Verbindung «Beta Theta Pi» Tödliches Aufnahmeritual: 18 Studenten in den USA vor Gericht

jfk

21.8.2018

Das geschlossene Haus der US-Studentenverbindung «Beta Theta Pi» (ΒΘΠ) an der Penn State University, in dem sich infolge eines Aufnahmerituals ein Todesfall ereignete. (Archiv)
Das geschlossene Haus der US-Studentenverbindung «Beta Theta Pi» (ΒΘΠ) an der Penn State University, in dem sich infolge eines Aufnahmerituals ein Todesfall ereignete. (Archiv)
Bild:  Keystone/Gene J. Puskar

Timothy Piazza hatte 3,7 Promille Alkohol im Blut. Er starb an einem Milzriss und einer Schädelverletzung. Der 19-Jährige wurde in einer US-Studentenverbindung abgefüllt und dann sich selbst überlassen. 18 an dem Aufnahmeritus beteiligte Studenten müssen sich vor Gericht verantworten.

Überwachungskameras haben das fatale Geschehen im Haus der 1839 gegründeten Studentenverbindung «Beta Theta Pi» (ΒΘΠ) an der Penn State University in der Gemeinde State College aufgezeichnet. Sie zeigen schonungslos das Trinkgelage, das Fehlverhalten der Verbindungsbrüder und deren viel zu späte und unangemessene Reaktionen auf den Zustand ihres im Sterben liegenden Kommilitonen.

Evelyn (rechts) und Jim Piazza trauern um ihren Sohn Timothy, der nur 19 Jahre alt wurde. (Archiv)
Evelyn (rechts) und Jim Piazza trauern um ihren Sohn Timothy, der nur 19 Jahre alt wurde. (Archiv)
Keystone/Abby Drey

Der Student der Ingenieurwissenschaften wird am 2. Februar 2017 als angehendes Mitglied der traditionsreichen ΒΘΠ-Verbindung einem Aufnahmeritual namens «The Gauntlet» (deutsch: Spiessrutenlauf) unterzogen, wie die USA Today schrieb. Der junge Mann aus Lebanon, New Jersey, muss in kurzer Zeit eine grosse Menge an Bier, Wein und Wodka trinken, im Magazin Stern ist von 18 alkoholischen Getränken in zwei Stunden die Rede.

Gegen 23 Uhr stürzt der betrunkene Piazza schwer auf der Kellertreppe und kommt mit dem Gesicht auf, wie Mitglieder der Verbindung später der Polizei berichteten. Sie schleifen ihn auf ein Sofa und versuchen unter anderem mit Schlägen, den Bewusstlosen wachzubekommen. Niemand holt Hilfe. Zwischenzeitlich kommt Piazza zu sich, doch er kann sich nicht auf den Beinen halten, stürzt mehrfach. Irgendwann wird er sich selbst überlassen.

Verbindung wird an der Penn State University aufgelöst

Erst in den Morgenstunden kümmern sich die anderen jungen Männer wieder um den blassen, flach atmenden und blutverschmierten Piazza. Es vergehen weitere 40 Minuten, bis sie sich durchringen, den Notarzt zu rufen. Die Hilfe kommt zu spät: Der Student wird am Morgen des 4. Februar um 1.20 Uhr im Spital für tot erklärt. Er starb an einer Milzruptur, einem Schädel-Hirn-Trauma und einer kollabierten Lunge.

Es folgt einer der grössten Strafverfolgungsaktionen der US-Geschichte in Zusammenhang mit «Hazing» (im französischen Sprachraum «Bizutage» genannt). Unter diesem Begriff werden im Englischen die teils verbotenen Aufnahmezeremonien zusammengefasst. Die «Beta Theta Pi»-Verbindung wird auf diesem Campus aufgelöst, das Verbindungshaus geschlossen. 18 Studenten müssen sich vor Gericht verantworten, acht wegen fahrlässiger Tötung, zehn weitere wegen Straftaten wie Verabreichung von Alkohol an Minderjährige, rücksichtsloser Gefährdung und Verfälschung von Beweismitteln.

Ryan B. (links), einer der an dem Vorfall beteiligten Verbindungsbrüder, plädierte bei den Voranhörungen auf Schuldig. (Archiv)
Ryan B. (links), einer der an dem Vorfall beteiligten Verbindungsbrüder, plädierte bei den Voranhörungen auf Schuldig. (Archiv)
Keystone/Abby Drey

Bei der insgesamt dritten Voranhörung der Beschuldigten am heutigen Dienstag (21. August) geht es darum, ob der Fall zur Verhandlung am Landgericht («County Court») kommt. Einer der Beklagten, Ryan B. (21), bekannte sich bereits im Juni 2018 für schuldig und wurde zu drei Monaten Hausarrest sowie mehreren  Geldzahlungen verurteilt. Auch die Politik reagierte auf das tödliche Gelage und erliess im US-Bundesstaat Pennsylvania ein eigenes Gesetz namens «Timothy J. Piazza Anti-Hazing Law», das Aufnahmerituale mit Schäden für die Beteiligten unter empfindliche Strafen stellt.

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