Skandalkomiker Louis C.K. in Basel – ein Tabubruch nach dem anderen

Von Lukas Ruettimann

27.11.2019

Begleitet von Protesten ist Louis C.K. in der Schweiz aufgetreten. Wer dachte, der US-Komiker würde sich nach seinem #Metoo-Skandal geläutert zeigen, sah sich getäuscht.

Und dann setzte er wieder sein mildes Lächeln auf, blickte gutmütig in die prall gefüllten Reihen im Basler Kongresszentrum und sagte mit sanfter Stimme: «Keine Sorge, Leute, ihr habt es bald überstanden. Ihr macht das grossartig bis jetzt».

Sekunden zuvor hatte Louis C.K. die Anwesenden mit der Frage konfrontiert, ob sie sich auch schon gefragt hätten, mit wie vielen Typen ihre Mutter gevögelt hat. «Ich meine nicht nur schwarze Schwänze, sondern alle. Wie viele hat deine Mutter wohl gehabt? Im Lebenslauf wird das gern verschwiegen – da springt man vom Schulabschluss lieber gleich zur Hochzeit.»

Um Missverständnissen vorzubeugen: Das war einer der harmloseren Witze, die der US-Komiker an diesem Abend brachte. Denn der Tabubruch ist bei Louis C.K. Programm. Schwarze, Frauen, Senioren, Behinderte, Schwule, Juden, Moslems, Christen, Franzosen, Polen, Mexikaner, Veganer, Terroristen, Ärzte, Hündeler, der liebe Gott – alles und jeder bekommt beim Amerikaner jüdisch-mexikanischer Abstammung sein Fett weg; nichts ist für ihn «off limits». Fast schien es, als würde er eine Checkliste mit Tabuthemen führen, die er mit Akribie und Leidenschaft in den Dreck zog – nur um das Ganze im nächsten Moment mit gespielter Demut («das war nicht so gemeint») abzufedern.

Alerta, alerta, Antisexista!

Die gekonnte Dynamik zwischen Provokation und Zugänglichkeit, Anarchie und Milde ist es wohl auch, die Louis Székely (so C.K. bürgerlich) zeitweise zu einem der begehrtesten Stand-Up-Comedians der Welt machte. Brisanz hatte das Schweizer Gastspiel des US-Komikers freilich aus einem anderen Grund. Denn mit seiner «Comeback»-Tour präsentiert sich Louis C.K. zum ersten Mal seit seinem Sexskandal einem europäischen Publikum, in Basel gar exklusiv vor einem deutschsprachigen.

Vor dem Kongresszentrum in Basel blockierten Aktivisten den Zugang, um gegen Louis CK zu protestieren.
Vor dem Kongresszentrum in Basel blockierten Aktivisten den Zugang, um gegen Louis CK zu protestieren.
Bild: Bluewin/Lukas Ruettimann

Darum blieben auch Proteste nicht aus: Vor seinem Auftritt nutzten Aktivisten die Aufmerksamkeit, um gegen den Comedian zu protestieren. Rund 30 vermummte Demonstranten hinderten die Besucher der Veranstaltung am Eintreten ins Kongresszentrum und riefen «alerta, alerta, antisexista!» Mit Transparenten protestierten sie zudem gegen Rassismus und Antisemitismus: «Sexism, Racism, Antsemitism is not a Joke» stand auf einem Plakat zu lesen.

Unter ähnlicher Begründung waren im Vorfeld Auftritte in Zürich von Veranstaltern abgelehnt worden. Folglich fragten sich viele im Publikum im Saal – wo ein durchaus gesunder Mix aus aufgeschlossen wirkenden Männer und Frauen anzutreffen war –, ob der Star seinen #Metoo-Moment thematisieren und sich allenfalls sogar dafür entschuldigen würde.

Kein Sorry für #Metoo-Skandal

Um es vorweg zu nehmen: Ein Sorry gab es nicht. Seinen Masturbations-Skandal baute der in Ungnade gefallene Komiker indes sehr wohl in seine Show ein. Gleich zu Beginn etwa fragte er seine Fans: «Und, wie waren eure letzten zwei Jahre so?» und spielte damit auf seinen Rausschmiss unter anderem beim Streamingdienst Netflix und die Ächtung seiner Person an. Er habe in den letzten zwei Jahren viel lernen müssen, erzählte er: «Zum Beispiel im Restaurant zu essen, während dem mir ein Typ den Mittelfinger zeigt». Später wurde er konkreter: Man müsse eine Frau immer erst fragen, ob es okay sei, vor ihr zu masturbieren. «Und wenn sie ja sagt, musst du sie nochmals fragen: Bist du sicher? Und sogar wenn sie immer noch will, lass’ es lieber bleiben.»

Denn Frauen könne man beim Sex nicht trauen. Selbst lustvolles Gestöhne könne in Wirklichkeit eine Art «Negro-Chant» sein – ein Sklavenlied, das helfen soll, die «Sache irgendwie zu überstehen». Im Übrigen sei er einfach supertoll im Masturbieren: «Wenn Sie so gut wie ich wären, würden Sie beim Wixen auch ein Publikum wollen».

Schlagfertigkeit – und Fäkalwitze

Das Publikum? Es feierte den Star für solche Sprüche frenetisch. Doch dass hier einer als gefallener Held besonders vehement bejubelt wurde, war deutlich spürbar. Zumal die Anarcho-Gags des Amerikaners gestern in Basel sicher auch von einer gewissen Sensationslust profitierten. Das permanent hysterische Gelächter (auch an völlig unpassenden Stellen) von einigen Anwesenden liess zudem vermuten, dass sich im Sperrfeuer von Louis C.K.s Provokationen wohl doch nicht alle gleich wohl fühlten.

Trotzdem wurde der 52-Jährige am Schluss für eine Zugabe noch einmal auf die Bühne geklatscht. Ohne Skript und fixen Programmpunkt bewies der Comedy-Star im spontanen Tratsch mit den Fans dann eine beeindruckende Schlagfertigkeit – bevor er seine Fans mit einem Witz über literweise Spermien und kiloweise gebrauchte Tampons in die Basler Nacht entliess. Der Mann hat schliesslich einen Ruf zu verlieren.

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