Schwere Wolkenkratzer New York versinkt – kann die Stadt gerettet werden?

Von Gabriela Beck

28.5.2023

New York sinkt ab – Überflutungen drohen

New York sinkt ab – Überflutungen drohen

New York könnte künftig stärker von Überflutungen betroffen sein als andere Küstenstädte. Denn zum Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel kommt ein Absinken des Untergrunds um durchschnittlich ein bis zwei Millimeter pro Jahr.

25.05.2023

Der Boden unter New York gibt aufgrund der schieren Gebäude-Masse nach. Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel, die Stadt sinkt. So wie der US-Metropole ergeht es auch anderen Küstenstädten. Doch es gibt Lösungen.

Von Gabriela Beck

28.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Laut einer im Mai veröffentlichten Studie sinkt New York wegen der Last seiner Gebäude. Obendrein steigt der Meerwasserspiegel.
  • Auch andere Küstenstädte werden demnach viel früher als bislang prognostiziert von schweren Überschwemmungen betroffen sein.
  • Lösungsansätze liegen in einem bewussteren Grundwasserentzug, im Küstenschutz und im Ausweichen auf Pontonstädte.

Auf den 777 Quadratkilometern, die New York City ausmachen, lasten nach Schätzungen von Forschern des United States Geological Survey USGS rund 762 Millionen Tonnen Beton, Glas und Stahl. Dazu kommen 8,5 Millionen Einwohner*innen, deren Möbel und Autos. All dieses Gewicht hat eine aussergewöhnliche Wirkung auf den Standort: Laut einer im Mai veröffentlichten Studie sinkt der Boden in New York um ein bis zwei Millimeter pro Jahr.

Das mag sich nicht besonders besorgniserregend anhören, doch zusammen mit dem Anstieg des Meeresspiegels und summiert über mehrere Jahre stellt das Absinken die Küstenstadt vor ein Problem. Aber damit steht New York nicht allein da. Anderen Küstenstädten, deren Bevölkerung durch Zuwanderung wächst und die ebenfalls mit steigenden Meeresspiegeln konfrontiert sind, ergeht es ähnlich.

New Yorks Skyline sinkt jedes Jahr ein paar Millimeter tiefer. Das sieht man kaum, hat aber Auswirkungen auf die Infrastruktur der Stadt.
New Yorks Skyline sinkt jedes Jahr ein paar Millimeter tiefer. Das sieht man kaum, hat aber Auswirkungen auf die Infrastruktur der Stadt.
Bild: Neale Clark/imago/robertharding

Früher von schweren Überschwemmungen betroffen

«In manchen Städten beobachten wir ein Absinken von einigen Zentimetern pro Jahr», sagt Steven D’Hondt der BBC. Der Professor für Ozeanografie an der University of Rhode Island in Narragansett nutzt Satellitenbilder, um die Senkungsraten in 99 Küstenstädten auf der ganzen Welt zu messen. «Wenn der Prozess mit der jüngsten Geschwindigkeit anhält, werden diese Städte viel früher als bislang prognostiziert von schweren Überschwemmungen betroffen sein», schrieben D’Hondt und seine Kollegen Pei-Chin Wu und Matt Wei in einer Studie aus dem Jahr 2022.

Demnach sinken Teile von Jakarta jährlich um zwei bis fünf Zentimeter ab. Manila, Chittagong, Karachi und Tianjin leiden bereits unter Infrastrukturschäden und häufigen Überschwemmungen.

Ein gewisser Grad dieses Absinkens geschehe auf natürliche Weise, schreiben die Autoren. Allerdings könne der Prozess durch den Menschen stark beschleunigt werden – durch den Bau von Gebäuden, durch die Entnahme von Grundwasser oder durch die Förderung von Öl und Gas.

Die Lösungen variieren mit den Setzungsursachen

Nun könnte man natürlich einfach mit dem Bauen aufhören – oder zumindest versuchen, die schwersten Gebäude auf den stabilsten Untergrund zu platzieren. In New York könnte das funktionieren. Denn der grösste Teil der Stadt steht auf einem Grund aus Schiefer, Marmor und Gneis.

Diese Gesteine weisen zwar ein gewisses Mass an Elastizität und Brüchen auf, aber der lehmreiche Boden und die künstlichen Füllmaterialien in Lower Manhattan führen zu vergleichsweise grösseren Bodensenkungen. Zu diesem Ergebnis kommt Tom Parsons, Forschungsgeophysiker am Pacific Coastal and Marine Science Center der USGS in Kalifornien und einer der vier Autoren der New-York-Studie.

Eine andere Lösung könne mancherorts darin bestehen, den Grundwasserentzug zu verlangsamen, führen die Studienautoren weiter aus. Sie warnen, dass die zunehmende Urbanisierung die Menge des entnommenen Grundwassers erhöhen und mit noch mehr Bauarbeiten einhergehen werde.

Von Schleusentoren zu schwimmenden Pontonstädten

Der häufigste Ansatz bestünde jedoch im Bau und der Instandhaltung von Hochwasserschutzanlagen wie Deichen, Pumpstationen und Schleusentoren. Zu den weiteren nützlichen Hilfsmitteln gehören demnach Auffangbecken: grosse Tanks, die unter der Erde liegen und Regenwasser kontrolliert und langsam ablassen.

Entwässerungsexperte Martin Lambley weist im Artikel der BBC darauf hin, dass Puffertanks mit natürlichen Elementen wie Teichen, Sickergruben und Mulden kombiniert werden sollten. «Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, unterscheiden sich drastisch von denen zu der Zeit, als städtische Abwasser- und Entwässerungssysteme eingeführt wurden», sagt er. Mit anderen Worten: Die Infrastruktur ist für ihre heutigen Aufgaben unterdimensioniert.

Letztlich ist es wie so häufig: je prekärer die Lage, desto innovativer die Lösungsansätze. So haben die Vereinten Nationen schon 2019 eine Diskussionsrunde veranstaltet, in der über schwimmende Städte in Form von Pontonstrukturen nachgedacht wurde.