Verunsicherung Corona-Pandemie stürzt Automarkt in grosse Krise

SDA/tsha

18.5.2020

Neuwagen sind derzeit kaum gefragt.
Neuwagen sind derzeit kaum gefragt.
Bild: Keystone

Die Schweizer Autohändler und Garagisten stehen vor grossen Herausforderungen: Der Markt könnte sich erst in zehn Jahren erholt haben.

Seit einer Woche sind die Showrooms der Autohändler wieder offen. Doch die Kunden halten sich mit Autokäufen noch weitgehend zurück. Zu gross ist die Verunsicherung durch die Krise. Laut einem Experten dürfte die Erholung des europäischen Automarktes ganze zehn Jahre dauern.

«Unser Gefühl ist, dass die Markenhändler diese Woche nicht gerade überrannt worden sind», sagte Christoph Wolnik vom Verband Auto-Schweiz, der die Generalimporteure und Markenhändler repräsentiert. Sofern man das bisher beurteilen könne, seien die Schweizer Konsumenten noch nicht in Stimmung, wieder Neuwagen zu kaufen. Aber genau lasse sich das erst beurteilen, wenn die Immatrikulationszahlen der ersten Wochen nach der Wiedereröffnung verfügbar seien.

Das Fazit nach einer Woche ist auch beim Verband freier Autohändler Schweiz (VFAS) «verhalten positiv», wie Geschäftsführer Stephan Jäggi sagte. «Man merkt die grosse Verunsicherung der Konsumenten, die sich um die eigene finanzielle Zukunft Sorgen machen und dementsprechend zurückhaltend sind.»



Denn das Auto ist gemäss Wolnik nach einer Immobilie noch immer die zweithöchste Investition, die man im Privatleben tätigt. Für eine Erholung der Autobranche brauche es deshalb vor allem eine gesamtwirtschaftliche Erholung und eine positive Entwicklung im Arbeitsmarkt: «Wenn die Leute das Gefühl haben, sie verlieren ihren Job, werden sie auch kein neues Auto kaufen.»

Düstere Aussichten

Autobranchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass die Autoverkäufe in Europa erst in zehn Jahren wieder das Niveau von vor der Krise erreichen. «Deshalb entstehen grosse Überkapazitäten und es ist mit Firmenschliessungen, Übernahmen oder Verkäufen sowie mit Stellenstreichungen im Autobereich und auch andernorts zu rechnen», so der Professor am Institut für Customer Insight der Universität St. Gallen.

Im April wurden gemäss dem Import-Verband Auto-Schweiz so wenige Neuwagen für die Strasse zugelassen wie seit der Ölkrise in den Siebzigerjahren nicht mehr. Die Lücke wieder zu schliessen, die während dieser Zeit entstanden ist, dürfte nahezu unmöglich sein. Besonders weil der Frühling im Autoverkauf traditionell die stärkste Jahreszeit ist.



Konkret erwartet Auto-Schweiz gemäss einer Umfrage mit einem Rückgang der Neuwagenverkäufe um 23 Prozent. Beim Verband freier Autohändler Schweiz (VFAS) ist die Prognose ähnlich: Es sei für das Gesamtjahr mit bis zu 25 Prozent weniger verkauften Neuwagen zu rechnen. Dabei decken sich die Einschätzungen der Schweizer Autohändler mit einer aktuellen Studie der Ratingagentur Moody's, die weltweit einen Einbruch der Autoabsatzzahlen um 20 Prozent voraussagt.

Droht ein Garagensterben?

«Diese Zahl setzt allerdings voraus, dass das Geschäft im zweiten Halbjahr wieder anläuft», sagte Auto-Schweiz Sprecher Christoph Wolnik. Gebe es eine weitere Pandemiewelle, müssten die Zahlen wohl noch weiter nach unten korrigiert werden.

Ein solch grosser Rückgang der Verkäufe dürfte einige Garagisten vor existenzielle Probleme stellen. Ein Garagensterben könne nicht ausgeschlossen werden, so Auto-Schweiz-Sprecher Wolnik. Das werde sich aber erst in den nächsten Wochen, Monaten oder vielleicht sogar im Verlauf des kommenden Jahres zeigen. Weniger pessimistisch zeigt sich VFAS-Geschäftsführer Stephan Jäggi: Bei den freien Autohändlern, die keine Marken vertreten, komme es wohl kaum zu Schliessungen. Sie seien «zum Teil sehr gut kapitalisiert und können eine solche Phase auch einmal wegstecken», sagte Jäggi.

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