Nervenkrieg Lufthansa streicht 1'300 Flüge wegen Flugbegleiter-Streik

SDA

6.11.2019 - 13:23

Vor dem für morgen geplanten Streik der Lufthansa-Flugbegleiter ist ein juristisches Hin und Her entbrannt. Der Konzern erlitt heute in erster Instanz eine Niederlage – und kündigte erhebliche Flugausfälle an.

Im juristischen Tauziehen bei der Lufthansa geht es Schlag auf Schlag: Zuerst hat heute Mittwoch das Arbeitsgericht Frankfurt in erster Instanz den Eilantrag der Airline gegen den Flugbegleiter-Streik abgelehnt. Nach kursorischer Einschätzung seien die Tarifverträge korrekt gekündigt worden und der Streikbeschluss gültig, erklärte die Vorsitzende Richterin.

Doch die Lufthansa will in Berufung gehen – damit könnte noch am Mittwoch eine zweite Gerichtsverhandlung um die Rechtmässigkeit des Streiks der deutschen Gewerkschaft Ufo stattfinden. Das Landesarbeitsgericht hatte zunächst aber noch keinen Termin festgelegt.

180'000 Passagiere betroffen

Derweil steht bereits fest, dass der Streik schon erhebliche Auswirkungen auf den Flugbetrieb haben wird: Die Lufthansa sagte für Donnerstag und Freitag insgesamt 1'300 Flüge ab, rund 180'000 Passagiere sind davon betroffen. Am Donnerstag sollen 700 von 3'000 geplanten Flügen gestrichen werden und am Freitag 600, wie der Konzern am Mittwoch in Frankfurt mitteilte.

Konzerntochter Swiss wird am Donnerstag punktuell mit grösseren Flugzeugen zwischen der Schweiz und den deutschen Drehkreuzen fliegen, wie ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagte: «Ansonsten sind wir von den Streiks nicht betroffen.» Beim Flughafen Zürich sind noch keine offiziellen Annullationen von Flügen durch die Lufthansa eingegangen, wie eine Sprecherin sagte.

Keine Zweifel an Tariffähigkeit

Angriffe der Lufthansa-Anwälte gegen die kurzfristig geänderte Arbeitskampfordnung der Gewerkschaft lehnte die Richterin ab. Hier handelte es sich um interne Regelungen der Ufo ohne Aussenwirkung. Es gebe auch keine offenkundigen Zweifel an der Tariffähigkeit, die das Bundesarbeitsgericht der Ufo zuletzt in einem Urteil von 2014 bestätigt habe.

Der Gewerkschafts-Vizevorsitzende Daniel Flohr sagte die Teilnahme an dem für Mittwochabend angesetzten Krisengespräch mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr ab, da man mit der Berufung beschäftigt sei. Er schätze das Gespräch, an dem auch Vertreter der Verdi und der in Gründung befindlichen Cabin Union teilnehmen sollten, ohnehin als «PR-Coup» des Lufthansa-Chefs ein. Eine Lösung der Probleme sei dort nicht zu erwarten.



In der Gerichtsverhandlung hatte Lufthansa der Gewerkschaft noch sofortige Vorverhandlungen zu tariflichen Themen angeboten, die aber erst mit dem neu zu wählenden Ufo-Vorstand ab dem 15.2.2020 finalisiert werden könnten. Den jetzigen Vorstand lehne man weiterhin als nicht vertretungsberechtigt ab, erklärte der Lufthansa-Anwalt. Ufo verlangte hingegen sofortige Tarifverhandlungen auf Augenhöhe mit dem aktuellen Vorstand.

Als letzte Möglichkeit zur Verhinderung des Streiks könnte Lufthansa auch eine Schlichtung verlangen, was aber letztlich auf eine Anerkennung des Ufo-Vorstands hinausliefe. Die Gewerkschaft würde dies befürworten, sagte ihr Sprecher Nicoley Baublies der Deutschen Presse-Agentur.

Streik ab Mitternacht

Die Gewerkschaft hat die Beschäftigten der Lufthansa-Kerngesellschaft zu einem 48-Stunden-Streik aufgerufen, der am Donnerstag um 00:00 Uhr beginnen soll. Die Lufthansa will an diesem Mittwoch einen Sonderflugplan für die Streiktage Donnerstag und Freitag veröffentlichen. Den Kunden hat das Unternehmen bereits umfangreiche und kostenfreie Umbuchungsmöglichkeiten angeboten.

Ufo fordert für die rund 21'000 Lufthansa-Flugbegleiter höhere Spesen und Zulagen sowie besseren Zugang für Saisonkräfte in reguläre Anstellungsverhältnisse. In dem gesamten Tarifkonflikt geht es aber hauptsächlich um die vom Konzern aufgeworfene Frage, ob Ufo überhaupt noch Tarifverträge für das Kabinenpersonal durchsetzen kann.

Zumindest angedroht ist zudem die Ausweitung auf vier weitere deutsche Flugbetriebe des Konzerns inklusive der Eurowings. Für diese Flugbetriebe gibt es jeweils separate Tarifforderungen.

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