Uhu begeistert New YorkerDiese Liebesgeschichte beginnt mit einer Straftat
Von Jake Offenhartz, AP
5.2.2024
Uhu Flaco ist vor einem Jahr aus dem Central Park Zoo geflohen – und fühlt sich in der Stadtlandschaft Manhattans pudelwohl.
David Lei/David Lei/AP
Flaco hat eine treue Fangemeinde in und um Manhattan. Seit einem Jahr zeigt der Uhu sich in Parks, auf Hinterhöfen und auch schon mal am Fenster – nachdem er in einer nächtlichen Aktion aus dem Zoo freikam.
Von Jake Offenhartz, AP
05.02.2024, 00:00
AP/tgab
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Vor rund einem Jahr wurde Uhu Flaco aus einem Zoo in New York befreit.
Experten gaben ihm kaum Überlebenschancen in der Stadtwildnis Manhattans.
Doch der Vogel findet sich überraschend gut zurecht. Inzwischen hat er viele Fans unter den New Yorkern.
Im Schutz der Dunkelheit überwand der Täter oder die Täterin einen Zaun am Central Park Zoo und drang in den Tiergarten ein. Dort schnitt er oder sie ein Loch in den Käfig von Flaco, einem majestätischen Uhu. Der Vogel, der 13 Jahre zuvor als Jungtier in den Zoo gekommen war, liess sich nicht lange bitten. Er flog in die Freiheit, blinzelte noch Fussgängern und der Polizei auf der Fifth Avenue zu und entschwand in die Nacht. Seitdem zeigt sich Flaco immer wieder in der Stadt – und wird von vielen New Yorkern heiss geliebt.
Tagsüber lungert der Uhu in Innenhöfen und Parks in Manhattan, auch auf Feuerleitern lässt er sich gern nieder. In den Nächten wird er auf Wassertürmen gesichtet oder macht Jagd auf Ratten, von denen es in New York eine ganze Menge gibt.
Zur Überraschung vieler Experten geht es Flaco in der städtischen Wildnis offenbar prächtig. Der Greifvogel mit einer Flügelspannweite von fast zwei Metern hat unter Beweis gestellt, dass er über Fähigkeiten verfügt, von denen so mancher dachte, dass er sie in seinem Leben in Gefangenschaft nicht entwickelt hätte. Flaco erkundet auch neue Stadtteile und taucht immer wieder unerwartet an Fenstern auf.
Experten haben mit seinem Tod gerechnet
Er habe am Anfang als sicherer Verlierer gegolten, sagt die Vogelexpertin Jacqueline Emery. «Die Leute haben nicht damit gerechnet, dass er überlebt.» Emery gehört zu jenen, die die täglichen Bewegungen des Uhus verfolgen, dokumentieren und sie online mit seinen Fans teilen. «Die New Yorker fühlen sich besonders mit ihm verbunden, weil er so zäh ist», sagt die Flaco-Bewundererin.
Während Flacos zweites Jahr im Rampenlicht beginnt, gerät seine kriminelle Befreiung fast in Vergessenheit. Es sieht nicht so aus, als ob die Straftat je aufgeklärt wird. Sollte es Bilder von Überwachungskameras geben, so wurden diese zumindest nicht an die Öffentlichkeit übermittelt. Und bereits im Februar des vergangenen Jahres wurden die Bemühungen, Flaco in den Zoo zurückzubringen, eingestellt.
In Ermangelung offizieller Informationen blühen die Spekulationen. War es ein Streich von Jugendlichen? Oder ein missglückter Versuch, den Vogel zu stehlen? Für die meisten aber ist am wahrscheinlichsten, dass Aktivisten hinter dem Eindringen in den Zoo stehen und dass Flaco aus seinem kleinen Gehege, kaum doppelt so breit wie seine ausgebreiteten Flügel, befreit werden sollte.
Aus viel zu kleinem Gehege beffreit
«Es würde mich nicht überraschen, wenn es jemand war, der Flaco liebte und ihn befreien wollte», sagt Nicole Barrantes von der Tierschutzorganisation World Animal Protection. «Sein Gehege war lächerlich. Es war das Traurigste überhaupt.»
Einbrüche zur Befreiung von Tieren aus Käfigen und Gehegen kommen immer wieder vor. Publik gemacht werden sie in den USA oft von der anonymen Online-Datenbank «North American Animal Liberation Press Office» (etwa: Nordamerikanisches Tierbefreiungspressebüro). Es habe sich niemand gemeldet, der die Verantwortung für Flacos Befreiung übernommen habe, sagt Jerry Vlasak, Sprecher der Gruppe. «Wir habe nie eine Erklärung erhalten. Aber wir sind auf jeden Fall froh, dass es passiert ist.»
Der Zoo betont indes, dass die Aktion eine kriminelle Handlung war und bleibe, die die Sicherheit des Vogels gefährdet habe. Die Aktivitäten und das Wohlbefinden von Flaco würden weiterhin beobachtet, und der Zoo sei bereit, einzugreifen, wenn der Uhu Anzeichen von Problemen oder Not zeige.
Vergiftete Beutetiere als Gefahr
Denn trotz seiner guten Jagdfähigkeiten ist Flaco in der Stadt vielen Risiken ausgesetzt. So könnte ihm seine Beute zur Gefahr werden, wenn er eine vergiftete Ratte erwischt. 2021 liess Eule Barry, die sich im Central Park grosser Beliebtheit erfreute, ihr Leben, weil sie geschwächt von einem Lastwagen erwischt wurde. Der Vogel hatte offenbar Rattengift mit seiner Beute aufgenommen.
Flaco habe gute Instinkte bewiesen, sagt Suzanne Shoemaker vom Owl-Moon-Zentrum in Maryland, das sich um die Rehabilitation von Wildtieren kümmert. Doch er habe bisher auch Glück gehabt. «Die Gefahren sind allesamt noch vorhanden», warnt sie.
Derweil bleibt der Uhu ein Liebling der New Yorker Vogelfreunde. «Für mich ist Flaco der Volksheld», sagt David Barrett, einer der engagiertesten Beobachter des Vogels und Betreiber eines Accounts, mit dem der Aufenthaltsort Flacos auf der Plattform X in Echtzeit dokumentiert wird. «Es ist doch eine erstaunliche Sache: Er lebt sein ganzes Leben in Gefangenschaft und bringt sich dann innerhalb von ein paar Tagen selbst das Fliegen und die Rattenjagd bei.»
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