Aargauer Sektion sagt Ja zu Covid-Gesetz «Es ist ein Signal, dass in der SVP-Elite keine Einheit herrscht»

Von Lukas Meyer

28.10.2021

Der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati hat eine hohe Glaubwürdigkeit – und stellt sich in der Abstimmung über die Revision des Covid-19-Gesetzes gegen seine Partei.
Der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati hat eine hohe Glaubwürdigkeit – und stellt sich in der Abstimmung über die Revision des Covid-19-Gesetzes gegen seine Partei.
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Die SVP des Kantons Aargau sagt Ja zur Revision des Covid-19-Gesetzes. Was bedeutet das für den Abstimmungskampf und die Partei? Politologe Lukas Golder ordnet ein.

Von Lukas Meyer

28.10.2021

Mit 48 zu 47 Stimmen sagt die SVP des Kantons Aargau Ja zur Revision des Covid-19-Gesetzes. Der Entscheidung vorausgegangen war eine lange Debatte. Für das Gesetz traten der kantonale Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati und Gemeindepolitiker ein, dagegen sprachen Kantonalpräsident Andreas Glarner und Martina Bircher, seine Kollegin aus dem Nationalrat.

«Es ist ein Signal, dass in der SVP-Elite keine Einheit herrscht», sagt Politologe Lukas Golder, Co-Leiter von gfs.bern. Die nationale Partei habe zwar eine klare Haltung, aber im Aargau konnte Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati die Gründe für seine abweichende Haltung überzeugend präsentieren. «Er hat ein Profil mit Ecken und Kanten und eine hohe Glaubwürdigkeit.»



Auch in Zürich und Bern vertreten die SVP-Gesundheitsdirektoren eine andere Haltung in der Corona-Politik als die nationale Partei. «Man sieht, dass solche Verantwortungsträger näher an der Bundespolitik sind und sich eher für Massnahmen aussprechen, die die Freiheit einschränken», so Golder.

Natalie Rickli und Pierre-Alain Schnegg hätten zudem wie Gallati ein klares Profil und eine hohe Glaubwürdigkeit bei SVP-Anhängern: «Vor ihrer Wahl in die Exekutive waren sie keine moderaten Vertreter der Partei, weshalb sie auch niemand als ‹halbe Regierungsräte› bezeichnen würde.»

«Meinungen sind konstant»

Golder rechnet aber nicht damit, dass der Aargauer Entscheid breite Kreise zieht in der SVP-Anhängerschaft. «Im Vergleich zur ersten Abstimmung über das Covid-19-Gesetz sind die Meinungen in der Bevölkerung konstant, daran wird sich auf beiden Seiten voraussichtlich nicht viel ändern.» Im Aargau könnten einige SVP-Wähler nun umschwenken, insgesamt sei die Haltung im Milieu der SVP aber gefestigt kritisch gegen das Gesetz.



Doch es zeige sich ein Problem, das die Partei unabhängig von ihrem Formstand habe: «Der SVP fällt es leichter, Opposition zu machen als Regierungsarbeit.» In dieser Rolle fühle sie sich auch wohler, sie sei grundsätzlich wenig präsent in Regierungen und oft nicht beteiligt an Lösungen.

Allgemein gesehen profitiere die SVP momentan von der Polarisierung und Verhärtung. «Viele Leute sind verärgert, vor allem auf der konservativen Seite – das hilft der SVP immer.» Doch bei einem so zentralen Thema eine fundamentale Opposition zu machen und gleichzeitig doppelt im Bundesrat vertreten zu sein, sei heikel.

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