Anschläge von BaliTerroropfer und Extremist: Eine unwahrscheinliche Freundschaft
AP
28.12.2019
Vor 17 Jahren wurde Ni Luh Erniatis Mann bei den Anschlägen von Bali getötet. Über ein Versöhnungsprogramm lernte sie einen Bruder der Attentäter kennen. Die Witwe überwand zwar nicht ihre Trauer, aber ihre Wut.
Im Gerichtssaal traf Ni Luh Erniati auf den Mörder ihres Mannes und 201 weiterer Menschen. Der einzige Gedanke der Witwe war: Rache. Nur mit Mühe konnte die zweifache Mutter davon abgehalten werden, sich auf Amrozi Nurhasyim zu stürzen. Sein Grinsen während des Prozesses hatte einem der Drahtzieher des schwersten Terroranschlags in der Geschichte Indonesiens den Spitznamen «Der lächelnde Attentäter» eingebracht. Niemals hätte sich Erniati damals vorstellen können, dass sie sich zehn Jahre später mit dessen Bruder anfreunden könnte — dem Mann, der Amrozi das Bombenbauen beigebracht hatte.
Zusammengebracht hat beide ein Programm der indonesischen Regierung zur Aussöhnung zwischen ehemaligen Terroristen und Opfern. Das grösste Land mit muslimischer Mehrheit weltweit setzt sich seit den Anschlägen auf der Insel Bali im Jahr 2002 sowohl im Kampf gegen islamische Extremisten als auch für Versöhnung ein. Im vergangenen Jahr verübten zwei Familien Selbstmordattentate auf Kirchen, im Oktober dieses Jahres verletzte ein Extremist den Sicherheitsminister mit Messerstichen schwer.
Bei der Terrorprävention verfolgt Indonesien einen «weichen Ansatz». Beamte rekrutieren ehemalige Extremisten, die durch Aufklärung in ihren Gemeinden einer Radikalisierung vorbeugen sollen. Zugleich durchlaufen inhaftierte Terroristen Programme zur Deradikalisierung. Zu einer sogenannten Versöhnungskonferenz führte die Regierung Dutzende ehemalige islamische Extremisten und Opfer zusammen.
Einen ähnlichen Zweck verfolgt die weniger bekannte Allianz für ein Friedliches Indonesien (Aida), die 2013 vom Opfer eines Terroranschlags gegründet wurde. Seitdem beteiligten sich an dem Bündnis 49 Opfer und sechs frühere Terroristen. Bei Besuchen an etwa 150 Schulen in Regionen, die als Hochburgen für extremistische Rekrutierer gelten, erzählten sie mehr als 8000 Schülern ihre Schicksale und Geschichten.
«Dieser Prozess ist für alle Teilnehmer schwierig»
Die Hoffnung dahinter lautet: Wenn ehemalige Terroristen und Opfer lernen können, sich gegenseitig als menschliche Wesen wahrzunehmen, kann der Teufelskreis aus Rache und Hass durchbrochen werden. Ähnliche Bemühungen gab es zwar auch nach anderen grossen Konflikten, etwa die Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika nach der Apartheid, allerdings kaum in Terrorfällen.
«Dieser Prozess ist für alle Teilnehmer schwierig», sagt die spanische Forscherin Gema Varona, die sich mit Versöhnungstreffen zwischen Extremisten der baskischen Separatistenorganisation ETA und deren Opfern beschäftigt hat. «Aber es macht Sinn, denn im Terrorismus sind Opfer verdinglicht worden. Deshalb brauchen wir diese Empathie.»
Brunilda Pali vom Europäischen Forum für Opferorientierte Justiz erklärt, Opfer und Täter könnten gegenseitiges Verständnis lernen, ohne die Gewalt zu legitimieren. «Verständnis kann sehr hilfreich sein», sagt sie. «Aber es bedeutet nicht Vergebung.»
Für Erniati gab es zunächst nichts zu verstehen. Wie sollte sie Verständnis aufbringen für den grausamen Tod ihres Mannes Gede, der als Kellner im beliebten Nachtclub «Sari» auf Bali arbeitete? Er wurde bei den Anschlägen vom 12. Oktober 2002 mit in den Tod gerissen. Die beiden gemeinsamen Söhne waren damals ein und neun Jahre alt.
