Stecker gezogen E-Kehrtwende: China krempelt die Autobranche erneut um

tafi/dpa

17.12.2019

Elektroautos waren gestern: China streicht die Förderung für E-Mobilität zusammen und will zukünftig auf andere Antriebe setzen. Ein Strategiewechsel mit Kalkül. (Symbolbild)
Elektroautos waren gestern: China streicht die Förderung für E-Mobilität zusammen und will zukünftig auf andere Antriebe setzen. Ein Strategiewechsel mit Kalkül. (Symbolbild)
Getty Images

China nimmt E-Autos die Vorfahrt: Subventionen werden gestrichen und alternative Technologien in den Fokus gerückt. Pekings neue Liebe für Wasserstoff und Methanol hat einen Grund: Autarkie.

Während sie in Europa steigt, sinkt ausgerechnet im Leitmarkt China die Nachfrage nach Elektroautos, wie der Branchenexperte Stefan Bratzel vom Auto-Institut im deutschen Bergisch Gladbach in einer jetzt veröffentlichten Studie schreibt. «Seit der Anpassung der E-Auto-Subventionierung Mitte des Jahres ist der Elektromobilitätsmarkt in China regelrecht eingebrochen», erklärte der Professor. Die Nachfrage sei um sechs Prozent gesunken.



Dabei galt Peking vor drei Jahren als weltweiter Vorreiter in Sachen Elektromobilität. Das Industrieministerium hatte eine verbindliche Quote für Elektroautos angekündigt. Herstellern, die sie nicht erfüllen, wurden empfindliche Strafen bis hin zum Verkaufsverbot angedroht. Um auf dem grössten Automarkt der Welt bestehen zu können, mussten sich die Konzerne anpassen: Volkswagen etwa gründete extra ein Joint Venture und richtete die gesamte Strategie auf Elektromobilität aus.

China macht die E-Kehrtwende

Nun aber, so berichten der «Tages-Anzeiger» und andere Medien unter Berufung auf die Beratungsfirma JSC Automotive aus Shanghai, könnte sich die Fokussierung auf Batterie-Autos als Fehler erweisen. Der Grund: China krempelt die Autobranche erneut um. Statt sich voll und ganz auf batteriebetriebene Elektromobilität zu konzentrieren, verschiebt die Staatsführung den Fokus – hin zu alternativen Brennstoffen wie Wasserstoff und Methanol.

Mythen über Elektroautos aufgeklärt

«Viele glauben noch, dass der Anteil der Elektrofahrzeuge in China in den kommenden Jahren stark ansteigen wird. Wir können dies nicht bestätigen», lässt sich Jochen Siebert, Geschäftsführer von JSC Automotive, zitieren. «Schaut man sich die jüngsten Veröffentlichungen der chinesischen Regierung an, fällt auf, dass neue Technologien plötzlich aufgeführt werden: Methanol etwa oder Wasserstoff», so Siebert weiter.

Autarkie ist der wahre Grund

Der Branchenexperte liefert neben Zahlen zur rückläufigen Zulassungsstatistik auch den Grund für Chinas neue Ausrichtung: «Im Zentrum der chinesischen Politik steht die Unabhängigkeit der Energie- und Rohstoffversorgung, die durch den Handelskrieg weiter manifestiert wurde.» Dazu käme, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur gewaltig hakt und Peking eingesehen habe, «dass es schlicht zu ehrgeizig gewesen sei, das Land flächendeckend mit Ladesäulen zu versehen», wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt.



Doch im Kern geht es darum, dass China unabhängig von Rohstofflieferungen aus dem Ausland sein möchte. Während für die Herstellung von Batterien Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium importiert werden müssen, lassen sich Wasserstoff und Methanol per Elektrolyse oder aus der im eigenen Land reichlich vorhandenen Kohle herstellen. Dass die USA im laufenden Handelskrieg den Netzwerkausrüster Huawei quasi von der Versorgung mit Chips und Software abgeschnitten hat, habe in China Ängste geweckt. Das Land verfolge nun ein grosses Ziel: Autarkie.

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