Für den Klimaschutz Forscher machen Kühe stubenrein

dpa/tgab

13.9.2021 - 23:55

Im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Verringerung von Treibhausgasemissionen haben Wissenschaftler Kühen beigebracht, in einem dafür vorgesehenen Bereich zu urinieren.(Symbolbild)
Im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Verringerung von Treibhausgasemissionen haben Wissenschaftler Kühen beigebracht, in einem dafür vorgesehenen Bereich zu urinieren.(Symbolbild)
Bild: KEYSTONE/Urs Flüeler

Töpfchentraining für Rindviecher. Was klingt wie ein Kneipenscherz hat einen ernsten Hintergrund: Die Ausscheidungen der Tiere tragen zur Erderwärmung bei.

13.9.2021 - 23:55

Kühe können wie Kinder lernen, eine Toilette zu benutzen. Sie sind manchmal sogar schneller. Zu diesem Schluss kamen Verhaltensforscher der Universität von Auckland in Neuseeland, nachdem sie mit 16 Kühen ein Töpfchentraining absolviert hatten. Elf der Tiere lernten tatsächlich, nur noch an einem dafür vorgesehenen Ort zu urinieren, dem «MooLoo» (Muhklo). Die Studie wurde am Montag in der Fachzeitschrift «Current Biology» veröffentlicht.

«Die Kühe sind mindestens so gut wie Kinder im Alter von zwei bis vier Jahren, und sie sind mindestens genauso schnell», sagte der Hauptautor der Studie, Lindsay Matthews, ein Verhaltensforscher in Auckland, der mit Kollegen an den Tests in einem Tierversuchslabor in Deutschland arbeitete. Genau wie manche Eltern benutzten die Forscher eine Leckerei, um die Kühe dazu zu bringen, durch ein Tor zu gehen und in einen speziellen Stall zu urinieren. Und es dauerte nur 15 Tage, um die jungen Kälber zu trainieren.

Süsse Melasse zur Belohnung

Im Labor in Dummerstorf in Mecklenburg-Vorpommern ahmten die Forscher das Training eines Kleinkindes nach, indem sie die Kühe in den speziellen Stall stellten, warteten, bis sie urinierten, und ihnen dann eine Belohnung gaben: eine süsse Flüssigkeit, meist Melasse. Kühe hätten eine Vorliebe für Süsses, erklärte Matthews. Wenn die Kühe nach dem ersten Training ausserhalb des «MooLoo» urinierten, bekamen sie einen Spritzer kaltes Wasser ab.

In zwei Versuchsreihen liessen die Forscher die Holstein-Kühe dann in der Halle herumlaufen. Wenn sie urinieren mussten, drängten elf von ihnen in den Stall, verrichteten ihr Geschäft und erhielten ihre süsse Belohnung.



Die Forschung begann mit einer halb im Scherz gemeinten Frage in einer neuseeländischen Radio-Show und führte zu einer ernsthaften Studie. Dabei ging es um das sehr reale Problem der Abfälle aus der Tierhaltung. Die Urinausscheidungen seien ein ernstes Umweltproblem, sagte Matthews. Urin enthält Stickstoff, und wenn er sich mit Fäkalien vermischt, entsteht Ammoniak, das unter anderem zu saurem Regen führt, wie der Wissenschaftler erklärte. Es kann auch das Wasser mit Nitraten verunreinigen und den Luftschadstoff Distickstoffoxid, Lachgas, erzeugen.

30 Liter Urin am Tag und eine Menge Rülpser

Und Kühe lassen eine Menge Urin ab. Eine einzig Kuh könne etwa 30 Liter pro Tag produzieren, erklärte Matthews. 2019 machte das Distickstoffoxid nach Angaben der US-Umweltbehörde EPA sieben Prozent aller Treibhausgase in den USA aus. Trainierte Tiere könnten es für die Halter leichter machen, die Ausscheidungen zu entsorgen und so die Menge des emittierten Treibhausgases zu reduzieren.



Die Forscher brachten den Kühen nur bei, den Spezialstall zum Urinieren zu benutzen, nicht aber für den Stuhlgang. Matthews erklärte aber, die Tiere könnten auch das wahrscheinlich lernen. Ein anderes, grösseres Problem ist jedoch noch nicht gelöst: Die Rülpser und Blähungen von Rindern sind eine bedeutende Quelle von Methan, das erheblich zur Erderwärmung beiträgt. Die Tiere könnten nicht darauf trainiert werden, das zu unterlassen, sagte Matthews: «Sie würden platzen.»

dpa/tgab