Flugzeug-Abstürze Flog die Boeing 737 Max 8 zu schnell?

tjb

25.3.2019

Eine Boeing 737 Max 8 der Southwest Airlines im Landeanflug auf Flughafen von Houston. 
Eine Boeing 737 Max 8 der Southwest Airlines im Landeanflug auf Flughafen von Houston. 
Yi-Chin Lee/Houston Chronicle/AP/Archiv

Die Untersuchung der Boeing-737-Max-Abstürze läuft noch. Doch meldet sich nun ein Experte mit einer neuen Theorie zu Wort. 

Nach dem Absturz zweier Maschinen des Typs Boeing 737 Max 8 suchen die Ermittler weiter nach dem Grund für die Unglücke. Nun taucht eine neue Theorie auf, wie es zum Crash der ersten Maschine – Lion-Air Flug JT610 – gekommen sein könnte. Sie stammt von Björn Fehm, Autor der US-Luftfahrtwebsite Leeham News und einstiger schwedischer Kampfpilot.

Gefürchteter Blowback

Fehm vermutet in einem Beitrag auf seiner Website, dass die Lion-Air-Maschine letztlich zu schnell unterwegs gewesen sei und sich darum nicht mehr habe steuern lassen. Seine Erkenntnis stützt er auf Daten, die die Untersuchungsbehörden veröffentlicht haben. Das Phänomen ist in der Luftfahrtbranche unter dem Begriff Blowback, zu deutsch Rückstoss, bekannt.

Startverbote für Boeing 737 Max nach zweitem Absturz

Der Blowback kommt zustande, wenn eine Maschine in tieferen Luftschichten zu viel Geschwindigkeit aufnimmt. In Höhen bis rund 1'500 Meter herrscht ein hoher Luftdruck, wie der «Spiegel» in einem Artikel zum Thema schreibt. Wird ein Jet in dieser Luftschicht zu schnell, drückt die Luft mit einer solchen Kraft auf das Höhenruder, dass es nicht mehr genug Kraft hat, um gegen die Strömung anzukommen. Als Folge davon verlieren die Piloten die Kontrolle über den Flieger.



Seine Analyse stützt Fehm auf die Daten zu Flughöhe und Geschwindigkeit der Lion-Air-Maschine in den Momenten vor dem Absturz. Demnach lieferte ein Sensor, der den Anstellwinkel der Tragflächen misst, falsche Daten. Diese führen dazu, dass sich das vielzitierte MCAS-System einschaltet, das den Jet eigentlich aus einer gefährlichen Lage herausmanövrieren soll. Dazu drückt es die Nase des Flugzeugs nach unten, um einen Strömungsabriss zu verhindern – obwohl ein solcher eigentlich gar nicht droht.

Absturzursache fehlt noch

Die Piloten beider Unglücksflüge haben versucht, gegen die falschen Steuerbefehle des Autopilots anzukämpfen und das Flugzeug wieder nach oben zu ziehen. Zugleich erhöhten sie die Geschwindigkeit, um dem angeblich drohenden Strömungsabriss entgegenzuwirken. Der Zwischenbericht zum Absturz in Indonesien lässt eine solche Geschwindigkeitssteigerung erkennen. Letztlich sei die Maschine so schnell geworden, analysiert Fehm, dass ein Blowback beim Höhenruder möglich geworden sei.

Die Behörden untersuchen derweil beide Abstürze weiter, zu keinem der Unglücke liegt bisher ein abschliessender Bericht mit der Unfallursache vor. Die These Fehms liefert aber weitere Anhaltspunkte, weshalb es zum Absturz zweier recht neuer Flugzeuge vom Typ Boering 737 Max 8 gekommen sein könnte.

Massive Planänderungen bei Boeing

Auch der Bericht der «New York Times» zum Thema schlägt Wellen. Die «NYT» deutet an, dass der Konkurrenzkampf von Boeing mit Airbus massive Konsequenzen auf die Entwicklung des 737-Max-Jets gehabt habe. «Sie (die Bosse bei Boeing) wollten nicht einfach zusehen, wie Airbus den Markt stiehlt», zitiert die «NYT» den ehemaligen Boeing-Ingenieur Mike Renzelmann. In der Folge habe Boeing die Entwicklung eines neuen Passagier-Flugzeuges zurückgestellt und die 737 zu modernisieren bevorzugt.

All dem, so die «New York Times», habe ein Anruf des Vorstandschefs der US-Fluggesellschaft American Airlines, Gerard Arpey, beim damaligen Boeing-Boss James McNerney Jr. zugrundegelegen. Arpey habe 2011 kurz davor gestanden, Hunderte Jets vom Typ A320neo bei der europäischen Konkurrenz Airbus zu ordern. Für Boeing soll das Telefonat so etwas wie die letzte Chance gewesen sein, selbst ein Angebot zu machen. Dies geschah dann auch.

Es heisst, Staatsanwälte ermittelten bereits, ob die Entwicklung der Max so schnell vorangetrieben worden sei, dass Boeing kritische Sicherheits-Risiken übersehen und etwa die Notwendigkeit des Pilotentrainings heruntergespielt habe. Die Entwicklung eines gänzlich neues Fliegers wird gemeinhin auf zehn Jahre veranschlagt. 

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