Raumfahrt Mond, Mars und Militär – globale Pläne für Reisen ins All

dpa/tafu

7.12.2019

Ein Modell der neuen Trägerrakete Ariane 6 der ESA, die Ende 2020 zum Jungfernflug starten soll. 
Ein Modell der neuen Trägerrakete Ariane 6 der ESA, die Ende 2020 zum Jungfernflug starten soll. 
Bild: Keystone

Noch gut vier Jahre bis zur ersten Frau auf dem Mond: Das zumindest planen die USA. Auch andere Nationen haben Grosses im All vor. Nicht immer mit friedlichen Absichten.

Ein neuer Rover auf dem Mars, ein weiterer Weltraumbahnhof fertig, eine Mission bis zur weit entfernten Sonne – und vielleicht eine neue Raumfahrtagentur. Die Liste weltweiter Raumfahrtpläne für 2020 ist lang. Ein Überblick:

USA: Die oberste Priorität für die US-Raumfahrtagentur Nasa hat das Weisse Haus vorgegeben: Bis 2024 sollen der nächste Mann und die erste Frau auf dem Mond landen – und beides sollen Amerikaner sein, wie US-Vizepräsident Mike Pence verkündete. Zeitplan und Budget des Programms «Artemis» sind allerdings knapp bemessen. Rakete und Transportkapsel sind noch weit davon entfernt, einsatzbereit zu sein.

Am Mond soll dann eine Art Raumstation geschaffen werden und als Basis für einen bemannten Flug zum Mars dienen – das allerdings erst in fernerer Zukunft. 2020 soll zumindest schon mal der nächste unbemannte Rover zum Mars fliegen. Derzeitiger Arbeitstitel: «Mars 2020». Der Roboter baut auf dem Prinzip des 2012 gestarteten Rovers «Curiosity» auf.

Kosmonauten auf dem Mond

RUSSLAND: Moskau hofft, dass die Bauarbeiten am Weltraumbahnhof Wostotschny nahe der chinesischen Grenze im nächsten Jahr endlich abgeschlossen werden. Sie ziehen sich in die Länge, obwohl die Anlage schon 2016 eröffnet wurde – und dort bereits Raketen gestartet sind. Zuletzt beklagte der Kreml, dass beim Bau Milliarden Rubel in dunkle Kanäle versickert seien.

Das ehrgeizigste Ziel der Russen in den nächsten Jahren bleibt der Flug zum Mond. 2031 soll dort der erste Kosmonaut landen. Ingenieure entwickeln derzeit eine schwere Rakete, die auch grössere Bauteile zum Erdtrabanten bringen kann.

Parallel dazu stehen weitere Flüge zur Internationalen Raumstation (ISS) an. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos will an dem Aussenposten vorerst festhalten. Bei bemannten Flügen dorthin will Russland künftig mit mehr Ländern zusammenarbeiten, etwa mit der Türkei und Saudi-Arabien. Daneben laufen andere Forschungsprojekte, etwa dazu, wie Atomstrom im All für den Raketenantrieb genutzt oder Weltraummüll noch hoch über der Erde entsorgt werden kann.

ISS-Konkurrent aus China

CHINA: Die zweitgrösste Wirtschaftsmacht der Erde verfolgt ein ambitioniertes Raumfahrtprogramm, das auch den Mars und den Mond als Ziele hat. Erst im Januar setzte eine chinesische Sonde erstmals auf der Rückseite des Erdtrabanten auf.

Auf «Chang'e 4» soll eine weitere unbemannte Mission folgen, bei der Gesteinsproben zurück auf die Erde gebracht werden. Bis spätestens 2030 soll erstmals ein Chinese einen Fuss auf den Erdtrabanten setzen.

Für 2020 steht der Start der ersten chinesischen Mars-Mission an. Ein Rover soll im Sommer zur rund achtmonatigen Reise zum Roten Planeten aufbrechen. Zudem könnte der Start des ersten Moduls für Chinas neue Raumstation erfolgen. Sie soll kleiner ausfallen als die ISS, die 240 Tonnen wiegt.

Die 60 bis 100 Tonnen schwere «Tianhe 1» wird aus einem Kern- und zwei Experimentmodulen bestehen. Drei Astronauten sollen für längere Zeit darin leben können, bis zu sechs beim Wechsel der Crew. Die Station soll von einem Weltraumteleskop begleitet werden, das zur Versorgung und Wartung angedockt werden kann.

