Von Doppelherrschaft und zwei Machtzentren im Vatikan war die Rede, als Benedikt XVI. das Papstamt überraschend niederlegte. Fünf Jahre später sind Fragezeichen einigen Fakten gewichen.
Für einige war es glasklar. Sitzen zwei Päpste im Vatikan, wird es eine Doppelherrschaft geben. Ein Papst, der offiziell an der Spitze von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken weltweit steht, und ein Gegenpapst, der im Hintergrund die Strippen zieht. Der Rücktritt von Benedikt XVI. vor fünf Jahren war auch deshalb so spektakulär, weil niemand wusste, was er nach seinem Abtritt für eine Rolle im Kirchenstaat spielen würde.
Als habe er Spekulationen von vorneherein abwehren wollen, versprach der deutsche Papst am 28. Februar 2013 - kurz bevor er im Helikopter begleitet von Glockengeläut Rom entflog - seinem Nachfolger «bedingungslose Ehrerbietung und meinen bedingungslosen Gehorsam». Das habe Benedikt «in tiefem Glauben und in tiefer Ehrfurcht» gesagt, bekräftigte damals Privatsekretär Georg Gänswein. Und doch gab es Menschen, die erwarteten, dass der konservative Joseph Ratzinger die Bemühungen von Franziskus um Reformen und mehr Offenheit hintertreiben könnte.
Fünf Jahre später heisst es über das Verhältnis der beiden Päpste, es sei von Anfang an trotz Unterschieden im Charisma und Temperament von «Höflichkeit und brüderlicher Gemeinschaft» geprägt gewesen, wie etwa Benedikt-Biograf Elio Guerriero schildert. «Sie haben Respekt voreinander», sagt Benjamin Leven vom theologischen Fachverlag Herder. Beide hätten als Päpste polarisiert, wenn auch in gegensätzliche Richtungen. Benedikt, der fleissige Theologe, «der Bayern und Bücher liebt» (Guerriero). Franziskus, der spontane Charismatiker, der die Kirche umbauen will.
Der erste freiwillige Rücktritt eines Papstes seit mehr als 700 Jahren warf nicht nur Fragen um die Rollenverteilung im Vatikan auf, er machte auch eine direkte Stabübergabe möglich. Gerade zu Beginn des Pontifikats von Franziskus gab es häufiger Treffen zwischen dem neuen und dem alten Papst, bei denen es etwa um Ernennungen ging, wie aus Guerrieros Benedikt-Biografie hervorgeht.
«Geschenk einer wunderbaren, väterlich-brüderlichen Beziehung»
Franziskus sagte einmal über seinen Vorgänger, dieser sei für ihn wie ein «weiser Grosvater» in der Nachbarschaft. Und Benedikt zeigt sich dankbar für das «Geschenk einer wunderbaren, väterlich-brüderlichen Beziehung», das der Argentinier ihm gemacht habe.
Der heute 90-Jährige liess sich aber auch bei einigen Ereignissen des Pontifikats seines Nachfolgers blicken. Er war dabei, als Franziskus 2014 und 2015 neue Kardinäle ernannte. Auch zur Heiligsprechung von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. sowie zur Feier zur Seligsprechung von Paul VI. kam der emeritierte Papst, stets ging es herzlich zu. Das letzte gemeinsame öffentliche Auftreten war im Dezember 2015, als der Argentinier mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom das Heilige Jahr einläutete.
Seit seinem Rücktritt lebt Ratzinger im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. Dort empfängt er noch immer Besucher - und dort informiert er sich über die Geschehnisse im Vatikan. Wie ein Bindeglied zwischen den beiden Päpsten steht Gänswein, der seit fünf Jahren zwei Herren dient: Benedikt nach wie vor als Privatsekretär, Franziskus als Präfekt des Päpstlichen Hauses.
Ratzingers Bruder Georg versicherte einst, Benedikt habe sein Amt abgegeben und wolle seinem Nachfolger nicht in den Rücken fallen. Und auch der emeritierte Papst selbst sagte: «Ich versuche, so still zu sein wie nur möglich». Allen Versicherungen zum Trotz gab es immer wieder Anlass für neue Spekulationen darum, wie weit Benedikt im Ruhestand doch noch mitmischt im Vatikan: Wenn er einen Text publizierte, werteten einige dies als Kommentar zur kirchenpolitischen Diskussion. Legte er Schriften neu auf, hiess es, Benedikt mische sich ein.
Keine zwei Machtzentren
Zuletzt sorgte ein von Gänswein verlesenes Grusswort bei der Beerdigung von Kardinal Joachim Meisner für Wirbel. Darin schrieb der 90-Jährige, «dass der Herr seine Kirche nicht verlässt, auch wenn manchmal das Boot schon fast zum Kentern angefüllt ist». Klare Kritik an Papst Franziskus?
«Zwar äussert sich der emeritierte Papst hier und da, aber das ist, was das Papstamt angeht, alles völlig unproblematisch», sagt Pater Bernd Hagenkord, publizistischer Leiter von Vatikan News. Seines Erachtens ist in den vergangenen fünf Jahren «ziemlich klar» geworden, dass es keine zwei Machtzentren im Vatikan gebe.
Vielmehr versuchten einige Personen, Benedikt für ihren Widerstand gegen Franziskus und seinen Modernisierungskurs zu instrumentalisieren. «Es gibt immer wieder Leute, die sich franziskuskritisch auf Benedikt berufen, Papst Franziskus sei kein Theologe, verstehe das alles nicht, mache kaputt anstatt zu bewahren und so weiter», sagt Hagenkord. «Aber das bezieht sich auf einen Papst Benedikt, der in Verklärung existiert. Man muss auch bei Papst Benedikt genauer hinschauen.»
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Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
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