Die meisten Opfer waren Touristen
Verantwortlich für die Bluttaten war die mit der Terrormiliz Al-Kaida in Verbindung stehende Extremistengruppe Jemaah Islamiyah. Bei den meisten Opfern handelte es sich um westliche Touristen.
In mehr als 1000 Kilometern Entfernung von Bali auf der indonesischen Insel Sulawesi erfuhr Ali Fauzi von den Anschlägen. Nach eigenen Worten wurde er davon ebenso überrascht wie der Rest der Welt: Obwohl drei seiner Brüder an den Taten beteiligt waren und er als einer der erfahrensten Bombenbauer der Jemaah Islamiyah galt, habe er davon nichts gewusst, sagt er.
Bruder setzt sich für Deradikalisierung ein
Anders als seine Brüder Mukhlas, Amrozi und Ali Imron wurde Fauzi nicht wegen der Anschläge angeklagt, verbrachte aber einige Monate in Polizeigewahrsam in der Hauptstadt Jakarta. Danach begann er, sich für Deradikalisierung einsetzen. Zur Versöhnungsarbeit kam er durch den Niederländer Max Boon, der selbst bei einem Selbstmordanschlag in Jakarta schwer verletzt worden war. Beide lernten sich 2013 auf einer Anti-Terror-Konferenz kennen.
Der 33-jährige Boon engagierte Fauzi für ein Aida-Pilotprojekt zur Aufklärung an Schulen. Zur Vorbereitung sollte sich Fauzi mit einigen Terroropfern treffen — unter ihnen Erniati. Die Witwe war auch nach zwölf Jahren noch nicht über den Tod ihres Mannes hinweggekommen. Die Aussicht, sich mit einem ehemaligen Terroristen an einen Tisch zu setzen, erschien ihr zunächst verrückt.
Doch dann entschuldigte sich Fauzi unter Tränen bei ihr und den anderen Betroffenen. Sie erkannte: Auch er litt unter den Geschehnissen, wenn auch aus anderem Grund. In den folgenden Jahren besuchten beide gemeinsam Schulen, und zwischen ihnen wuchs eine Freundschaft. Erniati gelang es nach eigenen Worten, ihre Wut zu überwinden — auch wenn die Trauer bleibt.
Die alleinerziehende Mutter, die als Schneiderin arbeitet, trifft sich auch mit anderen Ex-Extremisten und hofft, sie von einem gewaltfreien Weg überzeugen zu können. Fauzis Brüdern aber wird Erniati nie vergeben können, wie sie sagt. 2015 besuchte sie Ali Imron im Gefängnis, konnte seine Bitte um Entschuldigung aber nicht annehmen. Amrozi und Mukhlas waren zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.
Evakuierungsaktion bei der Seilbahn Lungern-Turren in Lungern im Kanton Obwalden: Wegen einer technischen Panne mussten rund 27 Personen mit dem Helikopter gerettet werden.
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Zu zweit durch dick und dünn – und durch heiss und eiskalt: Dieses Liebespaar sprang am Valentinstag in Hamburg ins kalte Wasser.
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Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Dickschädeltest: Stirn an Stirn messen zwei Rinder im deutschen Naturschutzgebiet Boberger Niederung ihre Kräfte. (25.1.2021)
Bild: Daniel Bockwoldt/dpa
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
Opfer der Zerstörungswut: Ein Mann räumt in einem Fast-Food-Restaurant in Rotterdam auf. Die Niederlande sind erneut von sogenannten Corona-Krawallen erfasst worden. Hunderte gewaltbereite Jugendliche hatten nach Polizeiangaben in mehreren Städten randaliert und dabei auch die Polizei angegriffen. (25.1.2021)
Bild: Peter Dejong/AP/dpa
Auf den Hund gekommen: Vierbeiner der Indian Railway Protection Force zeigen anlässlich des indischen Nationalfeiertags ihre Kunststückchen.
Bild: KEYSTONE
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
Bild: Keystone
Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
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Bild: Brenton Edwards/ADELAIDE ADVERTISER/AAP/dpa
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