«Nicht befriedigend» Überfordert der Veloboom die Schweizer Städte?

twei

27.7.2020

Immer mehr Schweizer nutzen während der Coronakrise ihr Velo – wie hier beim Urban Bike Festival 2019 in Zürich. 
Immer mehr Schweizer nutzen während der Coronakrise ihr Velo – wie hier beim Urban Bike Festival 2019 in Zürich. 
Bild: Keystone

Seit dem Beginn der Coronapandemie sind immer mehr Schweizer mit dem Velo unterwegs. Doch vor allem Deutschschweizer Städte passen ihre Verkehrsregimes kaum daran an, wie der Dachverband Pro Velo kritisiert.

Velofahren ist dank der Bewegung an der frischen Luft nicht nur gesund, sondern erspart auch das Tragen einer Maske – anders als im öffentlichen Verkehr. Das dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass immer mehr Schweizer mit dem Velo unterwegs sind. Einer Studie der ETH Zürich zufolge hat die Zahl an Velofahrenden in der Coronakrise um 70 Prozent zugenommen. Aber sind die Schweizer Städte auf diesen Veloboom vorbereitet?

Gegenüber SRF hat der Dachverband Pro Velo diese Frage nun verneint. Die Rahmenbedingungen für Velofahrer seien in zahlreichen Schweizer Städten «bei Weitem noch nicht befriedigend», wie Juerg Haener von Pro Velo Schweiz kritisierte – was auch eine Umfrage des VCS untermauert: Demnach fühlt sich ein Grossteil der Velofahrer im Strassenverkehr nicht sicher. Gerade Städte wie Luzern, Basel oder Zürich hätten die Chance verstreichen lassen, während der Coronakrise in der Veloinfrastruktur nachzubessern, merkte Haener an.



«Anstatt etwas für den Veloverkehr zu machen, waren die Schlagzeilen eher negativ. Mit gesperrten Velorouten entlang der Seeanlage, oder mit Umleitungen, die man fahren musste», pflichtet die Geschäftsführerin von Pro Velo Zürich, Yvonne Ehrensberger, bei. Ausserdem fügte sie hinzu, schon das Einrichten von Velowegen als Übergangslösung hätte in zahlreichen europäischen Städten zu einer Verbesserung der Situation beigetragen.

Romandie als Vorbild in Sachen Veloinfrastruktur

Kritik, die man bei der Stadt Zürich nicht nachvollziehen kann. Pio Sulzer, Sprecher des städtischen Tiefbauamtes, befürchtet sogar: «Nach dem Ende der Coronakrise hätten wir solche Sofortmassnahmen, die am Gesetz vorbei aufgemalt werden, wieder rückgängig machen müssen.» Der Berner Verkehrsplaner Jürgen Messmann sieht zudem die Veloinfrastruktur in Bern auf einem sehr guten Weg. Man sei «unabhängig von Corona sehr ambitioniert unterwegs», wie Messmann urteilte.



Wie es anders hätte gehen können, machen Genf und Lausanne vor. In der Romandie wurde schnell auf die neuen Bedürfnisse von Velofahrern reagiert – unter anderem mit der Einrichtung neuer Velostreifen und speziellen, geschwindigkeitsbeschränkten Zonen. Immerhin: Mit dem Veloweggesetz sieht Pro Velo einen Schritt in die richtige Richtung. «Die Stossrichtung des Veloweggesetzes stimmt, doch der Bund muss noch einen Gang höher schalten», urteilte Pro Velo-Präsident Matthias Aebischer.

Wo in der Schweiz die Voraussetzungen für eine Velotour besonders gut sind, verrät ein Übersichtsportal des Schweizer Verkehrsclubs VCS.

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