St. Louis Cemetery Number 1 Voodoo und Hollywood: New Orleans' Friedhof steckt voller Geschichte

AP

3.8.2018

Vor 300 Jahren wurde New Orleans gegründet. Was in der Stadt seitdem alles passiert ist, verdeutlicht ein Spaziergang zwischen den Gräbern von einstigen Bewohnern. Besonders aufschlussreich ist der St. Louis Cemetery Number 1.

Für die einen ist es die letzte Ruhestätte, für die anderen vor allem eine Touristen-Attraktion. Hunderte Besucher strömen täglich über den St. Louis Cemetery Number 1. Was den im Grunde sehr kleinen Friedhof in New Orleans auszeichnet, sind die vielen reich verzierten Mausoleen. Interessant sind aber auch die vielen Geschichten, die sich hinter den Namen der Toten verbergen - etwa im Falle der «Voodoo Queen» Marie Laveau.

Eine Besichtigung des Friedhofs ist seit 2015 nur noch im Rahmen von geführten Touren möglich. «Wir hatten grosse Probleme mit Vandalismus», sagt Sherri Peppo, die als Geschäftsführerin für die katholischen Friedhöfe der Stadt verantwortlich ist. Zudem hätten sich oft Bettler als Fremdenführer ausgegeben und Besuchern Stifte gereicht, mit denen diese dann die historischen Gräber beschmiert hätten. «Es war etwas ausser Kontrolle geraten.»

Trotz der inzwischen strengen Vorgaben kommen aber noch immer etwa 200'000 Touristen pro Jahr. Und im Gegensatz zu den sonst in den USA meist eher weitläufigen Friedhöfen hat der St. Louis Cemetery Number 1 auf engstem Raum sehr viel zu bieten. An schönen Tagen in der Hochsaison schlängeln sich die Besucher in langen Reihen durch die schmalen Gassen, um jeweils kurze Blicke auf die monumentalen Grabmale zu werfen.

«Die bekannteste der vielen Praktizierenden des Kults»

«Voodoo Queen» Laveau zählt zu den Friedhof-Promis. Laut einer Beschriftung auf ihrem Grab war sie «die bekannteste der vielen Praktizierenden des Kults». Sie starb 1881. Da sie ausserdem als Frisörin gearbeitet haben soll, hinterlassen einige Besucher heute Haargummis oder Haarklammern an ihrer letzten Ruhestätte. Bevor die Verwaltung gezielt gegen Vandalismus vorging, markierten späte Anhänger der «Voodoo Queen» das Grab oft mit einem X.

Im Jahr 1718 wurde New Orleans von französischen Siedlern gegründet. In diesem Jahr feiert die Stadt im US-Staat Louisiana daher grosses Jubiläum. Ganze 300 Jahre alt ist der Friedhof zwar nicht. Er wurde aber immerhin schon 1789 angelegt und ist damit der älteste der Stadt. Dass die Toten nicht vergraben, sondern oberirdisch bestattet wurden, lag wohl zum einen daran, dass es einige der Siedler aus dem südlichen Europa nicht anders kannten. Zum anderen hatte es allerdings auch eine praktische Funktion: Die Region um New Orleans hatte schon damals einen hohen Grundwasserspiegel und wurde regelmässig überschwemmt.

Die einzelnen Mausoleen sind wie kleine Häuser entlang verschlungener, zum Teil fast labyrinthartiger Wege aufgereiht. Einige sind von schwarzen Eisenzäunen umgeben, als bräuchten die Verstorbenen eigene Vorgärten. New Orleans habe keine Architektur - ausser auf den Friedhöfen, schrieb Mark Twain einst in seinem Buch «Leben auf dem Mississippi». Die eleganten Grabkammern mit ihren weissen Dächern und Giebeln, so der Autor, würden dem Ausdruck «Stadt der Toten» eine ganz neue Bedeutung verleihen.

Einige Gräber sind mit Kreuzen und Skulpturen verziert. Viele sind in einem pittoresken Zustand des Verfalls; Gräser bahnen sich ihren Weg durch die Risse. Zum Teil haben die Mausoleen Wände, in denen sich neben- und übereinander in Reihen die Grabkammern einzelner Familienmitglieder befinden.

Nicolas Cage hat sich sein Mausoleum bereits errichtet

Schachfans dürften sich für das Grab von Paul Morphy interessieren - er galt als Wunderkind und vor seinem Tod im Jahr 1884 zeitweise sogar als einer der besten Spieler überhaupt. Prägend für die amerikanische Geschichte war der in New Orleans geborene Bürgerrechtler Homer Plessy. Obwohl er teilweise afrikanische Wurzeln hatte, setzte er sich in einen nur für Weisse bestimmten Zugwaggon. Aus seinem Prozess, in dem er 1896 schuldig gesprochen wurde, stammt der Ausdruck «separate but equal» («getrennt aber gleich»), der in den USA bis in die 1950er Jahre als rechtliche Grundlage für die Trennung nach Hautfarben diente.

Auch Hollywood hat auf dem St. Louis Cemetery Number 1 bereits einige Spuren hinterlassen. Der Schauspieler Nicolas Cage ist zwar noch am Leben - und auch noch sehr aktiv. Aber vorsorglich hat er auf dem berühmten Friedhof schon einmal ein futuristisches Mausoleum in Form einer weissen Pyramide errichten lassen, das ihm selbst eines Tages als letzte Ruhestätte dienen soll.

Wer den Kultfilm «Easy Rider» aus dem Jahr 1969 gesehen hat, der wird sich womöglich an das Grabmal der Italian Benevolent Society erinnern, vor dem die Hauptdarsteller Dennis Hopper und Peter Fonda mit zwei Frauen einen Drogentrip erleben. Die Szene wurde damals ohne vorherige Genehmigung gedreht. Infolgedessen verbot das örtliche Erzbistum jegliche Filmaufnahmen auf dem Gelände. Ausnahmen wurden nur für einige Dokumentationen gemacht. Wer als Tourist kommt, darf auf dem St. Louis Cemetery Number 1 aber weiterhin nach Lust und Laune fotografieren - zumindest im Rahmen der offiziellen geführten Touren.

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