Coronakrise und Massenproteste Warum steigen dennoch die Aktienkurse?

tsha

11.6.2020

Die US-Börsen befinden sich im Aufwind.
Die US-Börsen befinden sich im Aufwind.
Bild: Keystone

Die wirtschaftliche Lage in den USA ist desolat, es gibt immer mehr Corona-Tote, dennoch steigen die US-Aktienkurse. Wie ist das möglich?

Die Nachrichten, die derzeit aus den USA kommen, sind widersprüchlich. Die Corona-Krise ist noch längst nicht überstanden, die Arbeitslosenzahlen sind so hoch wie lange nicht mehr, und die Bürger gehen seit Wochen auf die Strassen, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Trotzdem boomt die Börse. Was ist da los?

Tatsächlich ist die wirtschaftliche Lage in dem Land desolat. Die USA, so stellte das amerikanische Büro für Wirtschaftsforschung am Montag fest, befinden sich in einer tiefen Rezession. Die Arbeitslosenquote sank zuletzt zwar leicht, steht derzeit aber immer noch bei rund 13 Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz waren im Mai 3,3 Prozent ohne Arbeit. Und dann sind da noch die Zahlen, die die Johns-Hopkins-Universität jeden Tag veröffentlicht: mehr als zwei Millionen Coronavirus-Infektionen bislang, fast 113'000 Tote.



Den amerikanischen Aktienmarkt scheinen diese Schreckensmeldungen nicht anzufechten. Wie SRF berichtet, stieg am vergangenen Montag der US-Leitindex S&P 500 derart stark an, dass die bisherigen Verluste, die in der Corona-Krise eingefahren wurden, bereits ausgeglichen werden konnten. Auch die Technologiebörse Nasdaq erzielte Rekordwerte.

Die Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch ist einfach: Um die Wirtschaft vor einem Totalschaden zu bewahren, haben die USA – wie viele andere Regierungen weltweit auch – die Wirtschaft mit diversen Rettungspaketen unterstützt. Sechs Billionen Dollar flossen bislang in die US-Wirtschaft. Positiv stimmt die Anleger auch, dass sich das Land langsam wieder öffnet und die Corona-Zahlen zwar noch immer sehr hoch sind, aber doch langsam fallen.

«Verwundbarer» Aktienmarkt

Zuletzt erklärte die US-Notenbank Fed, den Leitzins weiterhin auf Nullniveau halten zu wollen. Neben Zinssenkungen wurden Wertpapierkäufe in bisher ungekanntem Ausmass getätigt und zahlreiche Kreditprogramme zur Stützung der Wirtschaft aufgelegt. Analystin Lindsey Bell erklärt gegenüber SRF, dass sich die Grösse vieler US-Unternehmen ebenfalls positiv auswirke. Diese würden den derzeitigen Höhenflug antreiben.

Die guten Aussichten an der Börse ziehen allerdings auch Spekulanten an, die auf schnelle Gewinne hoffen. Das, so die SRF-Analyse, erhöhe Schwankungen im Markt und verleite die Kurse zu weiteren Achterbahnfahrten.



Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller sieht derweil die Gefahr eines Rückschlags an den US-Börsen. Der Aktienmarkt werde wegen der steigenden Kurse «verwundbar», so Shiller gegenüber CNN. Er glaubt ausserdem, dass die aktuellen Massenproteste in den USA nach dem Tod von George Floyd Standardmodelle zur Vorhersage der wirtschaftlichen Entwicklung derzeit unmöglich machten. 

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