Coronavirus Sorge vor Pandemie: Chinesen sollen nicht mehr ins Ausland reisen

dpa/toko

28.1.2020

Gesperrter Bahnhof in Wuhan: Die chinesische Millionenmetropole steht praktisch unter Quarantäne. 
Gesperrter Bahnhof in Wuhan: Die chinesische Millionenmetropole steht praktisch unter Quarantäne. 
Source: -/Thepaper/AP/dpa

Die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus in China steigt rasant. Schon 106 Patienten sind gestorben. Die Angst vor einer weltweiten Ausbreitung wächst – wieder gibt es drastische Massnahmen.

Mit Reisebeschränkungen für seine Staatsbürger will China auch global eine Ausbreitung der neuartigen Lungenkrankheit verhindern. Die Zahl der Infizierten in der Volksrepublik stieg bis Dienstag innerhalb eines Tages wieder sprunghaft um rund 1700 auf mehr als 4500.

An der Krankheit starben weitere 24 Menschen. Damit stieg die Gesamtzahl der Todesfälle auf 106. Um die völlig überforderten Krankenhäuser in der schwer betroffenen zentralchinesischen Provinz Hubei zu entlasten, wurden Tausende medizinische Kräfte dorthin geschickt.

Auch weltweit steigt die Zahl der Patienten. Rund 60 Nachweise wurden bisher unter anderem aus den USA, Japan, Südkorea, Kanada, Thailand und Australien gemeldet. Während die Erkrankten im Ausland vorher meist in China waren, wurde wie in Deutschland auch in Japan und in Taiwan erstmals ein Fall bekannt, bei der die Infektion direkt im eigenen Land passiert sein muss.

Der erkrankte japanische Busfahrer habe Anfang des Monats zwei Gruppen chinesischer Touristen aus der besonders betroffenen Stadt Wuhan gefahren, gab Gesundheitsminister Katsunobu Kato bekannt. In Taiwan steckte sich ein um die 50 Jahre alter Mann bei seiner Frau an, nachdem diese aus Wuhan zurückgekehrt war, wie die zuständige Behörde CECC am Dienstag mitteilte.

Aus Angst vor einer weltweiten Ausbreitung empfahl die Regierung in Peking am Dienstag allen Chinesen, von Auslandsreisen vorerst abzusehen. «Wenn keine besondere Notwendigkeit besteht, wird empfohlen, den Zeitpunkt der Reise zu verschieben», mahnte Chinas Verwaltung für die Einreise und Ausreise. Hongkong will seine Grenze zur Volksrepublik weitgehend dichtmachen. Alle Zug- und Fährverbindungen werden von Donnerstag um Mitternacht an gekappt.

In Zusammenarbeit mit Chinas Behörden werden alle Individualreisen chinesischer Staatsbürger nach Hongkong ausgesetzt. Zuvor hatte Peking bereits alle Pauschalreisen ins Ausland gestoppt. Die chinesische Sonderverwaltungsregion halbiert zudem die Zahl der Flüge aus China. In Hongkong gibt es acht Infektionen. Auch Taiwan, wo es sieben Fälle gibt, hat Einreisebeschränkungen für Chinesen erlassen.

Ausser dem ersten Fall in Deutschland, bei dem sich ein Deutscher bei einer chinesischen Besucherin angesteckt hat, sind in Europa bisher in Frankreich drei Infektionen mit dem Virus bestätigt.

Länder holen ihre Bürger zurück

Die EU-Kommission will im Kampf gegen die Ausbreitung des neuen Coronavirus ein koordiniertes Vorgehen aller EU-Länder bei der Überwachung von Einreisen. Denkbar sei auch gegenseitige Hilfe über den europäischen Katastrophenschutz-Mechanismus, zum Beispiel für die Rückholung von EU-Bürgern aus China, hiess es am Dienstag nach einer Sitzung des Ausschusses für Gesundheitssicherheit in Brüssel.

Wegen der Lungenkrankheit wollen immer mehr Länder ihre Staatsangehörigen aus der schwer betroffenen Metropole Wuhan zurückholen – so etwa Grossbritannien und Belgien, Japan, Frankreich und die USA. Auch die deutsche Bundesregierung bereitet einen Evakuierungsflug vor, um ausreisewillige Deutsche aus Wuhan auszufliegen. Ein genauer Zeitpunkt stand Dienstag noch nicht fest. Unter den rund 90 Deutschen in Wuhan kursierte die offiziell unbestätigte Information, dass am Freitag ein deutsches Flugzeug dafür kommen könnte.

Aus Japan sollte ein erstes Charterflug schon Dienstagnacht aufbrechen. Es soll rund 200 Japaner nach Tokio zurückbringen. Tokio plant weitere Flüge, da rund 650 Japaner aus Wuhan in ihre Heimat zurück wollten. Auch Südkorea schickt am Freitag vier Charter-Flüge nach Wuhan, teilte die Regierung mit. Etwa 700 Südkoreaner warteten darauf, ausgeflogen zu werden. Nach ihrer Ankunft sollen die Betroffenen in staatlichen Einrichtungen zur Beobachtung isoliert werden.

WHO-Chef warnt vor Überreaktionen

Nach einem Treffen mit Chinas Aussenminister Wang Yi in Peking warnte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, nach offiziellen chinesischen Angaben vor Überreaktionen. Die WHO sei zuversichtlich, dass die chinesische Regierung die Epidemie unter Kontrolle bringe, zitierte ihn das Aussenministeriums.

China hatte in den vergangenen Tagen drastische Massnahmen ergriffen: In der Provinz Hubei wurden 45 Millionen Menschen in mehr als einem Dutzend Städten weitgehend von der Aussenwelt abgeschottet. Flüge sowie Fern- und Nahverkehr wurden gestoppt. Auch andere Regionen haben den Überlandverkehr von Bussen und einige Zugverbindungen gestrichen. Die Regierung verlängerte zudem die Ferien über das laufende Neujahrsfest hinaus.

Zur Behandlung der Lungenkranken haben Chinas Behörden inzwischen fast 6000 Ärzte und Pfleger aus dem ganzen Land in die Provinz Hubei entsandt. Mehr als 2700 Infektionen sind in der 58 Millionen Einwohner zählenden Provinz bestätigt, deren Hauptstadt Wuhan ist. 100 Menschen sind allein in Hubei gestorben. Das Virus ist inzwischen in fast allen Provinzen und Regionen Chinas aufgetaucht.


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