Experte über Fernreisen Nachtzüge haben kaum Chancen, «solange Fliegen günstig ist» 

toko

27.12.2023

Nachtzüge erleben in Europa ein erstaunliches Comeback.
Nachtzüge erleben in Europa ein erstaunliches Comeback.
Marek Knopp/ÖBB/dpa-tmn (Symbolbild)

Nachtzüge erfreuen sich wieder grosser Beliebtheit, auch in der Schweiz. Sie könnten den Durchbruch aber nur dann schaffen, wenn die Klimakosten auf die Flugpreise durchschlagen würden, sagt ein Experte.

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27.12.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In den vergangenen Jahren wurden mehrere Nachtzugverbindungen wiederbelebt, die auch bei Schweizer Passagier*innen beliebt sind.
  • Laut dem Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes können Nachtzüge jedoch kaum rentieren, wenn Fliegen noch immer günstig ist.
  • Dabei seien im Luftverkehr die CO₂-Kosten nicht vollständig eingeschlossen. Erst wenn es gleich lange Spiesse bei den Klimakosten gebe, habe der Nachtzug eine Chance. 

Nachtzüge erleben seit einigen Jahren ein erstaunliches Comeback. Auch bei Reisenden aus der Schweiz sind die Verbindungen ab Zürich nach Hamburg oder Berlin sowie von Basel nach Amsterdam äusserst beliebt.

Umso grösser war die Empörung, als die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) die Preise für einzelne Verbindungen teils drastisch erhöht haben. Das Nachtzuggeschäft in Mitteleuropa ist fest in der Hand der ÖBB, die nicht von einer Preiserhöhung, sondern einer «breiteren Preisspanne» sprechen wollen.

Klimakosten des Luftverkehrs nicht vollständig inbegriffen

Doch ein rentables Geschäft mit den Nachtzügen ist schwierig, sagt der Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes zu SRF. Das liege vor allem an der Konkurrenz in der Luft: «Solange Fliegen günstig ist, gibt es wenig Chancen, mit höheren Preisen in Nachtzügen auf schwarze Zahlen zu kommen.»

Die Nachtzugverbindungen sind auch bei Schweizer Bahnfahrer*innen beliebt.
Die Nachtzugverbindungen sind auch bei Schweizer Bahnfahrer*innen beliebt.
Tom Nebe/dpa-tmn

Dabei seien die Spiesse der Nachtzüge nicht gleich lang wie jene des Flugverkehrs, erklärt Sauter-Servaes. Aktuell seien nicht alle CO₂-Kosten des Flugverkehrs in den Ticketpreisen inbegriffen.

Erst wenn es gleich lange Spiesse bei den Klimakosten gebe, werde der Nachtzugverkehr eine «echte Chance» gegenüber dem Luftverkehr haben, so der Mobilitätsforscher von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

Konkurrenz durch Hochgeschwindigkeitszüge

Hinzu kommt, dass der Nachtzugverkehr nicht nur Konkurrenz aus der Luft, sondern auch durch den Hochgeschwindigkeitsverkehr auf der Schiene habe, der produktiver sei.

So befinde sich der Nachtzug wirtschaftlich in einer «Sandwichposition»: «Von oben drückt der Luftverkehr, von unten der Hochgeschwindigkeitsverkehr», sagt Sauter-Servaes.

Ausserdem passten in einen Nachtzug nicht genügend Passagier*innen, im Vergleich zu einem Hochgeschwindigkeitszug. Das Problem für den Nachtzug sei zudem, dass die Trassenkosten immer höher würden, je mehr Kilometer er fahre und eine bestimmte Bahninfrastruktur benutze.

Der Luftverkehr habe hingegen lediglich am Anfang hohe Kosten, dann aber falle jeder weitere Kilometer nicht mehr gross ins Gewicht.