Sparer Weitergabe an Privatkunden – Negativzins-Politik von Banken kaum transparent

tafu

16.1.2020

Wer wird belastet und wer nicht? Die Politik der Negativzinsen von Banken ist häufig undurchsichtig.
Wer wird belastet und wer nicht? Die Politik der Negativzinsen von Banken ist häufig undurchsichtig.
Bild: Keystone/Archiv

Immer mehr Banken senken die Schwelle für Negativzinsen. Zu welchen Bedingungen der Sparer betroffen ist, wird selten auf Anhieb deutlich.

Sie nennen es «Guthabengebühren», doch was positiv dargestellt werden soll, sind nichts anderes als Negativzinsen, die von Banken an die Sparer weitergegeben werden.

Immer mehr Kunden werden von ihrer Bank darüber informiert, dass sie auf ihr Erspartes eine Gebühr zahlen sollen. Dabei sinkt die Grenze, ab wann Kunden zahlen müssen, immer weiter: Bei der Postfinance sank die Schwelle nach einem Bericht von «Blick» zum 1. Dezember von 500'000 auf 250'000 Franken, bei der Zürcher Kantonalbank muss der Kunde bereits ab 100'000 Franken Guthaben Negativzins zahlen.

Dabei machen viele Finanzinstitute die Belastung allerdings von der gesamten Beziehung, die der Kunde zur Bank hält, abhängig. Nutzt der Sparer zum Beispiel andere Produkte des Hauses wie Fonds oder Hypotheken, so wird ihm der Negativzins erlassen. So kann die Bank ihren Kunden zu einer tieferen Bindung zwingen. Zu welchen Bedingungen aber tatsächlich Negativzinsen erhoben werden oder eben nicht, ist häufig nicht nachvollziehbar.

Kaum Information

Die Suche nach einer Bank, bei der ein Kunde keine Gebühren für sein Erspartes zahlen muss, wird immer schwieriger. Inzwischen verzichtet kein Finanzinstitut mehr auf Negativzinsen bei Privatkunden, wie eine Umfrage von «Blick» zeigt. Bei der Zürcher Kantonalbank sind bisher 2500 Kunden von Negativzinsen betroffen, bei der Luzerner Kantonalbank 1300. Und auch Genossenschaftsbanken machen nicht halt davor, ihre Sparer zu belasten – bisher aber nur bei einem Vermögen von über einer Million Franken, speziell bei Neukunden.

Dass Kunden im Vorfeld wissen, worauf sie sich bei der jeweiligen Bank einlassen, davon kann also nicht die Rede sein. Lediglich im Kleingedruckten sind Hinweise auf die Negativzins-Politik des jeweiligen Instituts zu finden. Auch dass sich der Anteil der betroffenen Sparer erhöhen wird, kommuniziert man selten.

Eine Ausnahme ist da die Luzerner Kantonalbank. «Wir rechnen damit, dass sich die Zahl der Vereinbarungen mittelfristig von heute 0,4 Prozent in Richtung ein und dann zwei Prozent bewegen dürfte», stellt ihr Sprecher Daniel von Arx gegenüber «Blick» klar.

Ein Fall für die Wettbewerbskommission?

Fachleute sind gespaltener Meinung über die aktuelle Handhabung der Negativzinsen. So sieht es der Ökonom Mathias Binswanger von der Fachhochschule Nordwestschweiz als eher überflüssig an, dass Banken ihren Privatkunden Negativzinsen berechnen – das hätten sie gar nicht nötig. Auch seien die Bedingungen für die Erhebung kaum transparent.

«Es wäre fahrlässig, wenn eine Bank Kunden behält, mit denen sie insgesamt Geld verliert», argumentiert dagegen Adriel Jost, seines Zeichens Berater von Wellershoff & Partners. Wirtschaftsrechtler Peter V. Kunz sieht noch ein ganz anderes Problem: Verhalten sich die Banken alle gleich und stimmen ihre Vorgehensweise mit Negativzinsen aufeinander ab, wäre das ein Fall für die Wettbewerbskommission. «Denn damit spielen die Banken eine gemeinsame Marktmacht aus und blockieren den Wettbewerb.»

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