Schweiz-UmfrageHast du auch das Gefühl in einer intoleranten Gesellschaft zu leben?
tgab
1.9.2024 - 17:30
Toleranz ist für einen Grossteil der Schweizer Bevölkerung grundsätzlich ein wichtiger Wert. Aber was genau damit gemeint ist, darüber gehen die Meinungen auseinander – zwischen Frauen und Männern und je nach parteipolitischer Ausrichtung.
tgab
01.09.2024, 17:30
01.09.2024, 17:32
SDA
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Frauen und Linke verstehen unter Toleranz etwas anderes als Männer und Rechte.
Vor allem eine andere politische Haltung halten viele schlecht aus.
Junge Frauen finden Toleranz am wichtigsten, akzeptieren andere politische Haltungen aber am wenigsten.
Frauen solidarisieren sich eher mit Personen diverser Geschlechtsidentitäten, wohingegen Männer sich eher angegriffen fühlen.
Frauen und Linke verstehen unter Toleranz etwas anderes als Männer und Rechte. Das zeigt eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sotomo. Den einen geht es dabei in erster Linie um Minderheiten, die anderen beziehen Toleranz vor allem auf Meinungsfreiheit.
Wobei die Studie allen Lagern ein «einseitiges Toleranzverständnis» attestiert. Das heisst: Offenheit wird nur den eigenen Themen gegenüber gefordert. Dabei bezeichnen sich 73 Prozent der Befragten als tolerant bis sehr tolerant, haben aber nicht das Gefühl, in einer toleranten Gesellschaft zu leben. In der Studie heisst es dazu: « Entweder wird die eigene Toleranz überschätzt oder diejenige der Mitmenschen gründlich unterschätzt.»
Vor allem eine andere politische Haltung halten viele schlecht aus. Nur 60 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass «ein respektvoller politischer Diskurs trotz aller ideologischer Unterschiede möglich » sein müsse. 40 Prozent wollen also gar nicht über Politik diskutieren. Und das in einem politischen System, das auf Kompromisse ausgelegt ist.
Junge Frauen beklagen Intoleranz
Ausgerechnet junge Frauen zwischen 18 und 35 Jahren haben am wenigsten Interesse daran, sich mit Andersdenkenden auseinanderzusetzen, zeigt die Studie. Dabei ist es genau diese Gruppe, die sich am meisten an Intoleranz stört. 53 Prozent von ihnen gaben an, dass sie wöchentlich diskriminierende Erfahrungen machen. Bei den jungen Männern sind es 43 Prozent.
Intoleranz erfahren junge Frauen eher weniger im öffentlichen Raum – hier berichten eher die Männer von Intoleranz – sondern eher im Freundes- und Familienkreis oder bei der Arbeit. Ein Grund könnte sein, dass sich Frauen öfter erklären müssten, etwa wenn sie kinderlos bleiben wollen oder als Mütter in Vollzeit arbeiten.
Eine Frage des Geschlechts
Besonders deutlich ist die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern bei der Frage der Toleranz gegenüber anderen sexuellen Orientierungen und Geschlechteridentitäten. Während Frauen diese beiden Themen mit 66 Prozent respektive 50 Prozent als sehr wichtig erachten, sind es bei den Männern nur 49 respektive 32 Prozent. Frauen solidarisieren sich eher mit Personen diverser Geschlechtsidentitäten, wohingegen Männer sich eher angegriffen fühlen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der parteipolitischen Aufschlüsselung der Antworten: Eine grosse Mehrheit der befragten SP- und Grüne-Sympathisierenden bezeichnet die Toleranz gegenüber anderen sexuellen Orientierungen (rund 85 Prozent) und anderen Geschlechteridentitäten (rund 70 Prozent) als wichtig, bei der SVP hingegen sind nur gerade 33 respektive 14 Prozent dieser Meinung.
Für die Studie wurden zwischen dem 14. und 27. Mai insgesamt 3528 Personen in der deutschen und französischen Schweiz befragt und die Antworten durch Sotomo gewichtet.