Ermittler zweifeln Schiffbrüchige gibt Rätsel auf: Ist die Britin gestürzt oder gesprungen? 

jfk/afp/dpa

28.8.2018

Eine britische Urlauberin gab an, in der Adria von einem Kreuzfahrtschiff gefallen zu sein. Sie überlebte eine ganz Nacht auf der Meeresoberfläche. Kroatische und italienische Ermittler ziehen ihre Version in Zweifel.

Ein Sprecher des kroatischen Verteidigungsministeriums sagte am 20. August, die Touristin habe angegeben, «vom Heck» des Kreuzfahrtschiffs «Norwegian Star» gefallen zu sein. Das Schiff hatte zuvor den Hafen von Pula auf der kroatischen Halbinsel Istrien verlassen und war auf dem Weg nach Venedig (Bluewin berichtete).

Die Küstenwache fand die Urlauberin rund 1,3 Kilometer entfernt von dem Ort, in dem sie ins Wasser fiel: Kay Longstaff wurde nach zehn Stunden im Meer treibend gerettet. Die 46-Jährige soll jedoch entgegen ihrer Angaben absichtlich aus rund 23 Metern Höhe gesprungen sein. Dies sagten mithilfe von Fotos der Überwachungskameras der Daily Mail zufolge sowohl kroatische als auch italienische Ermittler aus. 

«Sie schien nicht nervös zu sein»

Die Bilder zeigten demnach, wie die Frau auf dem siebten Deck des Schiffs stand und ihre Handtasche auf einen Tisch legte. Dann habe sie angefangen, sich auszuziehen. «Sie schien nicht nervös zu sein. Es machte alles einen eher abgeklärten Eindruck. Sie hielt für einige Augenblicke inne, dann sprang sie auf sehr entschlossene Weise - was sie davor bewahrte, auf die Schiffswand zu prallen oder vom Schiffsmotor angesaugt zu werden», sagte ein Ermittler der «Daily Mail». 

Es ist unklar, wann der Alarm ausgelöst wurde, aber schliesslich wendete das Schiff, um nach der Überbordgegangenen zu suchen. Die Suchaktion begann am 19. August um 2.17 Uhr. Laut Verteidigungsministerium hatten die Rettungskräfte anhand der Winde und Strömungen berechnet, wo in der Adria sich Longstaff befinden könnte. Am Sonntagvormittag um 9.40 Uhr sichtete die Besatzung des Schiffs «Cavtat» die Britin im Meer, Rettungsschwimmer brachten sie an Bord.

«Unvergleichliches Gefühl»

Im Hafen von Pula verliess Longstaff das Schiff der Küstenwache und wurde in ein Spital gebracht.Fotos zeigten, wie Longstaff in Begleitung von Rettungskräften an Land ging und dabei lachte. Die blonde Frau trug Jeans-Shorts und ein über dem Bauch zusammengeknotetes T-Shirt und lief ohne Hilfe. Der Kapitän des Schiffes, Lovro Oreskovic, zeigte sich erleichtert: «Wir haben ein Menschenleben gerettet», sagte er laut einer Mitteilung auf der Website des Ministeriums. «Das ist ein unvergleichliches Gefühl.»

Einem Besatzungsmitglied der an der Rettungsaktion beteiligten Patrouillenboote sagte Longstaff, dass ihre Kraft nicht mehr lange gereicht hätte. Aufgrund regelmässigen Yogatrainings sei sie fit genug gewesen, lange genug auf dem Rücken im Wasser treibend auszuharren. Was die Frau zu ihrer Tat trieb, so sie denn absichtlich gesprungen ist, bleibt unklar. Passagiere des Kreuzfahrtschiffes berichteten, sie sei betrunken gewesen sei, als sie über Bord ging. Zuvor sei sie mit ihrer Familie und Freunden in Streit geraten.

Bergungskosten im sechsstelligen Bereich

Inzwischen ist die unversehrt gebliebene britische Expatriatin mit ihrem Partner Craig Rayment zurück im spanischen Torrequebrada an der Costa del Sol. Für die Bergungskosten im sechsstelligen Bereich muss die gelernte Stewardess der «Daily Mail» zufolge wohl nicht aufkommen.

Ob sie unabsichtlich über die Reling fiel, in einer alkoholbedingten Kurzschlussreaktion handelte, wirklich Selbstmord begehen oder ein Hilfesignal aussenden wollte, wird wohl das Geheimnis von Longstaff bleiben. Die Gerettete ist an einer weiteren Aufklärung nicht interessiert, und den Kreuzfahrtgesellschaften als vermeintlich sorgenfreien Wellnessoasen ist an vertieften Diskussionen über derartige Vorfälle auf ihren Luxusschiffen auch nicht unbedingt gelegen.

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