektionszahlen rasant ansteigen. Auch in der Schweiz sind sie bereits angekommen. Was bedeutet das für den Sommer?

Von Gabriela Beck

6.5.2022

In der Schweiz sinken die Corona-Fallzahlen seit einigen Wochen. Doch nun sind in Zürich und Genf zwei neue Omikron-Varianten aufgetaucht, die offenbar noch ansteckender sind als ihre Vorgänger. Machen die Subtypen BA.4 und BA.5 die Hoffnung auf einen entspannten Sommer zunichte?

Wann sind die neuen Varianten entdeckt worden?

Anfang April meldete Tulio de Oliveira, Leiter eines der grössten Sequenzierlabore Südafrikas an der Universität von Durban, den Nachweis zweier neuer Omikron-Subtypen: BA.4 und BA.5.

Letzten Freitag veröffentlichten die südafrikanischen Forscher um den Genetiker und Bioinformatiker in einem Preprint erste Erkenntnisse darüber. Demnach haben die neuen Varianten in Südafrika ihren Vorgänger BA.2, der aktuell auch in Europa dominant ist, rasend schnell verdrängt. Sie machen nun mehr als die Hälfte aller neuen Fälle aus und lassen die Inzidenz in Südafrika rasant steigen.

Was unterscheidet BA.4 und BA.5 von ihren Vorgängern?

In ihrem Erbgut tragen die neuen Subtypen eine Mutation, die bereits von der Delta-Variante bekannt ist und die allem Anschein nach zu den schwereren Krankheitsverläufen bei Infektionen mit Delta beiträgt, wie Tierversuche zeigen. Ob es auch bei den beiden neuen Subtypen zu schwereren Verläufen kommen könnte, ist noch nicht erwiesen. Weitere Erbgutveränderungen deuten darauf hin, dass BA.4 und BA.5 der Immunantwort – der Reaktion des Immunsystems auf Krankheitserreger – möglicherweise noch besser ausweichen können als die bisherigen Omikron-Varianten BA.1 und BA.2. Das heisst: Die neuen Subtypen können sich wahrscheinlich zumindest in Teilen der Immunabwehr, die der Körper durch Impfung oder Infektion gebildet hat, entziehen und trotzdem Zellen befallen. Allerdings gibt es dazu noch keine Antikörper-Studien, die genauere Ergebnisse liefern würden.

Wie gefährlich sind die neuen Varianten?

BA.4 und BA.5 gelten als deutlich ansteckender als andere Omikron-Subtypen. Zwar steigen die Infektionszahlen und auch die Hospitalisationen in Südafrika, die Todeszahlen aber bisher nicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat beide Virustypen als «besorgniserregend» eingestuft.

Wie gut wirkt der Impfschutz gegenüber BA.4 und BA.5?

Wie es um die Impfstoffe, die für den ursprünglichen Wildtypus des Virus konzipiert wurden, in Bezug auf BA.4 und BA.5 steht, ist nicht klar. Es ist allerdings bekannt, dass die Impfstoffe gegenüber Omikron weniger gut wirken als gegen die zuvor vorherrschende Delta-Variante. Zwar wollten die Hersteller schon Ende des letzten Jahres einen auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff auf den Markt bringen, doch das ist bis heute nicht geschehen.

Corona: Die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 gelten als besonders infektiös.
Corona: Die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 gelten als besonders infektiös.
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Sind Genesene vor einer Infektion mit den neuen Subtypen geschützt?

Über die Wirkung vorheriger Infektionen ist nicht viel bekannt. «Die Studien zu Omikron BA.4 und BA.5 legen nahe, dass die vorherigen Omikron-Infektionen keinen oder wenig Schutz vor Ansteckung geben könnten», warnte Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter. «Ich mache mir, was BA.4 und BA.5 betrifft, nicht allzu viele Sorgen», sagt dagegen Covid-Experte de Oliveira dem «Spiegel». Die BA.2-Welle dürfte seiner Meinung nach für eine gute Immunität auch gegen die neuen Omikron-Subtypen sorgen. Manuel Battegay, Chefarzt der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am Universitätsspital Basel gibt im «Tages-Anzeiger» eine ähnliche Einschätzung für die Schweiz ab.

Werden die Fallzahlen in der Schweiz im Sommer wieder steigen?

Mit Voraussagen tun sich die Wissenschaftler*innen schwer. «Das Virus hat uns noch jedes Mal überrascht», sagt de Oliveira in dem Spiegel-Artikel. Cambridge-Professor und Omikron-Experte Ravindra Gupta warnt vor schnellen Gewissheiten. Dafür sei es zu früh, das Virus befinde sich noch mitten in seiner Evolutionsphase. Und auch Epidemiologin Emma Hodcroft von der Universität Bern mag keine Prognose abgeben: «Es ist ein bisschen so, als würde man den sonnigsten Sommer aller Zeiten vorhersagen. Man weiss erst, ob man richtig lag, wenn er vorbei ist.»