0:8 gegen die Schweiz Kims Cheerleader: Der Blickfang bei Olympia-Auftakt von Team Korea

dpa/sda

11.2.2018

Sportlich geht der Olympia-Auftakt für die gesamtkoreanische Eishockey-Mannschaft der Frauen daneben. Denkwürdig war ihr Match gegen die Schweiz dennoch. Dafür sorgen auch etwa 200 Cheerleader aus Nordkorea und hoher Besuch aus Pjöngjang.

Das als historisch angekündigte Match fand auf dem Eis des Kwandong Hockey Centres statt. Doch auf den Rängen stahl die «Truppe der Schönen» und höchster, zuvor nie gesehener Besuch den süd- und nordkoreanischen Eishockey-Spielerinnen die Schau. Für Stimmung beim ersten Spiel des gemeinsamen Olympia-Teams gegen die Schweiz sorgte die Jubelgruppe junger Frauen aus Nordkorea mit ihren minuziös einstudierten Gesängen, Anfeuerungsrufen und Bewegungen.

Neben der Ehrentribüne drängelten sich Südkoreaner, um mit ihren Handys die einflussreiche Schwester von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu fotografieren. Die 30-jährige Kim Yo Jong und das 90 Jahre alte protokollarische Staatsoberhaupt Kim Yong Nam sassen neben IOC-Präsident Thomas Bach. Beide unterstrichen wie der ebenfalls gekommene südkoreanische Präsident Moon Jae In mit ihrem Besuch die Bedeutung der Partie und nährten die Hoffnung auf eine Annäherung.

Nordkorea, Kim und der Sport

Annäherung nur eine Farce?

Der letzte innerkoreanische Gipfel liegt zehn Jahre zurück. Südkoreas Präsident Moon, der sich seit Langem für Verhandlungen mit Pjöngjang einsetzt, reagierte zurückhaltend auf die Einladung: Zunächst müssten die «passenden Voraussetzungen» für ein solches Treffen geschaffen werden. Moon verlange von Nordkorea, sich ernsthaft um einen Dialog mit den USA zu bemühen.

US-Vizepräsident Mike Pence sprach von einer «Propaganda-Farce» aus Nordkorea. «Die Welt darf nicht die Augen verschliessen vor der Unterdrückung und den Drohungen des Kim-Regimes», schrieb er im Onlinedienst Twitter.

Dass die USA und ihr südkoreanischer Verbündeter in der Nordkorea-Frage uneins sein könnten, bestritt Pence: Die USA, Südkorea und Japan seien sich einig, dass Pjöngjang weiterhin wirtschaftlich und politisch isoliert werden müsse, bis das Land sein Raketen- und Atomprogramm aufgebe.

Beobachter halten die diplomatische Initiative für einen Versuch des isolierten Nordkorea, die internationalen Sanktionen abzumildern und das Bündnis zwischen Seoul und Washington zu schwächen.

Der Korea-Experte Robert Kelly von der Universität Pusan glaubt jedoch nicht, dass Moon das Bündnis mit Washington zugunsten einer Annäherung mit Nordkorea gefährden werde. Moon werde sich schwerlich von «Lippenstift-Diplomatie» beeindrucken lassen, schrieb Kelly auf Twitter: «Er ist ein Liberaler, aber kein Idiot oder Verräter.»

«Wir sind eins!»

Dass die erste gesamtkoreanische Olympia-Mannschaft in einer Sportart am Samstag mit 0:8 (0:3, 0:3, 0:2) unterging, tat der Stimmung auf den Rängen keinen grossen Abbruch. Nicht nur die Südkoreaner feuerten das kurzfristig für die Winterspiele in Pyeongchang zusammengestellte Team Korea immer wieder lautstark an.

Auch die Besucherinnen aus Nordkorea - Frauen von Anfang oder Mitte 20 - sangen als Kontrast zum übrigen Unterhaltungsprogramm mit amerikanischem Flair und südkoreanischem Rap bis zum Schluss ihre Lieder. «Wir sind eins!», riefen sie nach dem Match in der mit 3600 Zuschauern überraschend nicht ausverkauften Halle und winkten immer wieder mit einer kleinen Vereinigungsflagge. Diese zeigt die koreanische Halbinsel in blau auf weissem Hintergrund.

Die Nordkoreanerinnen, die in vier Blöcken verteilt sassen, trugen einheitlich rote Sportkleidung und rot-weisse Mützen. An beiden Seiten sassen ernste, schweigsame männliche Betreuer in rot-weissen Mänteln. Als das Spektakel auf und neben dem Eis vorbei war, verliessen die Frauen lächelnd hinter ihren Aufpassern wieder die Halle.

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Kims Cheerleader sind keine Unbekannten

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un schickte die Cheerleader kurz vor Beginn der Spiele nach Südkorea, wo sich ähnliche Anfeuerungsgruppen aus dem Norden schon bei früheren Grossveranstaltungen der Aufmerksamkeit der Medien sicher sein konnten. Auch beim parallel stattfindenden Shorttrack jubelten Nordkoreanerinnen am Samstagabend Läufern aus Nord und Süd zu.

Die Entsendung der Fangruppe, eines grossen Orchesters und eines Taekwondo-Showteams gilt als Geste der isolierten kommunistischen Regierung in Nordkorea, die seit Anfang des Jahres betriebene Annäherung an Südkorea fortsetzen zu wollen. Kritiker sehen darin aber auch den Versuch Pjöngjangs, die Olympia-Zusammenarbeit mit Südkorea zu Propagandazwecken ausnutzen zu wollen.

Am Ende des Spiels sprachen Bach und die Ehrengäste den eher betrübt wirkenden 23 Spielerinnen aus beiden Teilen der Halbinsel von der Bank aus minutenlang Mut zu. Moon habe ihnen gesagt, dass sie gut gekämpft hätten, sagte ein Sprecher des Organisationskomitees. «Sie haben alles gegeben, und morgen werden Sie die volle Bedeutung von allem hier verstehen», wurde der Präsident zitiert. Viele Spielerinnen verneigten sich, auch vor Kims Schwester.

Verlieren mit Ansage

Dabei waren nicht alle Südkoreaner glücklich mit der Fusion, weil auch bisher gesetzte Spielerinnen ihren Platz im Stammkader verloren. Trainerin Sarah Murray fürchtete zunächst auch Probleme, bezeichnet die Stimmung intern inzwischen aber als «fantastisch». Sportlich ist Koreas Eishockey-Team krasser Aussenseiter. «Wir sind an unseren Nerven gescheitert», räumte Murray auch angesichts der historisch aufgeladenen Bedeutung der Partie ein.

Am Montag geht es weiter gegen starke Schwedinnen. Trainerin Murray sieht die Chance, etwas gutzumachen: «Das passiert nicht noch mal, und wir freuen uns auf das Spiel», sagte sie trotz des herben 0:8. Dann wird auch wieder die Jubelgruppe aus dem Norden dabei sein.

Die Enttäuschung der Fans war eh nicht gross. «Kämpft weiter», rief der Südkoreaner Yoo Jin Hoo wie viele andere den Spielerinnen zu. Yoo kam mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern aus der Nachbarprovinz Gyeonggi, um Zeuge des Spektakels zu sein. «Unser Team mag zwar verlieren, doch freuen wir uns über die Atmosphäre. Ich denke, das ist eine Inspiration für die Wiedervereinigung», sagte Yoo.

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