Dieses Modell zeigt, wie die chinesische Raumstation «Tianhe 1» aussehen wird.
Dieses Modell zeigt, wie die chinesische Raumstation «Tianhe 1» aussehen wird.
Bild: AFP/ong mi/Imaginechina

EUROPA: Für Europa steht 2020 der Start der neuen Trägerrakete Ariane 6 im Fokus. Sie soll Ende kommenden Jahres zum Jungfernflug starten. Ihre Vorgängerin, die Ariane 5, ist seit mehr als 20 Jahren im Einsatz. 2020 soll ausserdem die Sonnensonde «Solar Orbiter» der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zur Erforschung der Sonne starten. Im Fokus steht die Erforschung des Sonnenwindes. So könnte das Weltraumwetter besser vorhergesagt werden. Starker Sonnenwind kann Satelliten beschädigen.

Gute Nachrichten gab es für die ESA bei der Ministerrats-Konferenz Ende November: Die 22 Mitgliedsländer hoben das Budget unerwartet stark an – für die kommenden Jahre auf 14,4 Milliarden Euro.

Unter anderem wurde die «Hera»-Mission zur Asteroiden-Abwehr bewilligt. Dabei soll berechnet werden, ob und wie Asteroiden so umgelenkt werden könnten, sodass sie nicht mit der Erde kollidieren.

Auch das Thema Erdbeobachtung wird weiter eine grosse Rolle spielen. Geplant sind etwa bessere Messungen des CO2-Ausstosses. Die Raumfahrt soll so auch beim Thema Klimawandel zu Erkenntnissen beitragen. Zudem ist die ESA an der Mondmission der Nasa beteiligt.

Unnützes Mond-Wissen

INDIEN: Das indische Weltraumprogramm ist besonders unter dem nationalistischen Premier Narendra Modi ambitioniert geworden. Er will so zeigen, dass sein Land international bedeutender wird.

Das Budget war in diesem Jahr um mehr als 15 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Euro erhöht worden. 2020 soll es unter anderem eine Mission zur Sonne geben. 2021 will das Land Astronauten ins All schicken. Später sollen eine Mission zur Venus und eine eigene Weltraumstation folgen.

Einige Experten kritisieren, dass das Schwellenland mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern viel Geld für grosse Weltraumprojekte ausgibt, während noch viele Menschen in Armut leben.

Andere betonen, dass das Programm als besonders kostengünstig gilt – unter anderem wegen vergleichsweise niedriger Lohnkosten. So werden auch viele Satelliten anderer Länder von Indien aus ins All geschossen.

JAPAN: Die Hightech-Nation will sich an der Nasa-geführten Mission beteiligen, die ab Mitte der 2020er-Jahre den Bau einer Raumstation in der Umlaufbahn des Mondes vorsieht. Japan und die USA einigten sich kürzlich darauf, ihre gemeinsamen Raumfahrtaktivitäten zu verstärken – mit dem Ziel, eines Tages die Erkundung des Mars durch den Menschen zu ermöglichen.

Mit Toyota Richtung Fortschritt

So plant Japans Raumfahrtagentur Jaxa zwei Nano-Satelliten für die US-Mond-Mission «Artemis». Japan hegt zudem die Hoffnung, eines Tages eigene Astronauten zum Mond schicken zu können. Mit dem grössten Autobauer des Landes, Toyota, will Jaxa in den nächsten Jahren einen Rover entwickeln, der 2029 zum Mond geschickt werden soll.

Zudem investiert die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt in die Entwicklung diverser Satelliten, die unter anderem zur Erforschung des globalen Klimawandels dienen sollen.

PHILIPPINEN: Eine eigene Raumfahrtagentur haben die Philippinen nicht – noch nicht. Im August 2019 wurde in dem asiatischen Land ein Gesetz verabschiedet, das die Schaffung einer solchen Agentur beschloss. Derzeit wird an den Grundlagen gebastelt. Die Agentur soll bisherige Pläne und Technologien bündeln und neue Raumfahrt-Anstrengungen anstreben. Wann es losgehen kann, war zunächst noch unklar.

FRANKREICH: Wie auch in anderen Ländern ist eine «Space Force» für Frankreich ein grosses Thema – es soll ordentlich aufgerüstet werden im All. Präsident Emmanuel Macron hatte im Sommer ein militärisches Weltraumkommando angekündigt. Besonders die Kapazitäten zur Überwachung sollen ausgebaut werden. Ein Ziel ist es demnach, Satelliten besser vor möglichen Angriffen zu schützen – etwa mit speziellen Laserwaffen. Auch soll in Nano-Satelliten zur Überwachung investiert werden, die im Weltall patrouillieren.

Frankreichs Vorstoss ist innerhalb Europas eine Premiere. Bis 2030 soll das Programm einsatzfähig sein. Auch Staaten wie die USA, Russland, China und Indien bauen ihre Möglichkeiten für Weltraumkriege aus.

Als der Wettlauf zum Mond begann

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