Die belgische Justiz hat den Angriff eines Mannes auf Polizistinnen und einen Passanten in Lüttich als «terroristische Morde» eingestuft. Untersuchungsrichterin Wenke Roggen sagte am Mittwoch, der Fall werde wegen des Vorgehens des Täters als Terrorismus betrachtet. Er habe mehrmals «Allahu Akbar» gerufen, als er am Dienstag drei seiner Opfer getötet habe. Die Behörden prüften, ob sein Vorgehen die Tat eines Einzelnen war.
Der Angreifer hatte laut Polizei zwei Polizistinnen von hinten mit einem Messer attackiert, ihnen die Dienstwaffen gestohlen und sie dann damit erschossen. Danach tötete er einen 22-Jährigen in einem auf der anderen Straßenseite geparkten Auto, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde. Das Vorgehen des Mannes entspreche Video-Aufrufen der Terrormiliz Islamischer Staat, Polizeibeamte mit Messern anzugreifen und ihre Waffen zu stehlen, sagte Roggen.
Weiteren Mord schon am Montagabend begangen
Der belgische Innenminister Jan Jambon teilte mit, der Täter habe schon am Montagabend einen früheren Häftling erschlagen, der gemeinsam mit ihm im Gefängnis gesessen hatte. «Er hat auch am Abend zuvor einen Mord begangen», befand Jambon im Sender RTL. Bei seiner Tat soll der Attentäter explizit die Polizei ins Visier genommen haben. «Das Ziel des Angreifers war, die Polizei zu treffen», sagte Polizeichef Christian Beaupère.
Bei dem Angreifer handelt es sich um einen 36-jährigen Belgier, der für zwei Tage auf Freigang gewesen war. Er nahm laut Jambon am Dienstag außerdem eine Frau als Geisel. Diese habe den Täter möglicherweise beruhigt und dafür gesorgt, dass es keine weiteren Todesopfer gegeben habe.
«Sie war sehr mutig und hat vielleicht - das müssen wir aber überprüfen - dabei geholfen, weitere Opfer in der Schule zu vermeiden», sagte Jambon. Er, Ministerpräsident Charles Michel und König Philippe statteten der Frau im Krankenhaus einen Besuch ab. Sie wurde dort wegen eines Schocks behandelt.
«Isolierter Fall»
Jambon sagte weiter, bei den Ermittlungen werde unter anderem überprüft, unter welchen Umständen er auf Freigang geschickt worden sei. «Es ist wirklich ein isolierter Fall», sagte er. «Er hat keinem Netzwerk angehört, er hat von niemand anderem Instruktionen erhalten, es gibt also keinen Bedarf, die Terrorwarnstufe zu erhöhen.»
Der Terroralarm in Belgien blieb somit auf Warnstufe zwei. Die höchste Stufe vier war nach den Terroranschlägen vom 22. März 2016 kurzzeitig ausgerufen worden. Damals waren am Flughafen von Brüssel und in der U-Bahn der Stadt insgesamt 32 Menschen von Terroristen getötet worden.
Die Behörden beschrieben den Täter von Lüttich als Gefängnisinsassen, der wegen Diebstahl, Drogendelikten und Übergriffen vorbestraft gewesen sei. Justizminister Koen Geens sagte, es handele sich um einen seit 2003 inhaftierten Wiederholungstäter. Er hätte in zwei Jahren entlassen werden sollen.
Nicht auf Liste der Terrorabwehr zu finden
Ministerpräsident Michel sagte, der Täter sei indirekt in Behördenberichten über Radikalisierung aufgetaucht. Sein Name habe aber nicht auf einer Liste der Terrorabwehr gestanden. Auch Geens sagte, der Täter sei niemand gewesen, den man eindeutig als radikalisiert hätte bezeichnen können.
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